Beschluss vom 11.10.2007 -
BVerwG 5 B 193.07ECLI:DE:BVerwG:2007:111007B5B193.07.0

Beschluss

BVerwG 5 B 193.07

  • VG Dessau - 24.05.2007 - AZ: VG 3 A 601/05 DE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Oktober 2007
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt und Dr. Brunn
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dessau vom 24. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 226 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf Zulassung der Revision gerichtete und auf §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist nicht begründet. Den von der Beschwerde bezeichneten Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

2 Die von der Beschwerde unter 1. bezeichnete Rechtsfrage, „ob es bei der Ermittlung des Hilfswertes gemäß § 3 Abs. 3 EntschG auf die tatsächlichen Verhältnisse oder auf die steuerrechtliche Bewertung eines Flurstücks zum Zeitpunkt der Schädigung ankommt“, stellt sich weder zu § 3 Abs. 3 EntschG allgemein noch im Streitfall. Denn für die Berechnung des Hilfswertes nach § 3 Abs. 3 EntschG kommt es nicht alternativ auf die tatsächlichen Verhältnisse „oder“ die steuerrechtliche Bewertung an. Vielmehr nennt § 3 Abs. 3 EntschG als eine Voraussetzung, dass „Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks eingetreten“ sind, und verweist dann für die Berechnung des Hilfswertes auf die Vorschriften von Bewertungsgesetzen. Im Streitfall hat das Verwaltungsgericht nicht die tatsächlichen Verhältnisse ausgeblendet und das Grundstück an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei allein steuerrechtlich bewertet, sondern hat seiner Prüfung zugrunde gelegt, dass eine nicht landwirtschaftliche Nutzung von (ehemals landwirtschaftlich genutzten) Wohngebäuden zu einer Zuordnung zum Grundvermögen führen kann. Die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts dafür, dass das im Streit stehende Grundstück zum landwirtschaftlichen Vermögen und nicht zum Grundvermögen gehört, war nicht dessen steuerrechtliche Zuordnung zum landwirtschaftlichen Vermögen bei der Ermittlung von Grundsteuerrückständen. Denn diesen Umstand hat das Verwaltungsgericht nur als Bestätigung (UA S. 10 fünftletzte Zeile: demgemäß) seiner aus einem anderen Grund gewonnenen Überzeugung angeführt. Maßgebend für die Überzeugung des Verwaltungsgerichts, dass das Grundstück zur Zeit der Schädigung im Februar 1969 zum landwirtschaftlichen Vermögen gehörte, war, dass das Grundstück durch den am 23. Februar 1968 zwischen dem Rat der Gemeinde G. und der LPG „E.“ G. abgeschlossenen Nutzungsvertrag der LPG unentgeltlich „zur Nutzung durch eigene Bewirtschaftung übergeben“ worden war und nach § 27 des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften vom 3. Juni 1959 für Wohnraum, der sich in Gebäuden befand, die der LPG vom Staat zur unentgeltlichen Nutzung übergeben worden waren, die Bestimmungen über Wohnungen für Werktätige der volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe entsprechend anzuwenden waren.

3 Die von der Beschwerde weiter bezeichnete Frage unter 2., „ob in der geschilderten Konstellation das Flurstück 59/2 der Flur 1 gemäß § 3 Abs. 1 EntschG als land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder als Grundvermögen zu entschädigen ist“, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Frage. Das Verwaltungsgericht hat das Grundstück einzelfallbezogen dem landwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet mit der Begründung, dass es einer LPG unentgeltlich zur Nutzung durch eigene Bewirtschaftung übergeben war und damit die Bestimmungen über Wohnungen für Werktätige der volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe entsprechend anzuwenden waren.

4 Schließlich kommt auch der Frage unter 3., „ob ein Auszugsrecht eine laufende Verbindlichkeit i.S.v. § 3 Abs. 4 S. 1 EntschG darstellt“ keine grundsätzliche Bedeutung zu. Bereits im Entwurf des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes war eine entsprechende Regelung vorgesehen, die u.a. mit folgenden Ausführungen begründet wurde (BTDrucks 12/4887 S. 33): „Auch Verpflichtungen zu wiederkehrenden Leistungen (z.B. Wohnrechte, Renten, Nießbrauchrechte) reduzieren den Wert des zu entschädigenden Objekts.“ Im Folgenden werden auch „Altenteilsrechte“ ausdrücklich genannt. Es ist daher im Ergebnis nicht zweifelhaft und bedarf daher nicht der Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren, dass das vom Verwaltungsgericht festgestellte „Auszugsrecht“, das von ihm und ebenso von der Klägerin in der Beschwerdebegründung als Reallast im Sinne von § 1105 BGB qualifiziert wird, nach § 3 Abs. 4 EntschG anzurechnen war.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 52 Abs. 1 GKG. Da die Klägerin die Zulassung der Revision begehrt, damit das Grundstück nicht dem landwirtschaftlichen Vermögen (Bemessungsgrundlage: 3 280 DM x 3 = 9 840 DM), sondern dem Grundvermögen (Bemessungsgrundlage: 3 280 x 7 = 22 960 DM) zugeordnet wird (Differenz 13 120 DM) und ein Abzug des Auszugsrechts (11 575 DM) unterbleibt, bezieht sich die Beschwerde unter Berücksichtigung der Kürzungsbeträge nach § 7 EntschG auf eine Entschädigung in Höhe von 10 226 € (entspricht 20 000 DM).