Beschluss vom 13.06.2003 -
BVerwG 8 B 179.02ECLI:DE:BVerwG:2003:130603B8B179.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.06.2003 - 8 B 179.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:130603B8B179.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 179.02

  • VG Potsdam - 28.08.2002 - AZ: VG 6 K 225/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juni 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. v o n H e i m b u r g und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 28. August 2002 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 139 889,45 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie wendet sich im Stil einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Damit erfüllt sie die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht.
Sie beruft sich zwar auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache, führt aber keine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts an, die im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und deren Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Die mehr beiläufige Formulierung, "der Fall dürfte ... grundsätzliche Bedeutung haben", reicht dafür nicht aus.
Soweit die Beschwerde weiterhin rügt, dass das Urteil auf einer Verkennung der Beweislast und fehlerhafter Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht beruhe, kann darin nur die Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) und damit die Geltendmachung eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gesehen werden. Auch ein solcher Verfahrensverstoß ist aber nicht prozessordnungsgemäß dargetan. Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschluss vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Allenfalls könnte eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz als Verfahrensmangel in Betracht gezogen
werden (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>). Ein Tatsachengericht hat aber nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unwichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Absendung eines Telefaxdokuments keinen Beweis für seinen Zugang liefert und sich damit auf höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt (vgl. BGH, NJW 1995, 665).
Soweit die Beschwerde meint, dass, wenn dem Verwaltungsgericht die vorgelegten Unterlagen zum Nachweis des fristgemäßen Zugangs des Widerspruchs beim Beklagten nicht ausreichten, es weitere Zeugen hätte vernehmen können und müssen, kann darin die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) gesehen werden. Auch diese ist aber nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Eine solche Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass von der Beschwerde dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung sind seitens der anwaltlich vertretenen Klägerin keine Beweisanträge gestellt worden. In der Beschwerde werden auch keine konkreten Tatsachen bezeichnet, deren weitere Aufklärung sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde benennt auch keine geeigneten Beweismittel. Insbesondere ist nicht dargelegt, inwieweit die angeregte Einvernahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Zeugen zu einer Aussage zum Zugang des Widerspruchs bei dem Beklagten führen sollte.
Die von der Beschwerde mit Schriftsatz vom 27. Januar 2003 ergänzend erhobenen Rügen können nicht berücksichtigt werden, da sie erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 13, 14 GKG.