Beschluss vom 11.08.2004 -
BVerwG 4 BN 32.04ECLI:DE:BVerwG:2004:110804B4BN32.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.08.2004 - 4 BN 32.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:110804B4BN32.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 32.04

  • Niedersächsisches OVG - 20.04.2004 - AZ: OVG 9 KN 40/02

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. April 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
1.1 Die Beschwerde wirft zunächst die Frage auf, ob im Fall eines einheitlich erlassenen Bebauungsplans, der sich auf zwei räumlich voneinander getrennte Gebiete erstreckt, die Antragsbefugnis, die sich lediglich aus dem einen Teil des Bebauungsplans (Eingriffs-Bebauungsplan) ergibt, die Normenkontrolle des gesamten einheitlich erlassenen Bebauungsplans ermöglicht. Diese Frage würde sich indes in einem Revisionsverfahren nicht stellen, denn sie war für das Normenkontrollgericht nicht entscheidungserheblich. Das Gericht hat die Antragsbefugnis gemäß § 47 VwGO uneingeschränkt bejaht und sich auch mit den naturschutzrechtlichen Belangen in der Sache auseinander gesetzt.
1.2 Auch die Frage, ob es im Falle eines einheitlich erlassenen Bebauungsplans, der sich auf zwei räumlich voneinander getrennte Gebiete erstreckt, notwendig ist, im Bebauungsplan und/oder der Bekanntmachung des Bebauungsplans ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Bebauungsplan sich als einheitlich erlassener Bebauungsplan auf zwei voneinander getrennte Gebiete erstreckt, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Das Normenkontrollgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass die Antragsgegnerin ausdrücklich eine Festsetzung von Ausgleichsflächen auf Blatt 2 des aus zwei Blättern bestehenden Bebauungsplans getroffen hat (Urteilsabdruck S. 17). Damit hat es zum einen eine Tatsachenfeststellung getroffen und zum anderen den Bebauungsplan ausgelegt. Da insoweit keine Verfahrensrügen erhoben worden sind, wären sowohl die tatsächlichen Feststellungen als auch die Auslegung des dem Landesrecht zuzuordnenden Bebauungsplans vom Revisionsgericht hinzunehmen. Danach stellt Blatt 2 des Bebauungsplans einen Teil des aus Blatt 1 und Blatt 2 bestehenden einheitlich zu würdigenden Bebauungsplans dar. Vor diesem Hintergrund legt die Beschwerde nicht dar, welche weitergehenden Fragen des Bundesrechts sich stellen könnten, die über den vorliegenden Einzelfall hinaus grundsätzlicher Klärung fähig und bedürftig wären.
1.3 Die Rechtsfrage, welche Anforderungen an eine vertragliche Vereinbarung zu stellen sind, die an die Stelle von Festsetzungen nach § 1a Abs. 3 Satz 1 oder 2 BauGB treten, würde sich in einem Revisionsverfahren ebenfalls nicht stellen, da, wie oben ausgeführt, davon auszugehen ist, dass bereits der Bebauungsplan die Ausgleichsflächen festsetzt.
1.4 Auch die Frage, ob die planende Gemeinde dafür darlegungs- und beweisbelastet ist, dass die von ihr vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen zu einer Kompensation der durch den Bebauungsplan zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft führen, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Es ist zunächst Sache der planenden Gemeinde, die Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festzusetzen und in geeigneter Weise darzulegen, dass diese Maßnahmen die ihnen zugedachten Aufgaben auch erfüllen können. Vorliegend ist das Normenkontrollgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Behauptung der Antragstellerin, die Beeinträchtigungen könnten durch die vorgesehenen Maßnahmen nicht ausgeglichen werden, nicht weiter begründet worden sei und dass sich auch aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte für ihre Richtigkeit ergäben. Eine weitere Aufklärung war somit nicht geboten. Grundsätzliche Fragen der Darlegungslast oder gar der Beweislast stellen sich somit nicht.
2. Die Divergenzrüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Eine die Revision eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Normenkontrollgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Dies legt die Beschwerde jedoch nicht dar. Sie verweist auf den Beschluss des Senats vom 3. Juni 2003 - BVerwG 4 BN 26.03 - (NuR 2004, 167) und entnimmt ihm Rechtsgrundsätze für den Fall dauernder Vollzugsunfähigkeit von Festsetzungen für Ausgleichsmaßnahmen. Einen entgegengesetzten Rechtsgrundsatz hat das Normenkontrollgericht indes schon deswegen nicht aufgestellt, weil es nicht von der Vollzugsunfähigkeit der Festsetzungen ausgegangen ist. Die Beschwerde enthält im Übrigen auch keinen Hinweis, warum der Bebauungsplan vorliegend nicht realisierbar sein soll.
3. Auch die Aufklärungsrügen bleiben ohne Erfolg.
3.1 Hinsichtlich des Eingriffs in mesophiles Grünland und in die Population von Erdkröten legt die Beschwerde nicht dar, dass die von der Antragstellerin vermisste Beweiserhebung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts überhaupt geeignet gewesen wäre, zu einem anderen Ergebnis, also der Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu gelangen. Denn das Normenkontrollgericht überprüft - zu Recht - die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägungsentscheidung (vgl. grundlegend BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1997 - BVerwG 4 NB 27.96 - (BVerwGE 104, 68). Diese wird jedoch nicht allein mit der Behauptung rechtlich angreifbar, die Eingriffe würden durch die festgesetzten Maßnahmen "nicht ausgeglichen".
3.2 Die Aufklärungsrüge hinsichtlich des durch zusätzlichen Verkehr entstehenden Lärms bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Das Normenkontrollgericht hat insoweit Beweis durch ein Sachverständigengutachten erhoben. Die Antragstellerin hat im Anschluss daran ein ergänzendes Sachverständigengutachten beantragt, das sich mit den Auswirkungen der Lage der Ladezone befassen sollte. Das Normenkontrollgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dieser - die Ladezone betreffende - Immissionskonflikt habe nicht bereits im Bebauungsplan gelöst werden müssen; vielmehr könne die Problemlösung dem Baugenehmigungsverfahren überlassen werden. Die Beschwerde legt nicht dar, warum sich dem Normenkontrollgericht auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung, von der auszugehen ist, eine weitere Beweiserhebung über die von der Ladezone ausgehenden Lärmemissionen aufgedrängt haben soll.
3.3 Die Beschwerde rügt ferner mangelnde Aufklärung hinsichtlich der Aufnahmefähigkeit der S.straße. Mit dieser Frage hat sich das Normenkontrollgericht ausführlich auseinander gesetzt (Urteilsabdruck S. 11/12). Dabei hat es auch Verkehrszählungen ausgewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, es könne nicht festgestellt werden, dass gerade im Falle der Antragstellerin unzumutbare, über das übliche Maß hinausgehende Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Die Beschwerde legt nicht dar, dass das von ihr vermisste Sachverständigengutachten insoweit zu einer anderen tatsächlichen Einschätzung und auf deren Grundlage zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung hätte führen können.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.