Beschluss vom 11.09.2002 -
BVerwG 4 B 51.02ECLI:DE:BVerwG:2002:110902B4B51.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.09.2002 - 4 B 51.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:110902B4B51.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 51.02

  • OVG Rheinland-Pfalz - 13.06.2002 - AZ: OVG 1 A 1009/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. September 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. B e r k e m a n n und Prof. Dr. R o j a h n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen ergibt nicht, dass die allein geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfüllt sind.
1. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine Baugenehmigung, die zugunsten der umgebenden Nachbarschaft keine Immissionsrichtwerte festsetze, dahin ausgelegt werden müsse, dass sie nur zu einer Nutzung berechtige, welche die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nach Ziffer 6.1 einhalte. Die so gestellte Frage rechtfertigt keine Zulassung der Revision. Sie ist weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig.
Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt. Sein Regelungsgehalt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG bestimmt sich nach seinem Erklärungsinhalt. Maßgebend ist der objektive Erklärungswert. Diesen näher zu bestimmen, ist eine Frage des Einzelfalles. Die Beschwerde legt ihrem Vorbringen demgegenüber die Annahme zugrunde, Regelungsgehalt einer Baugenehmigung sei stets nur das rechtlich Zulässige. Dass die Baugenehmigungsbehörde eine Entscheidung nur über das rechtlich Zulässige treffen will, darf gewiss angenommen werden. Sie soll darüber indes mit ihrer Genehmigung entscheiden. Darin liegt gerade der Regelungsgehalt ihrer Entscheidung. Irrt sie in rechtlicher Hinsicht, ist die Genehmigung rechtswidrig. Dieses Zusammenspiel von Entscheidungsinhalt und Regelungsgehalt wird von § 35 Satz 1 VwVfG vorausgesetzt. Das schließt nicht aus, dass das Ziel, das rechtlich Zulässige festzustellen, auch eine Interpretationshilfe dafür sein kann, was tatsächlich entschieden wurde. Eine allgemeine Auslegungsregel lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Dies festzustellen, bedarf es der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht. Aus dem Hinweis der Beschwerde auf Vorgaben der TA Lärm ergibt sich nichts anderes. Dabei kann dahinstehen, in welcher Hinsicht das Regelwerk der TA Lärm im Rahmen des § 15 Abs. 1 BauNVO als "verbindlich" zu beachten ist. Jedenfalls fehlt es an einer strikten Bindung. Bereits dies steht der Annahme entgegen, eine Baugenehmigung gehe in ihrem Regelungsgehalt stets davon aus, eine bestimmte Regelung der TA Lärm sei Teil des Regelungsgehaltes der Baugenehmigung. Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Falle in Würdigung der Umstände des Einzelfalles nicht festgestellt, dass die angegriffene Baugenehmigung die Nutzung dahin begrenzt hat, dass Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 der TA Lärm einzuhalten sind.
2. Die Beschwerde erachtet es ferner als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob ein Gericht die gesamte Baugenehmigung aufheben darf oder ob nur eine eingeschränkte Aufhebung der Baugenehmigung möglich ist. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt keine Zulassung der Revision.
Ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt nach Maßgabe des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur teilweise aufgehoben werden darf, entscheidet sich nach materiellem Recht. Dazu bedarf es unter anderem der Feststellung der objektiven Teilbarkeit des Regelungsgehaltes. Es ist dazu hinreichend geklärt, dass die Grundsätze des § 139 BGB entsprechend anzuwenden sind. Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Möglichkeit der Teilbarkeit
ersichtlich verneint. Die Beschwerde führt keine Erwägungen dazu an, dass dies in grundsätzlicher Hinsicht zu überdenken ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG.