Beschluss vom 11.03.2002 -
BVerwG 7 B 28.02ECLI:DE:BVerwG:2002:110302B7B28.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.03.2002 - 7 B 28.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:110302B7B28.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 28.02

  • VG Chemnitz - 11.10.2001 - AZ: VG 9 K 1028/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. März 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Dr. F r a n ß e n und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 11. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 184 065 € (entspricht 360 000 DM) festgesetzt.

Die Klägerin beansprucht die Rückübertragung eines mit einem Eigenheim bebauten Grundstücks. Die Beklagte hat die Berechtigung der Klägerin festgestellt und den Rückübertragungsantrag wegen redlichen Erwerbs der Beigeladenen abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig, ob "ein über die Flächenbegrenzung des § 7 der Eigenheim-Verordnung vom 31.08.1978 hinausgehendes dingliches Nutzungsrecht den redlichen Erwerb in dem Fall, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG vorliegen, gleichwohl im Umfange der Flächenbegrenzung des § 7 der Eigenheim-Verordnung (vermittelt) und ... die Entscheidung dieser Rechtsfrage davon ab(hängt), ob das vom dinglichen Nutzungsrecht erfasste Gesamtgrundstück teilbar ist". Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung schon deswegen nicht, weil sie von einem Sachverhalt ausgeht, den das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG mit der Begründung verneint, dass eine gezielte Beeinflussung des Erwerbsvorgangs nicht zu erkennen sei. Demgegenüber beruht die von der Beschwerde aufgeworfene Frage auf der Prämisse, dass das genannte Regelbeispiel eines unredlichen Erwerbs erfüllt ist. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass das Vermögensgesetz für den Fall des Erwerbs eines Nutzungsrechts am "übergroßen" Grundstück eine dem § 26 Abs. 1 SachenRBerG entsprechende Regelung nicht enthält.
Die erhobene Divergenzrüge ist unzulässig, weil die Beschwerde keinen Rechtssatzwiderspruch darlegt. Davon abgesehen weicht das angegriffene Urteil von dem Urteil des Senats vom 19. Januar 1995 - BVerwG 7 C 42.93 - BVerwGE 97, 286 <290> nicht ab. Das Verwaltungsgericht hat eine erkennbar manipulative Beeinflussung des Erwerbsvorgangs im Einklang mit den in der Divergenzentscheidung entwickelten Grundsätzen verneint. Es hat den in der Verleihung eines dinglichen Nutzungsrechts für die gesamte Grundstücksfläche erblickten Rechtsverstoß als wahr unterstellt. Ob die Verleihung eines Nutzungsrechts manipulativen Charakter hatte, kann auch auf der Grundlage einer solchen Wahrunterstellung beurteilt werden. Ein Verstoß gegen die Pflicht des Gerichts zur Sachaufklärung liegt darin nicht, da die als wahr unterstellte Tatsache nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich war. Eine Divergenz zu dem Beschluss des Senats vom 22. September 1997 - BVerwG 7 B 157.97 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 47 besteht schon deswegen nicht, weil bei redlichem Erwerb eines dinglichen Nutzungsrechts an dem gesamten Grundstück eine Teilrückgabe nicht in Betracht kommt. Die Behauptung der Beschwerde, den Rechtsvorgängern der Beigeladenen sei ein dingliches Nutzungsrecht nur für eine Fläche von 500 m² verliehen worden, widerspricht der vorinstanzlich festgestellten Verleihung eines dinglichen Nutzungsrechts für die gesamte Grundstücksfläche durch Urkunde vom 21. Juni 1978.
Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensfehler zuzulassen. Soweit die Beschwerde beanstandet, dass das Verwaltungsgericht den Kenntnisstand der Beigeladenen zu § 7 der Eigenheim-Verordnung nicht aufgeklärt habe, greift sie ersichtlich eine Hilfserwägung an, auf der das Urteil nicht beruht. Das Verwaltungsgericht hat die Unredlichkeit des Rechtserwerbs gemäß § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG deshalb verneint, weil die Abweichung von der Rechtsordnung der DDR die Absicht erkennen lassen müsse, den Erwerbsvorgang gezielt zu beeinflussen; an einer solchen Absicht habe es gefehlt. Abgesehen davon ist die Behauptung der Beschwerde, die Beigeladenen hätten "sich in den damals geltenden Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und der Verwaltungspraxis auffallend gut" ausgekannt, nicht nachvollziehbar. Die insoweit von der Beschwerde in Bezug genommenen Verwaltungsvorgänge lassen Derartiges nicht erkennen. Sie ergeben lediglich, dass die Beigeladenen sich mit Argumenten des gesunden Menschenverstandes gegen eine von ihnen als bürokratisch empfundene Praxis ihrer Wohnungsbaugenossenschaft wandten, also ein Verfahren beobachteten, das sie bei hinreichender Rechtskunde vermutlich gar nicht erst eingeschlagen hätten. Ebenso wenig leidet das angegriffene Urteil an einer unzureichenden Aufklärung der Frage, ob die staatlichen Stellen die damals 21 und 22 Jahre alten Söhne und die Mutter der Beigeladenen in die Wohnraumzuweisung aufnehmen durften. Ermittlungen in dieser Richtung mussten sich dem Verwaltungsgericht schon deswegen nicht aufdrängen, weil der Wohnraumzuweisung ein "Ringtausch" zugrunde lag und angesichts der aktenkundigen Vorgeschichte weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Beigeladenen dabei bevorzugt behandelt wurden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 73 Abs. 1 GKG.