Beschluss vom 11.09.2002 -
BVerwG 9 B 61.02ECLI:DE:BVerwG:2002:110902B9B61.02.0

Beschluss

BVerwG 9 B 61.02

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 19.02.2002 - AZ: OVG 9 K 27/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. September 2002
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
V a l l e n d a r und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Flurbereinigungsgericht) vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen je zur Hälfte die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8 000 € festgesetzt.

Der Senat sieht sich nicht gehindert, über die Beschwerde zu entscheiden, obwohl sich die Prozessbevollmächtigten der Kläger in der Beschwerdebegründung deren Erweiterung "innerhalb der Jahresfrist" (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO) vorbehalten. Zu Unrecht berufen sie sich hierfür auf einen "irreführenden Zusatz" in der Rechtsmittelbelehrung. Die dem angefochtenen Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung weist mit dem Zusatz, dass der Vertretungszwang (nach § 67 Abs. 1 VwGO) auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gelte, vielmehr zutreffend und unmissverständlich darauf hin, dass davon bereits die beim Oberverwaltungsgericht vorgeschriebene Beschwerdeeinlegung erfasst wird. Die Beschwerdebegründungsfrist endete daher auch im Fall der Kläger zwei Monate nach der Zustellung des Urteils.
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die von der Vorinstanz bejahte Frage, ob ein Bodenordnungsverfahren nach (§ 64 Satz 1, § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m.) § 9 FlurbG nur aufgrund solcher Umstände eingestellt werden kann, die nach Bestandskraft des das Bodenordnungsverfahren eröffnenden Anordnungsbeschlusses eingetreten sind. Eine in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wirft die Beschwerde hiermit nicht auf. Denn die Vorinstanz hat die Abweisung der Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Einstellung des Bodenordnungsverfahrens zugleich selbständig tragend auf den weiteren Grund gestützt, dass das Verpflichtungsbegehren der Kläger auch dann ohne Erfolg bleiben müsse, wenn man davon ausginge, dass der ursprüngliche Anordnungsbeschluss für das Bodenordnungsverfahren vom 28. April 1993 bereits bestandskräftig geworden sei. Denn die Kläger hätten keine nachträglich eingetretenen Umstände dargelegt, aus denen sich ergebe, dass die Bodenordnung nunmehr unzweckmäßig erscheinen könnte (UA S. 12, 17). Im Hinblick auf diese Begründung des klagabweisenden Urteils macht die Beschwerde keinen Revisionszulassungsgrund geltend. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil, das in je selbständig tragender Weise mehrfach begründet ist, nur stattgegeben werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 132 Rn. 53 m.w.N.).
Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde in erster Linie einen Verstoß gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO), weil die Vorinstanz es versäumt habe, ausreichende konkrete Feststellungen zur Entstehung des Eigentums der Beigeladenen zu 2 an den Abwasserbehandlungsanlagen auf dem Flurstück des Klägers zu 1 zu treffen, insbesondere weil das Gericht die Beigeladene zu 2 nicht dazu verpflichtet habe, "die entsprechenden Anlagen zum Umwandlungsvertrag vom 11. Mai 1990 vorzulegen". Auch damit kann die Beschwerde die Zulassung der Revision nicht erreichen. Der gerügte Verfahrensmangel ist schon nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargetan und liegt im Übrigen auch nicht vor. Abgesehen davon, dass die Beschwerde nicht darlegt, in der mündlichen Verhandlung vor der Vorinstanz, obwohl anwaltlich vertreten, einen entsprechenden Beweisantrag gestellt zu haben, und dies ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung auch nicht getan hat (zu diesen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklärungsrüge vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26 = NJW 1997, 3328), bezeichnet die Beschwerde mit dem Hinweis auf fehlende "konkrete Feststellungen" des Gerichts die vermissten Aufklärungsmaßnahmen auch nicht hinreichend deutlich. Vor allem mit Rücksicht auf die spezifische prozessuale Vorgeschichte des vorliegenden Falls mussten sich der Vorinstanz im Hinblick auf die Eigentumslage an den streitigen Abwasserbehandlungsanlagen auch nicht von Amts wegen weitere Aufklärungsmaßnahmen aufdrängen, so auch nicht die von der Beschwerde konkret vermisste Verpflichtung der Beigeladenen zu 2, "die entsprechenden Anlagen zum Umwandlungsvertrag vom 11. Mai 1990 vorzulegen". Denn die Vorinstanz hatte in dem rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren gegen den Anordnungsbeschluss zur Eröffnung des Bodenordnungsverfahrens vom 28. April 1993, revisionsgerichtlich bestätigt durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. September 1998 - BVerwG 11 C 4.97 -, im Rahmen der damaligen Anfechtungsklage als Vorfrage entschieden, dass der Kläger zu 1 als Eigentümer des Grundstücks Flurstück-Nr. 127/5 kein Eigentum an den auf diesem Grundstück befindlichen Abwasserbeseitigungsanlagen hat und deshalb auch insoweit die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 64 LwAnpG gegeben waren. Ungeachtet dessen, dass sich die Vorinstanz im vorliegenden Verfahren nicht durch die Rechtskraft jener Entscheidungen gebunden gesehen hat (UA S. 13), durfte sie die aktenkundigen tatsächlichen Erkenntnisse jenes Verfahrens, die zum Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits gemacht worden waren, bei der Entscheidung über die Notwendigkeit weiterer Aufklärungsmaßnahmen berücksichtigen. Dies zugrunde gelegt, ist von der Beschwerde nicht ausreichend dargelegt und im Übrigen auch nicht erkennbar, dass sich der Vorinstanz weitere Aufklärungsmaßnahmen - über die durch Verfügung des Gerichts vom 11. Februar 2002 gegenüber der Beigeladenen zu 2 ohnehin angeordnete Vorlage aller vorhandenen Unterlagen über die Besitz- und Eigentumsverhältnisse an den streitigen Abwasserbehandlungsanlagen hinaus - hätten aufdrängen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 60 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2, §§ 14, 19 Satz 1 GKG.