Verfahrensinformation

In dem erst- und letztinstanzlichen Verfahren streitet der Beamte um eine bessere Regelbeurteilung.


Urteil vom 11.12.2008 -
BVerwG 2 A 7.07ECLI:DE:BVerwG:2008:111208U2A7.07.0

Leitsatz:

Fassen Beurteilungsbestimmungen die zweithöchste und eine weitere Note in einer Notenstufe zusammen, die einer auf die Notenstufe bezogenen Quote unterliegt, muss zumindest die Quote der zweithöchsten Note erkennbar sein.

  • Rechtsquellen
    BBG § 15
    BLV §§ 40, 41, 41a
    GG Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 A 7.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:111208U2A7.07.0]

Urteil

BVerwG 2 A 7.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele, Groepper und
Dr. Heitz und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
für Recht erkannt:

  1. Die dienstliche Beurteilung des Klägers zum Stichtag 1. Juli 2006 und der Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 4. Juni 2007 werden aufgehoben.
  2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger für den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.
  3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger steht im Dienst der Beklagten und wird beim Bundesnachrichtendienst verwendet. Seit Mai 2005 ist er Regierungsamtsrat (BesGr A 12). Zum Stichtag 1. Juli 2006 wurde er für den Zeitraum 1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 turnusgemäß beurteilt. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Klage.

2 Grundlage der Beurteilung waren die Beurteilungsbestimmungen des Bundesnachrichtendienstes vom 1. Juli 2006. Sie enthalten eine Notenskala von 1 bis 9. Die Note 1 steht für die schlechteste, die Note 9 für die beste Beurteilung. Sämtliche Noten sind zusätzlich fünf Notenstufen zugeordnet: die Note 9 der Notenstufe 1, die Noten 8 und 7 der Notenstufe 2 und die Noten 6, 5 und 4 der Notenstufe 3. Die übrigen Noten und Notenstufen spielen hier keine Rolle.

3 Der Kläger erhielt in der Leistungsbewertung vom Zweitbeurteiler die Gesamtnote 6 („gelegentlich herausragende Leistungen“). Der Erstbeurteiler hatte die Gesamtnote 7 („häufig herausragende Leistungen“) vorgeschlagen. Zur Begründung stützte der Zweitbeurteiler sich auf eine Stellungnahme des Zwischenvorgesetzten des Klägers. Dieser hatte ebenfalls die Gesamtnote 6 empfohlen. Der Zweitbeurteiler hielt die Zurücksetzung sowohl der Einzelbewertungen als auch der Gesamtbewertung um jeweils eine Note für erforderlich, um einen einheitlichen Maßstab im Vergleich mit den anderen Bediensteten der Unterabteilung in denselben Besoldungs- oder Entgeltgruppen einzuhalten. Für den Kläger waren während des Beurteilungszeitraums auch Beurteilungsbeiträge erstellt worden. Für den Zeitraum 1. Oktober 2001 bis 28. Februar 2005 hatte er bei den einzelnen Leistungsmerkmalen Arbeitsgüte, Arbeitsmenge und Arbeitsweise sowie für das Leistungsmerkmal Führung jeweils die Note „2+“ erhalten.

4 Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger, der Zweitbeurteiler habe das Votum des Erstbeurteilers rein schematisch und formelhaft abgewertet. Die Beurteilung beruhe nicht auf einem Akt wertender Erkenntnis; sie sei willkürlich und verletze seine Rechte. Der Zweitbeurteiler habe sich keine eigene Kenntnis über den Kläger verschafft. Dies sei nach den Beurteilungsbestimmungen des Bundesnachrichtendienstes aber vorgeschrieben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 2007 im Wesentlichen mit dem Argument zurück, aus der zwar formelhaft klingenden Begründung des Zweitbeurteilers dürfe nicht auf ein Wertungsdefizit geschlossen werden, das zur Rechtswidrigkeit der Beurteilung führe. Der Zweitbeurteiler habe der Sache nach eine schlüssige Leistungsbeurteilung abgegeben.

5 Mit der Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen: Das Votum des Erstbeurteilers bestätige, dass er nicht nur eine den Anforderungen in jeder Hinsicht gerecht werdende Leistung, sondern eine stets darüber liegende, also eine der Note 7 entsprechende Leistung erbracht habe. Aus der schematischen Herabstufung dieser Bewertung durch den Zweitbeurteiler folge, dass der Kläger ein Quotenopfer geworden sei. Außerdem seien die in die Erstbeurteilung eingeflossenen Beurteilungsbeiträge in der damals noch niedrigeren Besoldungsgruppe des Klägers, die nach dem heutigen Beurteilungssystem der Note 8 entsprächen, in der Zweitbeurteilung nicht erkennbar berücksichtigt worden. Auch die Beförderung des Klägers während des Beurteilungszeitraums könne die Herabstufung der Note nicht rechtfertigen. Davon abgesehen sei die Quotenregelung der Beurteilungsbestimmungen rechtswidrig. Sie lasse sich nicht mit den Vorgaben des § 41a der Bundeslaufbahnverordnung vereinbaren. Rechtswidrig sei auch, dass die Beurteilungsbestimmungen Abweichungen von den vorgegebenen Quoten nur eingeschränkt zuließen.

6 Der Kläger beantragt,
die dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. Juli 2006 und den Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 4. Juni 2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen,

7 Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

8 Sie macht im Wesentlichen geltend, die Zweitbeurteilung beruhe auf einer Stellungnahme des Zwischenvorgesetzten und enthalte keine unlösbaren Widersprüche zwischen dem Gesamturteil und den Einzelbewertungen. Die während des Beurteilungszeitraums erstellten Beurteilungsbeiträge seien in die Zweitbeurteilung eingeflossen. Dabei sei berücksichtigt worden, dass seit dem 1. Juli 2006 ein strengerer Beurteilungsmaßstab gegolten habe. Der Kläger sei kein Quotenopfer geworden. Die Zweitbeurteilung berücksichtige vielmehr einen weiter ausgreifenden und an Richtwerten orientierten Leistungsvergleich. Einem Erstbeurteiler fehle die Möglichkeit dieses Vergleichs der Leistungen, die von vergleichbaren Beamten in anderen Sachgebieten erbracht würden. Die Anpassung einer Erstbewertung an den breiteren Vergleichsmaßstab obliege dem Zweitbeurteiler. Dieser habe vorliegend auch hinreichende Auskünfte über den Kläger eingeholt, so auch bei dem Zwischenvorgesetzten des Klägers. Dessen Einschätzung entspreche der dem Kläger letztlich erteilten Gesamtnote.

9 Die dem Gericht vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

G r ü n d e :