Pressemitteilung Nr. 19/2008 vom 25.03.2008

Eilanträge gegen die Neubautrasse der A 4 bei Jena erfolglos

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Beschlüssen vom 13. März 2008 die Eilanträge mehrerer Grundstückseigentümer aus Bucha und Göttern gegen die Neubautrasse der Bundesautobahn A 4 bei Jena abgelehnt. Mit dem Vorhaben soll die A 4 zwischen den Anschlussstellen Jena-Göschwitz und Magdala nach Norden verlegt und auf sechs Fahrstreifen verbreitert werden. Zur Schonung dort nach Europarecht ausgewiesener besonderer Schutzgebiete soll die neue Trasse durch einen 3,1 km langen Tunnel ("Jagdbergtunnel") führen.


Nach seiner vorläufigen Einschätzung konnte das Gericht eine Verletzung europäischen und deutschen Naturschutzrechts nicht feststellen. Die Abgrenzung der Schutzgebiete sei danach fehlerfrei erfolgt. Das betroffene Waldgebiet "Doberau" sei kein faktisches Vogelschutzgebiet. Die Eingriffe in Natur und Landschaft würden u. a. durch den Rückbau der vorhandenen Trasse kompensiert. Soweit im Einzelfall geschützte Tier- und Pflanzenarten beeinträchtigt würden, habe die Behörde zu Recht Befreiungen erteilt. Die gewählte Neubauvariante sei alternativlos. Eine unzulässige Belastung der Anwohner mit Lärm oder Luftschadstoffen sei nicht zu erwarten. Der Tunnel sei sicherheitstechnisch für die Durchleitung von Gefahrguttransporten ausgelegt. Sowohl ein Sicherheitskonzept wie auch eine Risikoanalyse lägen vor. Über die konkrete Verkehrsführung werde nicht im Planfeststellungsverfahren entschieden.


Das Gericht hält das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Planfeststellung für besonders gewichtig. Dahinter müssten die Interessen der Antragsteller an einer vorläufigen Aussetzung der Vollziehung zurückstehen. Ins Gewicht falle dabei nicht nur, dass der sechsstreifigen Erweiterung unter dem Aspekt der Verkehrsbelange höchste Priorität zukomme. Mit der Verlagerung der Trasse in den Tunnel werde darüber hinaus auch eine dringlich erscheinende Lösung schwerwiegender Konflikte der bestehenden Trasse mit dem Naturschutz angestrebt.


BVerwG 9 VR 9.07

BVerwG 9 VR 10.07

BVerwG 9 VR 11.07


Beschluss vom 13.03.2008 -
BVerwG 9 VR 11.07ECLI:DE:BVerwG:2008:130308B9VR11.07.0

Beschluss

BVerwG 9 VR 11.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. März 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Planfeststellungs-beschluss vom 6. Februar 2007 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 13. April 2007 wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 13 632,75 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt sinngemäß die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 6. Februar 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 13. April 2007 für das Vorhaben „A 4 Eisenach-Görlitz Streckenabschnitt Waltershausen - AK Hermsdorf (A 9) VKE 5531: ö AS Magdala - AS Jena/Göschwitz (B 88) Leutratal“. Mit diesem Straßenbauvorhaben soll die bestehende Autobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Magdala und Jena-Göschwitz sechsstreifig ausgebaut werden. Dabei ist für den Ausbau eine neue Trasse nördlich des FFH-Gebietes „Leutratal - Cospoth - Schießplatz Rothenstein“ vorgesehen. Die neue Trasse zweigt östlich der Anschlussstelle Magdala von der bestehenden A 4 nach Osten ab, umfährt mit stetiger Steigung den Amselberg nördlich unter Ausnutzung der Talsituation des Gagabaches zwischen Göttern und Bucha und erreicht bei Bucha den Hochpunkt; von dort fällt die Trasse kontinuierlich ins Saaletal ab. Ein Teil dieser Streckenführung erfolgt in einem ca. 3,1 km langen Tunnel, der westlich der Kreisstraße nach Oßmaritz beginnend bis östlich der Ortschaft Leutra reicht (Jagdbergtunnel). Kurz danach schwenkt die Trasse an der Anschlussstelle Jena-Göschwitz wieder auf die bestehende, bereits sechsstreifig ausgebaute A 4 ein. Die Neubautrasse hat eine Länge von insgesamt 11,8 km.

2 Der Antragsteller ist Haupterwerbslandwirt und Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in der Gemarkung Göttern, die für das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollen. Die Hofstelle des Antragstellers liegt in Göttern.

3 Mit seinem auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gerichteten Antrag macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil die Waldflächen unterhalb von Oßmaritz aus sachfremden Gründen aus der Abgrenzung des gemeldeten Vogelschutzgebietes ausgespart worden seien.

4 Die Abwägung im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Trassenvarianten sei fehlerhaft. Die gewählte Ausbautrasse („Neubauvariante Jagdberg“) sei die für die Bewohner des betroffenen Gebietes schlechteste Variante von allen möglichen. Gegenüber dem Ausbau der Bestandstrasse („Ausbauvariante“) führe die Neubauvariante zu einer extrem hohen Eingriffsintensität in Bezug auf die Anzahl der betroffenen Anwohner, einer Neuversiegelung von Flächen, einem Flächenverlust naturschutzfachlich hochsensibler Bereiche und Waldgebiete. Zudem sei die Neubauvariante wesentlich teurer als die Ausbauvariante. Schließlich zerstöre der künftige Trassenkörper das Landschaftsbild des Tales, in dem Göttern liege.

5 Dem Optimierungsgebot nach § 50 Satz 1 BImSchG sei nicht genügt worden. Die zu erwartende Lärm- und Luftschadstoffbelastung der Ortslage Göttern sei unzutreffend ermittelt worden.

6 Schließlich verschärfe die Neubautrasse die ohnedies problematische Hochwassersituation in Göttern beträchtlich. Die vorgesehenen Regenrückhaltebecken seien zu gering dimensioniert.

7 Eine Untertunnelung des Amselberges habe der Vorhabenträger überhaupt nicht untersucht. Auch die teilweise südlich von der A 4 abgerückte „Wanderheimvariante“ habe sich als bessere Alternative aufgedrängt.

II

8 Der Antrag ist zulässig. Der Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des gemäß § 11 Abs. 2 weiterhin anwendbaren Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (VerkPBG). Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach § 1 Abs. 1 FStrAbG außerdem als vordringlicher Bedarf eingestuft. Die hiergegen vom Antragsteller erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG, § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbeschluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zuständig.

9 Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt die Interessen des Antragstellers an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur Entscheidung der Hauptsache. Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung lassen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zwar nicht abschließend abschätzen. Dem Antragsteller ist es aber nicht gelungen, Umstände darzutun, die es überwiegend wahrscheinlich machen, dass seine Klage zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen wird. Eine umfassende Bewertung und Abwägung der Interessenlage bietet unter diesen Umständen keinen hinreichenden Anlass, von der im Gesetz (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG, § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG) vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses abzusehen.

10 1. Der Antragsteller rügt mit seiner Klage die Verletzung zwingenden Naturschutzrechts. Als durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffenem steht ihm grundsätzlich ein Anspruch darauf zu, die Planfeststellung umfassend dahingehend überprüfen zu lassen, ob bei der fachplanerischen Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der im Planfeststellungsbeschluss zugelassene Eigentumsentzug zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich sein muss (vgl. z.B. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 Rn. 448, 453 m.w.N.). Allerdings kann der Antragsteller sich auf die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs - hier des Naturschutzes - dann nicht mit Erfolg berufen, wenn auch die Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Verschonung seines Grundeigentums führen würde (vgl. z.B. Urteil vom 28. Februar 1996 - BVerwG 4 A 27.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 S. 82). Das gilt auch, wenn - wie hier - eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend gemacht wird (vgl. z.B. Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 C 11.96 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 252 f.).

11 Die abschließende Beurteilung der von dem Antragsteller aufgeworfenen Frage, ob der Planfeststellungsbeschluss zwingendem Naturschutzrecht widerspricht, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Ergebnis spricht jedoch sehr wenig dafür, dass sich aus dem Naturschutzrecht eine unüberwindbare Zulassungssperre ableiten lässt, die den Vorhabenträger hindert, an der Trassenauswahl und damit an der Inanspruchnahme des klägerischen Grundbesitzes festzuhalten. Die planfestgestellte Neubauvariante erscheint nämlich alternativlos. Darüber hinaus ist hier die Dimensionierung der Trasse nicht im Streit und kann sich eine Beeinträchtigung des Gemeinwohls, die der Antragsteller geltend machen könnte, um den Eingriff in sein Grundeigentum abzuwehren, auch unter diesem Aspekt nicht ergeben.

12 Der Antragsteller macht geltend, das Waldgebiet „Doberau“ unterhalb von Oßmaritz beherberge dieselben Vogelarten wie das Vogelschutzgebiet Nr. 33. Obwohl der Gebietsabgrenzung im Hauptsacheverfahren noch nachzugehen sein wird, liegen - angesichts des bislang erreichten Standes des Melde- und Gebietsausweisungsverfahrens - für die Richtigkeit der Auffassung des Antragstellers bislang keine Anhaltspunkte vor, die zwingend erscheinen. Dass das Vorhaben Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie (VRL) - verletzt, erscheint derzeit nicht überwiegend wahrscheinlich.

13 Gebiete, die nach den Kriterien der Vogelschutzrichtlinie förmlich unter Vogelschutz hätten gestellt werden müssen, aber nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen worden sind, unterliegen dem vorläufigen Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL (vgl. z.B. EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - juris Rn. 84, vom 7. Dezember 2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 26, 42, 47, 57 und vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90 - Slg. 1993, I-4221 Rn. 22). Dieses ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass bis zu einem Regimewechsel nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen - Habitat-Richtlinie (FFH-RL) - das Spektrum der Gründe, die eine Einschränkung des Vogelschutzes zugunsten eines Infrastrukturvorhabens rechtfertigen können, sehr eingeschränkt ist (vgl. EuGH, Urteile vom 28. Februar 1991 - Rs. C-57/89 - Slg. 1991, I-883 Rn. 22 ff., vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90 - a.a.O. Rn. 19, 45 und vom 18. Dezember 2007 - Rs. C-186/06 - juris Rn. 37; BVerwG, Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <59> und vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <287>).

14 Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung der im Anhang I aufgeführten Vogelarten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem die Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Art. 4 Abs. 2 VRL ergänzt diese Bestimmung dahin, dass die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse die entsprechenden Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten treffen.

15 Aus diesen Regelungen folgt jedoch nicht, dass sämtliche Landschaftsräume unter Schutz gestellt werden müssen, in denen vom Aussterben oder sonst bedrohte Vogelarten vorkommen. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten die Gebiete auszuwählen, die im Verhältnis zu anderen Landschaftsteilen am besten die Gewähr für die Verwirklichung der Richtlinienziele bieten. Schutzmaßnahmen sind danach zu ergreifen, soweit sie erforderlich sind, um das Überleben und die Vermehrung der in Anhang I aufgeführten Vogelarten und der in Art. 4 Abs. 2 VRL angesprochenen Zugvogelarten sicherzustellen. Die Auswahlentscheidung hat sich ausschließlich an diesen ornithologischen Erhaltungszielen zu orientieren. Eine Abwägung mit anderen Belangen findet nicht statt. Unter Schutz zu stellen sind die Landschaftsräume, die sich nach ihrer Anzahl und Fläche am ehesten zur Arterhaltung eignen. Welche Gebiete hierzu zählen, legt das Gemeinschaftsrecht nicht im Einzelnen fest. Jeder Mitgliedstaat muss das Seine zum Schutz der Lebensräume beitragen, die sich auf seinem Hoheitsgebiet befinden. Entscheidend ist die ornithologische Wertigkeit, die nach quantitativen und nach qualitativen Kriterien zu bestimmen ist. Je mehr der im Anhang I aufgeführten oder in Art. 4 Abs. 2 VRL genannten Vogelarten in einem Gebiet in einer erheblichen Anzahl von Exemplaren vorkommen, desto höher ist der Wert als Lebensraum einzuschätzen. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Lebensräume und Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90 - a.a.O. Rn. 26 ff.; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 <168 f.>; Beschlüsse vom 24. Februar 2004 - BVerwG 4 B 101.03 - juris Rn. 13 und vom 12. Juni 2003 - BVerwG 4 B 37.03 - NVwZ 2004, S. 98; Urteil vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 95 f.).

16 Ob eine Ausweisung als Vogelschutzgebiet aus sachfremden Erwägungen unterblieben ist, ist gerichtlich voll überprüfbar. Die Identifizierung europäischer Vogelschutzgebiete in den Bundesländern unterliegt dagegen nur einer eingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL eröffnet den Mitgliedstaaten nämlich einen fachlichen Beurteilungsspielraum in der Frage, welche Gebiete nach ornithologischen Kriterien für die Erhaltung der in Anhang 1 der Richtlinie aufgeführten Vogelarten „zahlen- und flächenmäßig“ am geeignetsten sind (EuGH, Urteile vom 28. Februar 1991 - Rs. C-57/89 - a.a.O. Rn. 20, vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90 - a.a.O. Rn. 26 und vom 23. März 2006 - Rs. C-209/04 - Slg. 2006, I-2755 Rn. 33; BVerwG, Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - a.a.O. und vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - BVerwGE 117, 149 <155>).

17 Das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren hat einen fortgeschrittenen Stand erreicht, so dass zwischenzeitlich in Deutschland das von der Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz der Vogelschutzgebiete entstanden ist (vgl. Art. 4 Abs. 3 VRL). Dementsprechend verringert sich die gerichtliche Kontrolldichte und unterliegt Parteivorbringen, es gebe ein faktisches Vogelschutzgebiet, das eine „Lücke im Netz“ schließe, besonderen Darlegungsanforderungen (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - a.a.O. S. 170 und vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - a.a.O. S. 155 f.). Es kann offenbleiben, ob der Antragsteller mit seinem Vortrag diesem Darlegungserfordernis genügt hat. Derzeit zeichnet sich jedenfalls nicht ab, dass ein Nachweis dafür geführt werden kann, dass - wie der Antragsteller vermutet - sachfremde Erwägungen dafür ausschlaggebend waren, das Waldgebiet „Doberau“ nicht in das Vogelschutzgebiet Nr. 33 einzubeziehen. Vielmehr spricht Vieles dafür, dass die Abgrenzung des Vogelschutzgebietes Nr. 33 auch aus ornithologischer Sicht vertretbar ist.

18 Zwar mag das Waldgebiet „Doberau“ als naturschutzfachlich wertvoll einzuschätzen sein, wie sich das auch dem Landschaftspflegerischen Begleitplan entnehmen lässt. Insbesondere ist dort festgehalten, dass die von der Neubautrasse durchschnittenen Waldstrukturen ein wichtiges Verbindungselement für den Lebensraumverbund zwischen den Waldflächen des Leutratales und den Waldflächen im Raum Nennsdorf darstellen. Jedoch ist nicht jedes Gebiet, auch wenn es als naturschutzfachlich wertvoll einzuschätzen ist, dort schützenswerte Vogelarten vorkommen oder diese Vogelarten dort zumindest einen Funktionsraum vorfinden, als ein faktisches Vogelschutzgebiet zu betrachten, sondern vielmehr nur ein solches, das die oben genannten Kriterien erfüllt.

19 Wenn bei der Auswahl und Abgrenzung eines Vogelschutzgebietes nach ornithologischen Kriterien vorzugehen ist, besagt dies zwar, dass die Notwendigkeit besserer Verkehrsverbindungen als Rechtfertigung für diese Entscheidungen untauglich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90 - a.a.O. Rn. 37). Die mit der Vogelschutzrichtlinie verfolgte Zielsetzung verbietet es jedoch nicht, dass ornithologische Gesichtspunkte, die für eine bestimmte Abgrenzung sprechen, mit sonstigen raumordnerischen Gründen zusammenfallen. Der von dem Antragsteller geäußerte Verdacht, dass das Gebiet westlich von Oßmaritz aus sachfremden Erwägungen nicht dem Vogelschutzgebiet zugeordnet worden sei, ist auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes nicht zu erhärten.

20 Die Einrichtung des Vogelschutzgebietes Nr. 33 steht im Zusammenhang mit dem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission hat von verschiedenen Bundesländern, darunter auch dem Antragsgegner, die Nachmeldung weiterer Vogelschutzgebiete gefordert (Akte EG-VSG Nr. 33 Unterlage 2 S. 21). Das Verzeichnis der „Important Bird Areas“ (IBA) für Thüringen, das die Fläche des Vogelschutzgebietes Nr. 33 nicht aufführte, wurde von der Kommission nicht als zureichende fachliche Referenz für die Auswahl von besonderen Schutzgebieten (Special Protection Areas - SPA) gemäß der Vogelschutzrichtlinie gewertet. Daraufhin wurde von der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie in Abstimmung mit dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt ein Fachkonzept mit wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete erstellt (Akte EG-VSG Nr. 33 Unterlage 3) und an die Kommission übermittelt. Neben den ursprünglich ausgewiesenen 11 Vogelschutzgebieten wurden auf der Grundlage dieses Fachkonzepts in Thüringen weitere 33 Vogelschutzgebiete eingerichtet, mit denen die europarechtlich geforderte Mindestrepräsentanz Anhang-I-geschützter Arten erreicht werden konnte (Werres u.a., Ausweisung neuer EG-Vogelschutzgebiete - Thüringen schützt seine Vogelwelt in: Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 2007, S. 66). Das Vogelschutzgebiet Nr. 33 wurde anhand des vorhandenen Datenmaterials, das über Jahre zusammengetragen worden war, festgelegt. Als wertgebende Vogelarten wurden Grauspecht, Heidelerche, Mittelspecht, Neuntöter, Rauhfußkauz, Schwarzspecht, Sperlingskauz, Uhu, Wespenbussard und Ziegenmelker angesehen und bei der Gebietsabgrenzung die Häufigkeit ihres Vorkommens im Gebiet zugrunde legt. Die Gebietsabgrenzung berücksichtigt zudem das FFH-Gebiet „Leutratal - Cospoth - Schießplatz Rothenstein“ (Nr. 129 = DE 5135 301). Dass von der Kommission weiterhin Einwände gegen die Ausweisung und Abgrenzung der Vogelschutzgebiete in Thüringen erhoben werden, wird von dem Antragsteller nicht dargelegt.

21 Soweit der Antragsteller einwendet, gerade die im Gebiet „Doberau“ vorhandene Brutvogelfauna fordere eine Erweiterung des Vogelschutzgebietes Nr. 33, kann er damit voraussichtlich nicht durchdringen. Die Ausweisung eines Vogelschutzgebietes setzt voraus, dass das betreffende Gebiet nach den „besten verfügbaren wissenschaftlich ermittelten Fakten“ (so z.B. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - Rs. C-334/04 - NuR 2007, S. 827 Rn. 32) die oben genannten Kriterien erfüllt und zu den geeignetsten Gebieten gehört. Aus dem Vortrag des Antragstellers mit dem Hinweis auf das Gutachten „Naturschutzfachliche Bewertung der Avifauna des Waldgebietes ‚Doberau’“ von M. R. vom 20. Juni 2007 ergibt sich nicht schlüssig, dass der Freistaat Thüringen bei der Gebietsmeldung für das Vogelschutzgebiet Nr. 33 die besten verfügbaren Quellen über hinreichend konstante Populationen der Anhang-I-Vogelarten ignoriert hätte. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller nunmehr aufgrund zum Teil erst im Frühjahr 2007 - also nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses - durchgeführter Begehungen das Vorkommen einzelner Exemplare von Anhang-I-Vogelarten darlegt, zwingt nicht zu dem Schluss, es handele sich um ein faktisches Vogelschutzgebiet.

22 Zwar sind auch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gebietsabgrenzungen zu berücksichtigen, so dass herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten ggf. auch dann noch unter Schutz zu stellen sind, wenn sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie herausgestellt hat (vgl. EuGH, Urteile vom 23. März 2006 - Rs. C-209/04 - a.a.O. Rn. 43 und vom 25. Oktober 2007 - Rs. C-334/04 - a.a.O.). So dürfte die Sache hier aber nicht liegen. Denn der Bereich des Waldgebietes „Doberau“, der nur zu einem kleineren Teil auch von der Neubautrasse erfasst wird, beherbergt nur eine geringe Anzahl von für das festgelegte Vogelschutzgebiet wertgebenden Vogelarten, wie sich aus der von dem Antragsteller vorgelegten „Naturschutzfachlichen Bewertung der Avifauna des Waldgebietes ‚Doberau’“, Tab. 3 S. 8, ergibt: Mittelspecht 2 Brutpaare (BP), Neuntöter 2 BP, Schwarzspecht 2 BP, Grauspecht 1 BP, des Weiteren - nicht als wertgebend für das Vogelschutzgebiet angesehen - die Hohltaube mit 3 BP sowie die Misteldrossel mit 5 BP. Demgegenüber finden sich im gemeldeten Vogelschutzgebiet für den Mittelspecht 50 - 60 BP, den Neuntöter 60 - 90 BP, den Schwarzspecht 25 - 35 BP und den Grauspecht 15 - 25 BP (Akte EG-VSG Nr. 33 Unterlage 5). Die Behauptung, die Habitateignung der ausgesparten Flächen liege im Vergleich zu den anderen Flächen des Vogelschutzgebietes Nr. 33 im oberen Bereich, ist deshalb - auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Größenverhältnisse der Flächen - in Frage zu stellen. Die Bestandszahlen einmaliger Zählungen sind zudem für die Schutzgebietsausweisung nicht allein maßgebend. Vielmehr sind nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 VRL auch Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten zu berücksichtigen (vgl. Kerkmann, in: Kerkmann (Hrsg.), Naturschutzrecht in der Praxis, § 8 Rn. 14). Der mit der Richtlinie erstrebte Schutz der wildlebenden Vogelarten wird schließlich durch die insgesamt in Thüringen gemeldeten Vogelschutzgebiete und die Repräsentanz der geschützten Arten mit einiger Sicherheit bereits erreicht. Danach kann es voraussichtlich nicht beanstandet werden, dass der Antragsgegner das Gebiet „Doberau“ nicht als zu den für die Erhaltung der in Anhang I aufgeführten Arten am geeignetsten angesehen hat (vgl. zum diesbezüglichen „Ermessensspielraum“ EuGH, Urteil vom 23. März 2006 - Rs. C-209/04 - a.a.O. Rn. 33).

23 2. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt bei summarischer Prüfung auch nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG normierte fachplanerische Abwägungsgebot.

24 a) Fehler bei der Abwägung der Trassenalternativen sind insoweit nicht erkennbar. Die Auswahl unter verschiedenen für ein Vorhaben in Frage kommenden Trassenvarianten ist ungeachtet hierbei zu berücksichtigender rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Sie ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich. Nach ständiger Rechtsprechung handelt eine Planfeststellungsbehörde nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenalternativen sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt als die schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. etwa Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - a.a.O. S. 41). Die Planfeststellungsbehörde ist zudem befugt, schon in einem frühen Planungsstadium solche Planungsalternativen auszuscheiden, die nach Art einer Grobanalyse ernsthaft nicht in Betracht kommen (Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>). Die Behörde muss nicht alle denkbaren Vorhabensvarianten untersuchen (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 <345>). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde aller Voraussicht nach nicht in einer Weise als abwägungsfehlerhaft, die vom Senat als erheblich im Sinne des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG beanstandet werden könnte. Die Planfeststellungsbehörde durfte die Neubauvariante als die am meisten geeignete auswählen, weil sie den Anforderungen an die Bewältigung des zukünftigen Verkehrs Rechnung trägt und gleichzeitig die Belange des Naturschutzes dadurch wahrt, dass sie die wertvollen geschützten Lebensräume im Leutratal erhält, die Zerschneidung des FFH-Gebietes Nr. 129 und des Vogelschutzgebietes Nr. 33 durch den Rückbau der Bestandstrasse entfällt und so der Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt sowie der Erholungsraum für die Menschen erweitert und von Störungen freigehalten wird.

25 Die vom Antragsteller favorisierte Ausbauvariante hat der Antragsgegner nachvollziehbar als weniger geeignet angesehen. Sie war sowohl Gegenstand des Raumordnungsverfahrens wie auch der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Insgesamt wurde die Ausbauvariante für nicht mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar erklärt (Landesplanerische Beurteilung vom 30. April 2001, S. 66). Entscheidende Kriterien gegen die Ausbauvariante waren dabei vor allem die naturschutzfachliche Wertigkeit des Leutratales und der Schutz eines der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands. Eingriffe in das dort vorhandene FFH-Gebiet Nr. 129 in einem größeren Umfang wären nicht vermeidbar gewesen. Hinzu kamen die Schwierigkeit des Baus unter laufendem Verkehr sowie die Steigungsstrecke am Amselberg, die bei einem Ausbau weiterhin bewältigt werden müsste. Vor allem ließe sich aber die Ausbauvariante nur unter Verstoß gegen das europäische Naturschutzrecht verwirklichen. Die Eingriffe in das geschützte Gebiet dürften ungeachtet der wirtschaftlichen Bedeutung des Ausbaus nicht erfolgen, weil eine Alternativlösung vorhanden ist, Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-RL. Schon deshalb scheidet diese Alternative aus (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <264>). Demgegenüber wird die Neubauvariante naturschutzfachlich als deutlich weniger kritisch eingeschätzt (vgl. Landesplanerische Beurteilung vom 30. April 2001, S. 26 ff.). Sie zerschneidet das FFH-Gebiet nicht, sondern berührt es allenfalls randlich. Die „Wanderheimvariante“ ist bereits im Vorfeld weiterer Untersuchungen ausgeschieden, weil sie insgesamt schon aus topografischen Gründen erhebliche Schwierigkeiten aufweist, wegen des Tunnels mit etwa 4,5 km Länge und der erforderlichen Einschnitte in Hanglagen erhebliche Kostenfaktoren birgt und Überschussmassen anfielen, die nicht verbaut werden könnten. Darüber hinaus wäre eine Inanspruchnahme des FFH-Gebietes ebenfalls nicht zu vermeiden (vgl. Stellungnahme der DEGES ohne Datum). Die „Wanderheimvariante“ konnte aus den genannten Gründen schon im Vorplanungsstadium ausgeschieden werden.

26 b) Der Planfeststellungsbeschluss bewältigt auch das Problem der Gefahrguttransporte. Zumindest ist nichts dafür ersichtlich, dass sich unter diesem Gesichtspunkt ein unüberwindbares Zulassungshindernis ergibt, das den Vorhabenträger hindert, an der Trassenauswahl und damit an der Inanspruchnahme des klägerischen Grundbesitzes festzuhalten.

27 Die straßenverkehrsrechtliche Regelung für Gefahrguttransporte obliegt nicht der Planfeststellungsbehörde. Im Planfeststellungsbeschluss sind jedoch die bautechnischen Probleme zu bewältigen, die ein Straßentunnel für die Durchleitung des Gefahrgutverkehrs aufwirft. Dem kommt der Planfeststellungsbeschluss nach. Nach den Auflagen zur Projektgestaltung (S. 16 - 18) ist der Tunnel nach den einschlägigen Vorschriften zu errichten, darunter die „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln“ (RABT), die entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 2004/54/EG über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz vom 29. April 2004 (ABl L 167 S. 39) im Jahre 2006 überarbeitet wurde. Einen Ausschluss von Gefahrguttransporten gibt es für den Tunnelbetrieb nicht. Die im Planfeststellungsbeschluss geforderte Risikoanalyse liegt inzwischen vor. Die Ergebnisse der Risikoanalyse, die die RABT für Tunnel ab 400 m vorschreibt, können dazu führen, dass durch zusätzliche bauliche, technische und/oder organisatorische Maßnahmen Eintrittswahrscheinlichkeiten reduziert und/oder Ausmaße von Störfällen begrenzt werden können (RABT Ausgabe 2006 S. 50). Das im Planfeststellungsbeschluss geforderte Gesamtsicherheitskonzept liegt ebenfalls vor.

28 c) Die Planfeststellungsbehörde hat die durch das Vorhaben für die betroffenen Wohngebiete entstehenden Probleme durch Luftschadstoffeintrag und Lärm beanstandungsfrei erörtert und abgewogen.

29 Ein Verstoß gegen die Abwägungsdirektiven des § 50 BImSchG, wie es der Antragsteller geltend macht, kann nach der summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden. Schädliche Umwelteinwirkungen auf Wohngebiete wurden bei der Trassenführung so weit wie möglich vermieden.

30 Im Planfeststellungsbeschluss (S. 89 ff.) ist im Einzelnen dargelegt, auf welchen Berechnungsmethoden und Programmen die Untersuchung der Immissionen verkehrsbedingter Luftschadstoffe beruht. Das zugrunde liegende Gutachten samt Ergänzung (Luftschadstoffuntersuchung des Ingenieurbüros L. vom November 2004 mit Ergänzung vom Dezember 2005, Unterlage 11.A) ergibt die Einhaltung der Werte der 22. BImSchV auch unter Berücksichtigung des unzutreffend angenommenen Bebauungsabstandes von 290 m statt vorhandener 265 m. Die Berechnungen wurden in der fachtechnischen Stellungnahme der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie vom 12. Mai 2005 bestätigt. Das umfasst auch die Möglichkeit, die besonderen meteorologischen Verhältnisse des Gebietes mittels der angewandten Rechenverfahren zu berücksichtigen. Die Anwendung des „Merkblattes über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung“ - MLuS 02 - begegnet keinen Bedenken. Der Antragsgegner hat schlüssig dargelegt, dass die Anwendungsbedingungen des MLuS im Hinblick auf die topografischen Gegebenheiten eingehalten werden.

31 Erst recht ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller darin gefolgt werden kann, die beabsichtigte Maßnahme führe zu einer unzulässigen Lärmbelastung. Das Vorhaben ist nicht wegen einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte für Verkehrsgeräusche unzulässig. Die vorhabenbedingten Lärmbelastungen hat die Planfeststellungsbehörde erkannt und in die gebotene planerische Abwägung einbezogen. Sie hat sich jedoch mangels vorzugswürdiger Alternativtrassen für die planfestgestellte Trassenführung entschieden. Dabei ist sie davon ausgegangen, dass unzumutbare Beeinträchtigungen der Belange der Anlieger und somit auch des Antragstellers aufgrund der Beachtung und Anwendung der §§ 41 ff. BImSchG in Verbindung mit der 16. und 24. BImSchV ausgeschlossen werden. Das lässt Abwägungsmängel nicht erkennen. Denn mit den genannten Vorschriften hat der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber ein Regelungssystem geschaffen, bei dessen Anwendung er eine hinreichende Bewältigung der Lärmproblematik sichergestellt sieht (Urteil vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 5.03 - juris). Ein Lärmschutzdefizit hat der Antragsteller nicht schlüssig vorgetragen. Die durch § 41 BImSchG in Verbindung mit der 16. BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte werden nicht überschritten, wie sich aus der der Planung zugrunde liegenden Schalltechnischen Untersuchung (Unterlage 11) ergibt. Für das Baugebiet „Über dem Schwemmtümpfel“, das der Bebauungsplan als „Mischgebiet“ ausweist, werden die Werte nach der 16. BImSchV nicht nur für Mischgebiete, sondern sogar für reine und allgemeine Wohngebiete unterschritten. Die Untersuchung stützt sich auch nicht, wie der Antragsteller meint, auf unzutreffende Berechnungsgrundlagen. Vielmehr werden die Vorgaben der 16. BImSchV Anlage 1 i.V.m. der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen RLS-90 eingehalten.

32 d) Die im Bereich des Ortsteils Göttern bestehende Hochwasserproblematik hat die Planfeststellungsbehörde ebenfalls in die Abwägung einbezogen (Planfeststellungsbeschluss S. 80 ff.). Die dem zugrunde liegenden Untersuchungen ergeben keine zusätzliche Belastung des Gebietes mit von der Neubautrasse abfließendem Wasser. Die schon seit jeher in Göttern bestehende Hochwassergefährdung wird durch die Baumaßnahme danach nicht verschärft. Die dazu vorgelegten Berechnungen und Stellungnahmen (Unterlage 13.1; Vermerk Dittrich vom 13. Januar 2006) hat der Antragsteller nicht widerlegt.

33 e) Abwägungsmängel im Hinblick auf die eigentumsrechtlichen Belange des Antragstellers lässt der Planfeststellungsbeschluss ebenfalls nicht erkennen. Die Planfeststellungsbehörde hat in die Abwägung eingestellt, dass der Antragsteller durch die Inanspruchnahme landwirtschaftlich genutzter Flächen durch unmittelbare Flächenverluste und Umwege Einbußen erleidet (Planfeststellungsbeschluss S. 102/103). Angesichts der Alternativlosigkeit der Trasse weist die Behörde den öffentlichen Interessen an der Baumaßnahme den Vorrang zu. Das genügt dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG.

34 3. Von diesen Erwägungen ausgehend hält der Senat das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Planfeststellung für besonders gewichtig und hinreichend geeignet, die gegenläufigen privaten Interessen des Antragstellers zu überwinden. Auslöser für den Rechtsschutz, der einem Grundeigentümer zusteht, wenn er von enteignungsrechtlichen Vorwirkungen betroffen ist, ist und bleibt die Beeinträchtigung in eigenen Rechten. Zu seinen Gunsten kann das Gemeinwohl nicht mit ausschlaggebendem Gewicht angeführt werden, wenn - wie hier - die bisher vorliegenden Erkenntnisse dafür sprechen, dass die planfestgestellte Trassenvariante alternativlos ist und auch die Dimensionierung der Trasse nicht dem Gemeinwohl widerstreitet. Das Interesse des Antragstellers, dass hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung verbleibende Zweifelsfragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Hauptsacheverfahren vorweg abschließend geklärt werden, erweist sich unter diesen Umständen nicht als gewichtig genug, um einen Baustopp zu rechtfertigen. Im Gegenteil würde ein Baustopp eher eine Gefahr für das Gemeinwohl nach sich ziehen.

35 Wenn sich der Antragsteller zur Verteidigung seiner Eigentümerstellung darauf beruft, im Interesse des Gemeinwohls zu handeln, überzeugt dies nicht. Aus der Sicht eines objektiven Betrachters dient es insbesondere nicht einem wohlverstandenen Schutz der Natur, das planfestgestellte Vorhaben weiter zu verzögern. Die sechsstreifige Erweiterung der A 4 in Thüringen kann als Lückenschluss innerhalb der mit den „Vorhaben Deutsche Einheit“ (VDE) angestrebten und weitgehend realisierten Netzstruktur der deutschen Autobahnen nicht nur unter dem Aspekt der Verkehrsbelange höchste Priorität beanspruchen. Kennzeichnend für den streitigen Bauabschnitt ist, dass mit der Verlagerung der Trasse in den Jagdbergtunnel darüber hinaus eine dringlich erscheinende Lösung schwerwiegender Konflikte mit dem Naturschutz angestrebt wird. Diese Lösung wird bilanzierend für den Naturschutz nachhaltige Vorteile mit sich bringen, so dass sie bereits beim derzeitig erreichten Erkenntnisstand als hinreichend erfolgversprechend einzustufen ist. Es ist davon auszugehen, dass das FFH-Gebiet Nr. 129, das bislang in einem zentralen Bereich von der A 4 durchschnitten wird, künftig allenfalls noch in Randzonen von straßenverkehrsbedingten Belastungen betroffen sein wird. Die daraus möglicherweise neu erwachsenden Risiken für die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes werden bei überschlägiger Prüfung durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen beherrschbar sein. Die nicht mehr benötigten Straßenflächen werden nach ihrer Entsiegelung einer Nutzung zugeführt werden können, die sicherstellt, dass vielfältige floristische und faunistische Lebensräume sich innerhalb des FFH-Gebietes Nr. 129 neu entwickeln werden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat dem Klagevorbringen des Antragstellers bislang nicht zu entnehmen, dass sein Widerstand gegen die neue Trassenführung mit dem Interesse an einem wohlverstandenen Naturschutz vereinbar ist.

36 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Dabei wurden entsprechend dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte des Wertes der enteignungsbetroffenen (24 531 m²) Fläche sowie 15 000 € für die sonstige Beeinträchtigung des Anwesens des Antragstellers zugrunde gelegt, was bei hälftigem Ansatz im Hinblick auf das Eilverfahren den im Tenor genannten Streitwert ergibt.