Beschluss vom 11.04.2005 -
BVerwG 8 B 65.04ECLI:DE:BVerwG:2005:110405B8B65.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.04.2005 - 8 B 65.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:110405B8B65.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 65.04

  • VG Potsdam - 21.04.2004 - AZ: VG 6 K 2160/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und die
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 21. April 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 181 774,48 € (= 355 520 DM) festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO liegen nicht vor.
Die Divergenzrüge greift nicht durch. Eine die Revision eröffnende Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift eine andere Rechtsauffassung vertreten hat als das Bundesverwaltungsgericht. Eine derartige Rechtssatzabweichung liegt in keinem der von der Beschwerde angesprochenen Fälle vor. Das Verwaltungsgericht hat keinen von beiden Vermögensrechtssenaten des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz zur Auslegung des § 1 Abs. 2 VermG aufgestellt. Was im Übrigen die im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1999 - BVerwG 7 C 4.98 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 1) behauptete Rechtssatzabweichung betrifft, übersieht die Beschwerde, dass diese Rechtsprechung durch das Urteil vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 17.00 - in Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 15 - modifiziert worden ist, wenn es um bebaute Grundstücke oder Gebäude geht, die zu gewerblichen Zwecken genutzt wurden. Bei der Vermietung von Gewerberäumen kann nicht vermutet werden, dass nicht kostendeckende Mieten gezahlt wurden. In diesen Fällen bedarf es auch der konkreten Prüfung, ob die Überschuldung durch nicht kostendeckende Mieten verursacht worden war.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf etwaige Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Soweit er meint, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und damit gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, so kann die Beschwerde damit nicht durchdringen. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört es schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind, oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde von vornherein nicht gerecht. Beweisanträge sind im Übrigen ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung seitens des anwaltlich vertretenen Klägers nicht gestellt worden.
Es liegt auch kein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor. Das Gericht ist weder von einem falschen noch unvollständigem Sachverhalt ausgegangen oder hat den vernommenen Zeugen Äußerungen unterstellt, die nicht gefallen sind.
Soweit die Beschwerde weiterhin die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Verwaltungsgericht angreift, kann dies nur einen Verfahrensmangel begründen, wenn die Verletzung allgemein verbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze gerügt wird, zu denen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze, die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze oder die allgemeinen Erfahrungsgesetze gehören. Die Verletzung derartiger Grundsätze hat die Beschwerde ausdrücklich nicht dargelegt. Geht man bei wohlwollender Auslegung des Beschwerdevorbringens aber davon aus, dass die Beschwerde mit dem Hinweis auf die Willkürlichkeit von Schlussfolgerungen einen Verstoß gegen die Denkgesetze darin sieht, dass das Verwaltungsgericht, obwohl zwingend notwendig, sich nicht damit auseinander gesetzt hat, welchen Wert das streitbefangene Haus zum Schädigungszeitpunkt hatte und welcher Reparaturaufwand erforderlich war, so hat die Rüge aus einem anderen Grund keinen Erfolg. Denn das angefochtene Urteil ist auf zwei Erwägungen gestützt (fehlender Nachweis für das Vorliegen einer Kostenunterdeckung und fehlende Kausalität zwischen unterstellter kostenunterdeckender Miete und einer ebenfalls unterstellten drohenden Überschuldung). Beide Erwägungen rechtfertigen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig von einander die ergangene Entscheidung. Bei einer solchen Doppelbegründung kann eine Revision aber nur zugelassen werden, wenn gegen jede der beiden Begründungen ein die Zulassung rechtfertigender Beschwerdegrund geltend gemacht wird. Daran fehlt es hier. Denn die genannte Verfahrensrüge bezieht sich nur auf die 2. entscheidungstragende Erwägung des Verwaltungsgerichts.
Soweit die Beschwerde die Verletzung des Gehörsgrundsatzes rügt, so verkennt sie, dass der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs die Gerichte nur verpflichtet, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen.
Soweit der Kläger meint, in der Heranziehung des Gesichtspunkts der mangelhaften Betreuung des Objekts durch den Kläger bzw. seine Rechtsvorgänger liege eine Überraschungsentscheidung begründet, so verkennt dieser Vortrag, dass das Tatsachengericht nicht verpflichtet ist, in der mündlichen Verhandlung auf alle Gesichtspunkte hinzuweisen, die später bei seiner Entscheidung eine Rolle spielen werden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Vorinstanz nicht verpflichtet ist, den Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung offen zu legen, wie sie ihre Entscheidung im Einzelnen begründen werde (Beschluss vom 13. Dezember 1988 - BVerwG 3 B 43.87 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 89; Beschluss vom 30. Oktober 1987 - BVerwG 2 B 85.87 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 20 m.w.N.; Beschluss vom 18. November 1998 - BVerwG 8 B 170.98 ). Davon abgesehen erstreckte sich die Beweisaufnahme auch darauf, ob und in welchem Umfang Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden waren. Der Zeuge S. hat in diesem Zusammenhang ausgesagt, dass sich das Haus "im Zustand Jahrhundertwende 1900" befunden habe. Alles sei alt und verschlissen gewesen. So seien die elektrischen Anlagen noch die Erstausstattung gewesen. Auch das Dach sei noch "in dem alten Zustand, d.h. 1900", gewesen. Auf Grund dieser Aussage und des Hinweises des Zeugen, dass die Mieter alles selbst gemacht hätten, was zu machen war, war für den anwaltlich vertretenen Kläger erkennbar, dass es auf die Frage ankommen konnte, ob der Zustand des Hauses darauf zurückzuführen war, dass über lange Zeit hinweg von den Eigentümern die Instandhaltung des Hauses vernachlässig worden war.
Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG.