Beschluss vom 12.10.2016 -
BVerwG 9 B 73.15ECLI:DE:BVerwG:2016:121016B9B73.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.10.2016 - 9 B 73.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:121016B9B73.15.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 73.15

  • OVG Lüneburg - 18.08.2015 - AZ: OVG 15 KF 3/12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. August 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint.

4 Danach ist die Revision nicht zur Klärung der Frage zuzulassen,
ob die Vorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 4 FlurbG auch auf den Nachtrag zum Flurbereinigungsplan anzuwenden ist, der auf einen Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan ergeht.

5 Die Frage lässt sich anhand des Flurbereinigungsgesetzes ohne Weiteres beantworten. Gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 FlurbG müssen die Beteiligten zur Vermeidung eines Ausschlusses Widersprüche gegen den Flurbereinigungsplan im Anhörungstermin vorbringen. Aufgrund der Verweisung hierauf in § 60 Abs. 1 Satz 4 FlurbG gilt dies auch für Änderungen des Flurbereinigungsplans, wobei die Vorschrift nicht danach differenziert, ob die Änderungen zur Abhilfe eines begründeten Widerspruchs oder aus anderem Grund erfolgen.

6 Trägt die Änderung eines Flurbereinigungsplans dem Widerspruch eines Beteiligten vollumfänglich Rechnung, fehlt diesem allerdings für eine Anfechtung der Änderung die Beschwer. Wird der Widerspruch vollumfänglich zurückgewiesen und der Plan nicht geändert, bedarf es schon deshalb keines weiteren Widerspruchs. Die Frage schließlich, ob ein erneuter Widerspruch jedenfalls dann nicht erforderlich ist, wenn mit der Änderung eines Flurbereinigungsplans dem Widerspruch eines Klägers (nur) teilweise abgeholfen wird, stellt sich vorliegend nicht. Ausweislich der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen, im Revisionsverfahren bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat der Kläger gegen den Flurbereinigungsplan im Anhörungstermin vom 30. November 2006 bezüglich des Abfindungsflurstücks 4 Widerspruch mit dem Ziel eines Rückbaus der Grenzüberbauung auf diesem Grundstück eingelegt. Demgegenüber wurde mit dem Nachtrag I vom 25. Juni 2009 das vorgenannte Flurstück unter Abzug einer Teilfläche als Abfindungsgrundstück 4/1 mit geänderter Planform ausgewiesen und dem Kläger zusammen mit einem weiteren Abfindungsflurstück zugeteilt. Mit dem Nachtrag I wurde folglich dem Widerspruch des Klägers nicht (teilweise) abgeholfen, sondern wurde der Flurbereinigungsplan - auch inhaltlich - unabhängig hiervon geändert. War demnach die im Nachtrag I geregelte Zuweisung der von dem Überbau betroffenen Teilfläche des Abfindungsflurstücks 4 noch nicht Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens, fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, warum es entgegen § 60 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 59 Abs. 2 FlurbG nicht der Erhebung eines Widerspruchs bedurft hätte.

7 Hiervon zu trennen ist die Frage, ob das Widerspruchsverfahren gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO dann entfällt, wenn auf den Widerspruch eines Dritten eine Planänderung erstmals eine Beschwer zu Lasten des Klägers enthält (so VGH Mannheim, Urteil vom 11. September 2014 - 7 S 197/12 - juris Rn. 35; a.A. Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 60 Rn. 11). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellung dahingehend getroffen, dass die Änderung des Flurbereinigungsplans durch den Nachtrag zur Abhilfe eines Widerspruchs der Teilnehmerin T. bzw. aufgrund eines entsprechenden Widerspruchsbescheides erfolgte. Die Revision kann jedoch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn die Vorinstanz eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren erheblich sein würde (BVerwG, Beschlüsse vom 30. Juni 1992 - 5 B 99.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43, vom 6. Juni 2006 - 6 B 27.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 35 und vom 5. Dezember 2008 - 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 18).

8 2. Soweit sich die Beschwerde auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) stützt, benennt sie entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO schon keinen die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen der genannten Gerichte genügt hingegen nicht den Darlegungsanforderungen der Divergenzrüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 m.w.N.).

9 Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht die Einwände gegen die Wertgleichheit des Abfindungsgrundstücks nicht nur wegen der Bestandskraft der Wertfestsetzung zurückgewiesen, sondern ist ihnen auch deshalb nicht gefolgt, weil es die Bewertung des Flurstücks 107 durch den Beklagten für rechtmäßig erachtet hat. Selbst dann, wenn der Verweis auf die Bestandskraft in Widerspruch zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stünde, beruhte die angefochtene Entscheidung daher nicht hierauf.

10 3. Die Revision ist schließlich nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Einen entsprechenden Verstoß behauptet die Beschwerdeschrift zwar, bezeichnet ihn jedoch entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht.

11 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.