Beschluss vom 11.03.2008 -
BVerwG 1 WB 5.08ECLI:DE:BVerwG:2008:110308B1WB5.08.0

Leitsätze:

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Zur Prognose bei der Feststellung eines Sicherheitsrisikos infolge von Verfehlungen, die durch Disziplinargerichtsbescheid geahndet worden sind

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    BVerwG, Beschluss vom 11.03.2008 - 1 WB 5.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:110308B1WB5.08.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 5.08

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Hetzke und
den ehrenamtlichen Richter Major Habermann
am 11. März 2008 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2).

2 Der 1962 geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich am 31. Januar 2021. Zum Oberstleutnant wurde er am 25. April 2005 ernannt. Der Antragsteller war bei der ... Flugbereitschaft ... im Bereich Standardisierung, Flugsicherheit, Flugausrüstungskontrolle und fliegerische Ausbildung eingesetzt; aufgrund der hier streitgegenständlichen Feststellung eines Sicherheitsrisikos wurde er zum 30. Mai 2007 von dieser Tätigkeit entbunden und anschließend auf einem nicht sicherheitsrelevanten Dienstposten beim Streitkräfteamt verwendet.

3 Für den Antragsteller war zuletzt am 30. Dezember 2004 eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen ohne Einschränkungen abgeschlossen worden.

4 Unter dem 17. April 2005 gab der Antragsteller eine Sicherheitserklärung zur Aktualisierung der Sicherheitsüberprüfung ab, weil seine Lebenspartnerin in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden musste.

5 Mit Nachbericht vom 9. Januar 2006 teilte der Sicherheitsbeauftragte der damaligen Dienststelle des Antragstellers dem Militärischen Abschirmdienst folgende sicherheitserhebliche Erkenntnisse zur Person des Antragstellers mit:
Mit Strafbefehl vom 21. September 2004 (Az.: ...), rechtskräftig seit 30. November 2004, verhängte das Amtsgericht Reutlingen gegen den Antragsteller wegen eines Diebstahls eine Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen zu je 40 €. Dem Antragsteller wurde zur Last gelegt, am 7. September 2004 in den Geschäftsräumen der Firma M...-Markt in R. einen Kopfhörer und einen USB-Stick im Gesamtwert von ca. 150 € entwendet zu haben.

6 Mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 12. Mai 2005 (Az.: ...) wurde ein Verfahren gegen den Antragsteller wegen Diebstahls gemäß § 153a Abs. 2 StPO für die Dauer von sechs Monaten vorläufig eingestellt; dem Antragsteller wurde aufgegeben, einen Betrag von 3 500 € an eine gemeinnützige Einrichtung zu bezahlen. Nach Erfüllung der Auflage wurde das Verfahren mit Beschluss vom 14. Juli 2005 endgültig eingestellt. Dem Antragsteller war in diesem Verfahren vorgeworfen worden, am 5. Februar 2005 aus den Auslagen der Firma O...-Markt in Rö. mehrere Waren im Gesamtwert von ca. 27 € entwendet zu haben.

7 Wegen dieser beiden strafrechtlich sanktionierten Vorfälle wurde gegen den Antragsteller außerdem mit Disziplinargerichtsbescheid des Truppendienstgerichts Nord, ... Kammer, vom 17. Januar 2006 (Az.: ...) ein Beförderungsverbot für die Dauer von 24 Monaten verbunden mit einer Kürzung der Dienstbezüge um ein Zwanzigstel für die Dauer von neun Monaten verhängt; der Disziplinargerichtsbescheid ist seit dem 20. Januar 2006 rechtskräftig.

8 Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 hörte der Geheimschutzbeauftragte beim ...amt den Antragsteller zu den genannten sicherheitserheblichen Erkenntnissen an. Der Geheimschutzbeauftragte hielt dem Antragsteller ferner vor, in seiner Sicherheitserklärung keine Angaben zu den Strafverfahren gemacht zu haben. Als weiterer sicherheitserheblicher Umstand wurde angeführt, dass der Antragsteller bezichtigt werde, Vater eines vierjährigen Kindes in Usbekistan zu sein; die Klärung der Vaterschaft werde unweigerlich zu intensiveren Kontakten mit den usbekischen Behörden führen, die für nachrichtendienstliche Werbungsversuche genutzt werden könnten.

9 Der Antragsteller äußerte sich hierzu im Rahmen von persönlichen Anhörungen durch den Geheimschutzbeauftragten beim ...amt am 16. Januar und 21. März 2007 sowie mit einem Schreiben vom 5. Februar 2007.

10 Mit Bescheid vom 22. März 2007, dem Antragsteller eröffnet am 28. März 2007, stellte der Geheimschutzbeauftragte fest, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/A 2) Umstände ergeben habe, die ein Sicherheitsrisiko darstellten; die Entscheidung umfasse auch die Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1. Ab 1. September 2008 könne bei Bedarf eine Wiederholungsüberprüfung eingeleitet werden. Zur Begründung verwies der Geheimschutzbeauftragte auf die beiden straf- und disziplinarrechtlich geahndeten Vorfälle. Diese ließen befürchten, dass der Antragsteller nicht die notwendige Sorgfalt bei der Handhabung von Verschlusssachen zeigen werde. Da die Verurteilung durch das Truppendienstgericht erst vor 14 Monaten erfolgt sei und das Beförderungsverbot noch andauere, könne noch keine hinreichend konkrete positive Prognose über das zukünftige Verhalten des Antragstellers getroffen werden. Unter diesen Umständen komme eine Auflagenentscheidung nicht in Betracht; das Sicherheitsrisiko könne auch nicht durch Fürsorge- oder andere Maßnahmen beseitigt oder gemindert werden. Allerdings sei eine vorzeitige Wiederholungsüberprüfung zuzulassen. Die Falschangaben in der Sicherheitserklärung könnten als nicht vorsätzlich angesehen werden; der Antragsteller habe glaubhaft erklärt, dass er seine Sicherheitserklärung von 2004 noch im Computer gespeichert und diese lediglich um die Angaben seiner neuen Lebenspartnerin ergänzt habe, weil er sich beim Ausfüllen ausschließlich auf den aktuellen Anlass für die Sicherheitsüberprüfung konzentriert habe. Was die Diebstähle betreffe, sei zumindest der erste als „Black out“ auch vor dem Hintergrund einer möglichen Prostatakrebserkrankung des Antragstellers zu sehen. Auch habe der Antragsteller unumwunden sein Fehlverhalten eingeräumt.

11 Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. April 2007 legte der Antragsteller Beschwerde gegen den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten vom 22. März 2007 ein. In der Begründung wandte sich der Antragsteller vor allem gegen die Befürchtung, dass er wegen der inzwischen festgestellten Vaterschaft an dem vierjährigen usbekischen Jungen einer nachrichtendienstlichen Werbung oder Repressalien ausgesetzt sein könne.

12 Mit Bescheid vom 18. September 2007 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Die Beschwerde gehe fehl, weil sich die Feststellung des Sicherheitsrisikos nicht auf eine Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste stütze; im Sicherheitsüberprüfungsverfahren habe sich herausgestellt, dass insoweit nach den Umständen keine Gefahr bestehe. Die Feststellung des Sicherheitsrisikos beruhe vielmehr auf den begangenen Straftaten, die zu nicht ausräumbaren Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Antragstellers geführt hätten. Diese Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten entspreche der Sach- und Rechtslage.

13 Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. Oktober 2007 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 15. Januar 2008 dem Senat vorgelegt.

14 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die ihm angelasteten Straftaten berechtigten nicht zu Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit. Die beanstandeten Persönlichkeitsmängel seien allein auf eine psychische Belastung zurückzuführen, auf die er auch in dem Schreiben vom 5. Februar 2007 hingewiesen habe. Der Wert der entwendeten Sachen bestätige dies. Die Prostatakrebserkrankung, die zur Zeit der Vorfälle diagnostiziert worden sei, und seine damalige ständige Beschäftigung mit der Krankheit hätten zu einer Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit geführt, die nach neuerer positiver Diagnose nun nicht mehr bestehe. Die Prognose des Geheimschutzbeauftragten sei daher nicht haltbar. Die Nichtbeachtung dieser Umstände mache die Bewertung des Geheimschutzbeauftragten unbrauchbar und die Annahme eines Sicherheitsrisikos rechtswidrig. Auch die Darstellung, wie es zu der falschen Angabe in der Sicherheitserklärung vom 17. September 2007 (gemeint: 17. April 2005) gekommen sei, sei nicht hinreichend berücksichtigt worden.

15 Der Antragsteller beantragt,
unter Feststellung der Rechtswidrigkeit die Mitteilung des Geheimschutzbeauftragten des ...amts vom 22. März 2007 aufzuheben.

16 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

17 Der Vorwurf des Antragstellers, seine Erkrankung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, sei zurückzuweisen. Der Geheimschutzbeauftragte habe die im Jahr 2004 diagnostizierte Krebserkrankung des Antragstellers, neben weiteren für ihn sprechenden Anhaltspunkten, zum Anlass genommen, abweichend von der üblichen Fünf-Jahres-Regelung eine erneute Überprüfung bereits zum 1. September 2008 zuzulassen. Jedoch sei es zwingend erforderlich, das Verhalten des Antragstellers bis dahin zu beobachten, um eine positive Prognose für ein zukünftiges gesetzmäßiges Verhalten stellen zu können. Der Umstand, dass er in Stresssituationen nicht in der Lage gewesen sei, Recht von Unrecht zu unterscheiden, und dass er sich in diesem Zustand für das rechtswidrige Verhalten entschieden habe, sei ebenfalls nicht geeignet, die derzeit bestehenden Bedenken zu zerstreuen. Der Vortrag, die Diebstähle seien aufgrund einer Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit des Antragstellers begangen worden, sei als Schutzbehauptung zu werten.

18 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 898/07 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

19 Der Antrag hat keinen Erfolg.

20 Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 SÜG kann durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden (stRspr, vgl. Beschluss vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 25.00 - BVerwGE 111, 219 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 9). Das Bundesverwaltungsgericht ist sachlich zuständig, weil über die Beschwerde des Antragstellers der Bundesminister der Verteidigung entschieden hat (§ 21 Abs. 1 WBO).

21 Der danach zulässige Antrag ist unbegründet. Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten beim ...amt vom 22. März 2007 in der Fassung der Beschwerdeentscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 18. September 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

22 Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 - BVerwG 1 WB 13.99 - BVerwGE 111, 30 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 7 = NZWehrr 2000, 31, vom 24. Mai 2000 a.a.O., vom 30. Januar 2001 - BVerwG 1 WB 119.00 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 10 und vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11). Die Beurteilung des Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Soldaten und seiner Verhältnisse darstellt, darf sich dabei nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen, sondern muss auf der Grundlage tatsächlicher Anhaltspunkte getroffen werden. Dabei gibt es keine „Beweislast”, weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 a.a.O. und vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 -; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).

23 Dem Geheimschutzbeauftragten steht bei der ihm hiernach obliegenden Entscheidung ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (Beschluss vom 18. August 2004 - BVerwG 1 WB 37.04 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 18 m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht>).

24 Die Feststellung des - hier zuständigen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG i.V.m. Nr. 2416 ZDv 2/30) - Geheimschutzbeauftragten beim ...amt, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko vorliegt, steht im Einklang mit diesen Grundsätzen.

25 Der Geheimschutzbeauftragte hat die Feststellung eines Sicherheitsrisikos im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG auf die vom Antragsteller am 7. September 2004 und 5. Februar 2005 begangenen Diebstähle gestützt und ist dabei von dem Sachverhalt ausgegangen, der dem Strafbefehl des Amtsgerichts R. vom 21. September 2004 (Az.: ...), dem Beschluss des Amtsgerichts B. über die Einstellung des Verfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO vom 14. Juli 2005 (Az.: ...) sowie insbesondere dem Disziplinargerichtsbescheid des Truppendienstgerichts Nord, ... Kammer, vom 17. Januar 2006 (Az.: ...) zugrunde liegt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Tatsächliche Anhaltspunkte, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG i.V.m. Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, können sich nach der Rechtsprechung des Senats auch daraus ergeben, dass der Betroffene eine Straftat begangen hat, die ohne speziellen Bezug zu Geheimhaltungsvorschriften ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung erkennen lässt (vgl. Beschlüsse vom 20. Mai 1981 - BVerwG 1 WB 35.80 -, vom 12. April 2000 - BVerwG 1 WB 12.00 -, vom 28. November 2000 - BVerwG 1 WB 97.00 -, vom 30. Januar 2001 a.a.O. und vom 20. August 2003 - BVerwG 1 WB 15.03 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 16 = NZWehrr 2004, 168; siehe auch Hinweis Nr. 9 zu Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 <Anlage C 18>).

26 Das Vorbringen des Antragstellers zu seinem Gesundheitszustand zur Zeit der beiden Diebstahlstaten ist nicht geeignet, die Richtigkeit des Sachverhalts, von dem der Geheimschutzbeauftragte ausgegangen ist, in Frage zu stellen. Der Antragsteller hat bereits in der Anhörung vom 16. Januar 2007 dargelegt, dass er bei dem ersten Diebstahl „mental äußerst belastet gewesen“ sei, „da zu dieser Zeit Prostatakrebs bei ihm diagnostiziert worden sei, an dem sein Vater und Großvater schon gestorben seien“; diesen Vortrag hat der Geheimschutzbeauftragte berücksichtigt und zugunsten des Antragstellers bei der Verkürzung der Frist für eine Wiederholungsüberprüfung verwertet. Die Steigerung, die der Antragsteller in dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vornimmt, nämlich dass die ständige Beschäftigung mit der Krankheit zu einer „Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit“ geführt habe, verlangt keine Korrektur des maßgeblichen Sachverhalts. Der Antragsteller hat weder in den strafrechtlichen Verfahren noch in dem gerichtlichen Disziplinarverfahren Umstände geltend gemacht, die auf eine krankheitsbedingte Minderung oder gar einen Ausschluss der Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) hindeuten könnten. Das Truppendienstgericht hat in dem - mit Einverständnis des Antragstellers ergangenen - Disziplinargerichtsbescheid lediglich dessen unwiderlegbare Einlassung, er sei bei dem Diebstahl im Februar 2005 „unter dem Einfluss eines gewissen Restalkohols gestanden“, bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt. Wenn der Antragsteller nunmehr im Sicherheitsüberprüfungsverfahren - und zudem erstmals mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung - schuldmindernde oder -ausschließende Umstände geltend machen möchte, so bedarf es mehr als der bloßen entsprechenden Behauptung, die - auch in Verbindung mit der in der Beschwerdeakte befindlichen chronologischen Darstellung des Krankheitsverlaufs vom 10. Februar bis 8. September 2004 - keinen Anlass zu erneuten Ermittlungen gibt. Die bloße Angabe eines Beweismittels in der Antragsschrift vom 5. Oktober 2007 („Beweis: Sachverständigengutachten“) stellt keinen - substantiierten - Beweisantrag dar, dem das Gericht nachzugehen hätte (vgl. Beschluss vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196).

27 Der weitere Einwand des Antragstellers, seine Erläuterung des Zustandekommens der Sicherheitserklärung vom 17. April 2005 sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, geht fehl. Sowohl der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten als auch der Beschwerdebescheid folgen insoweit ausdrücklich der Darstellung des Antragstellers und werten die (objektiv) falsche Angabe zu anhängigen Straf- und Disziplinarverfahren nicht als Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos.

28 Nicht zu beanstanden ist auch die von dem Geheimschutzbeauftragten getroffene Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Antragstellers und seiner Verhältnisse (vgl. hierzu zuletzt Beschlüsse vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 - und vom 27. September 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 7.07 - DokBer 2008, 74). Der Geheimschutzbeauftragte hat aus den beiden Diebstählen die Befürchtung abgeleitet, dass der Antragsteller auch bei der Handhabung von Verschlusssachen nicht die notwendige Sorgfalt zeigen werde; bedingt dadurch, dass die Verurteilung durch das Truppendienstgericht erst 14 Monate zuvor erfolgt sei und das Beförderungsverbot noch andauere, könne eine hinreichend konkrete positive Prognose, aufgrund derer von der Feststellung eines Sicherheitsrisikos abgesehen werden könne oder eine Auflagenentscheidung in Betracht komme, noch nicht getroffen werden. Die für den Antragsteller sprechenden, das Sicherheitsrisiko mindernden Gesichtspunkte - darunter die genannte Krankheitsdiagnose - hat der Geheimschutzbeauftragte bei der Zulassung der Wiederholungsüberprüfung zum 1. September 2008 und damit im Sinne einer deutlichen Verkürzung der regelmäßigen Frist von fünf Jahren (Nr. 2710 Abs. 2 Satz 1 ZDv 2/30) berücksichtigt, die eine erneute Verwendung des Antragstellers in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit günstigstenfalls bereits nach einem Zeitraum von rund eineinhalb Jahren seit Erlass des Bescheids zulässt.

29 Mit dieser prognostischen Einschätzung des Sicherheitsrisikos hat der Geheimschutzbeauftragte den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Insbesondere ist es zulässig, hinsichtlich der erforderlichen Nachbewährung auch darauf abzustellen, dass die Laufzeit eines vom Truppendienstgericht verhängten Beförderungsverbots noch nicht beendet ist (vgl. Beschluss vom 20. August 2003 a.a.O.). Soweit der Antragsteller geltend macht, dass seine psychische Belastung durch die Diagnose einer Prostatakrebserkrankung nach einer neueren günstigen Diagnose nicht mehr bestehe, entzieht dies der Prognoseentscheidung nicht die Grundlage. Abgesehen davon, dass der Geheimschutzbeauftragte die im Frühjahr 2004 diagnostizierte Prostataerkrankung nicht als einen Umstand zulasten, sondern zugunsten des Antragstellers gewertet hat, macht der Wegfall eines - möglichen - Risikofaktors das von dem Geheimschutzbeauftragten angenommene Erfordernis nicht hinfällig, dass sich der Antragsteller wegen der von ihm begangenen Straftaten über eine gewisse - hier ohnehin vergleichsweise kurz bemessene Zeit - zu bewähren hat, um die bestehenden Sicherheitsbedenken auszuräumen. Insoweit wird die Einschätzung des Geheimschutzbeauftragten auch von dem Grundsatz, dass im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen hat (§ 14 Abs. 3 Satz 2 SÜG), gestützt.

30 Keine rechtlichen Bedenken bestehen schließlich dagegen, dass der Geheimschutzbeauftragte die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auch auf die Verwendung des Antragstellers in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 erstreckt hat. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Risikoeinschätzung ergeben sich im vorliegenden Fall insoweit keine von der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) abweichenden Gesichtspunkte.

31 Weitere Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 22. März 2007, wie etwa eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.