Beschluss vom 12.08.2002 -
BVerwG 8 B 119.02ECLI:DE:BVerwG:2002:120802B8B119.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.08.2002 - 8 B 119.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:120802B8B119.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 119.02

  • VG Frankfurt/Oder - 15.04.2002 - AZ: VG 5 K 1784/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. August 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und G o l z e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die begehrte Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn die Rechtssache eine bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte, über den Einzelfall hinausreichende und entscheidungserhebliche Frage des Bundesrechts aufwirft. Daran fehlt es hier.
Die von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltene Frage,
ob eine Grundstücksenteignung im Januar 1990 bereits deshalb den Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG ... erfüllt, weil die Enteignung ohne Einbeziehung des Alteigentümers und insbesondere ohne ausreichende Prüfung der Enteignungsnotwendigkeit gemäß §§ 3 ff. Baulandgesetz ... stattgefunden hat,
würde sich auf der Grundlage des vom Verwaltungsgerichts bindend festgestellten Sachverhalts in dieser Form nicht stellen; im Übrigen ist die Frage - soweit dies losgelöst von den jeweils prägenden Umständen des konkreten Einzelfalls abstrakt möglich ist - bereits höchstrichterlich geklärt.
a) Entgegen der Unterstellung in der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Frage beruht das angefochtene Urteil auf der Annahme, es sei "nichts dafür ersichtlich, dass die zuständigen Stellen die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach Ernestine S. unter Verstoß gegen damals geltendes Recht nicht am Enteignungsverfahren beteiligt haben" (UA S. 15); da die Abwesenheitspflegerin K. die Verwaltung des Grundstücks vertraglich dem Rat der Gemeinde übertragen habe und dieser beteiligt worden sei, sei darin auch insoweit eine ausreichende Beteiligung zu sehen (UA S. 16). Das Verwaltungsgericht hat ferner in Auslegung und Anwendung des grundsätzlich irrevisiblen damaligen DDR-Rechts die Enteignungsvoraussetzungen nach dem Baulandgesetz der DDR bejaht (UA S. 10 ff.); damit fehlt es auch an dieser Voraussetzung für die klärungsbedürftig gehaltene Frage.
b) Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht - soweit dies unabhängig von den jeweiligen Fallumständen möglich ist - bereits die Voraussetzungen geklärt, unter denen in der Spätphase der DDR Verfahrens- und sonstige Rechtsfehler - die zuvor als Ausdruck der üblichen Rechtswirklichkeit der DDR noch nicht als unlautere Machenschaften zu qualifizieren waren - nunmehr den Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG erfüllen konnten. Mit Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 8 C 5.98 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 1 S. 1 <5 f.>) hat der beschließende Senat das Schreiben des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen und Preise sowie des Leiters des Amtes für den Rechtsschutz des Vermögens der DDR an die ersten Stellvertreter der Vorsitzenden der Räte der Bezirke vom 26. Januar 1990 (abgedruckt in: ZOV 1996, 412) als erkennbare Hinwendung zu rechtsstaatlichen Verhältnissen in der DDR gewertet. Für die Zeit vor diesem Schreiben verbleibt es hingegen bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls (Beschluss vom 3. Juli 2001 - BVerwG 8 B 37.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 27 S. 72 <73 f.>; a.A. BGH NJW 2000, 2419). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht - wie die Zitate in dem angefochtenen Urteil belegen - ausgegangen.
2. Die "hilfsweise" geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1999 (a.a.O.) eröffnet die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Die Beschwerde genügt insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Sie hätte nämlich die vermeintlich voneinander abweichenden, jeweils entscheidungstragenden abstrakten Rechtssätze - die sich auf dieselbe Rechtsnorm beziehen - in dem angefochtenen und dem vermeintlich divergierenden Urteil herausarbeiten müssen. Das ist nicht geschehen. Das bloße Vorbringen, das "Verwaltungsgericht habe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ausreichend Rechnung getragen", belegt allenfalls einen für § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht genügenden Rechtsanwendungsfehler. Abgesehen davon steht das angefochtene Urteil auf dem Boden der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.