Beschluss vom 11.05.2006 -
BVerwG 5 B 23.06ECLI:DE:BVerwG:2006:110506B5B23.06.0

Beschluss

BVerwG 5 B 23.06

  • Sächsisches OVG - 22.11.2005 - AZ: OVG 4 B 1040/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Mai 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rothkegel und Dr. Franke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. November 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1 Die auf das Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

2 Die Beschwerde genügt nicht den Begründungsanforderungen aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sie zunächst ohne Benennung einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage die Sachbehandlung sowie die rechtlichen und tatsächlichen Würdigungen des Berufungsgerichts angreift und geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe in rechtsfehlerhafter Weise ein Grundurteil verneint, unter Verstoß gegen die verwaltungsrechtliche Gegenstandslehre den Gegenstand des Berufungsverfahrens nicht definiert, den Zurückverweisungsantrag des Klägers rechtsfehlerhaft behandelt und in falscher Bewertung des § 133 Abs. 1 VwGO selbst die notwendigen Beweise erhoben und in der Sache selbst entschieden, es habe unter Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG die begehrte Hilfe für den Lebensunterhalt nicht gewährt und dabei unstreitigen Vortrag als nicht bewiesen angesehen, Tatsachen, die durch die Beweisaufnahme offenkundig geworden seien, fehlerhaft zugrunde gelegt, dabei die Grundsätze einer Bedarfsgemeinschaft verkannt sowie gegen Denkgesetze verstoßen, ferner habe es rechtsfehlerhaft die Bedürftigkeit des Klägers verneint und dabei wiederum gegen Denkgesetze verstoßen und rechtsfehlerhaft die abgestufte Darlegungs- und Beweislast nicht angewandt, es sei zu Unrecht von Zweifeln an den Lebensverhältnissen des Klägers ausgegangen und habe schließlich auch nicht darauf hingewiesen, dass es den Kläger und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft ansehe, und sich auch nicht mit der Frage befasst, ob der Kläger nicht trotz alledem hilfebedürftig sei. Soweit dabei im Gewand der Grundsatzrüge der Sache nach Verfahrensfehler geltend gemacht werden (Verstöße gegen Denkgesetze bei der Beweiswürdigung, Verstoß gegen gerichtliche Hinweispflichten), liegen diese entweder der Sache nach nicht vor (Verstöße gegen Denkgesetze entstehen nicht bereits dadurch, dass der Tatrichter eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse vorgenommen hat, die nicht zwingend ist und nach den Vorstellungen des beweisbelasteten Beteiligten anders hätte ausfallen müssen, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - NVwZ-RR 1995, 310) oder es fehlt jedenfalls an der Darlegung, welche weiteren Umstände der Kläger bei richtiger Sachbehandlung durch das Gericht noch vorgetragen hätte.

3 Soweit die Beschwerde zur Begründung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung als „klärungsfähige und klärungsbedürftige konkretisierte Rechtsfragen“ die
„- Grundsätze einer Bedarfsgemeinschaft und Behandlung derselben zu dem Thema getrennt lebende Ehegatten
- Auswirkungen unentgeltlicher Leistungen des Bedürftigen an seine getrennt lebende Ehefrau auf die Hilfsbedürftigkeit
- unentgeltliche Geschäftsführertätigkeit des Hilfsbedürftigen bei einer Gesellschaft dessen getrennt lebender Ehefrau auf die Hilfsbedürftigkeit
- Auswirkungen auf die Hilfsbedürftigkeit durch unentgeltliches Wohnrecht bei einer getrennt lebenden Ehefrau
- Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast bei Hilfsbedürftigen im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes
- Grundsätze der Beweislastverteilung, streitigen und unstreitigen Sachvortrag sowie der Beweisbedürftigkeit
- Bedeutung eines kombinierten Zeugen- und Urkundsbeweises im Verhältnis zu ‚Zweifeln’ und eigenen Spekulationen des Senats“
anführt und dazu erklärt,
„gerade im Hinblick auf die getrennt lebenden Ehegatten sowie einzelner Dienste des hilfsbedürftigen Ehemanns gegenüber seiner Frau, die vorbezeichnet worden sind und allesamt unentgeltlich erfolgten, werden zur Grundsatzentscheidung bestellt, d.h. inwieweit unentgeltliche Tätigkeiten eines getrennt lebenden und hilfsbedürftigen Ehegatten an seine Ehefrau schädlich sind für den Status einer eigenen hilfsbedürftigen Bedarfsgemeinschaft“,
setzt die Beschwerde zum einen voraus, dass die Unentgeltlichkeit der vom Kläger behaupteten Dienstleistungen für seine Ehefrau entweder unstreitig oder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt worden ist. Das ist aber nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat vielmehr die diesbezüglichen Behauptungen des Klägers als unglaubhaft bezeichnet (S. 12 unten des Berufungsurteils). Zum anderen lassen sich die von der Beschwerde angesprochenen „Rechtsfragen“ zumindest ganz überwiegend nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles, also nicht rechtsgrundsätzlich, beantworten, wie dies § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO voraussetzt. Dementsprechend ist mit den von der Beschwerde aufgezählten Themen kein die Annahme rechtsgrundsätzlicher Bedeutung rechtfertigender revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf dargelegt. Dafür genügt nicht die bloße Benennung von Rechtsfragen in Verbindung mit der Behauptung, diese Rechtsfragen seien von grundsätzlicher Bedeutung, vielmehr bedeutet „darlegen“ soviel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328); vor allem erfordert die Darlegung der Klärungsfähigkeit konkrete Hinweise dazu, weshalb die Entscheidung über die Rechtssache von der Beantwortung der bezeichneten Rechtsfrage abhängt.

4 Im Übrigen wird von einer weiteren Begründung des Beschlusses nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abgesehen.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.