Beschluss vom 13.09.2004 -
BVerwG 5 B 46.04ECLI:DE:BVerwG:2004:130904B5B46.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.09.2004 - 5 B 46.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:130904B5B46.04.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 46.04

  • Hessischer VGH - 10.02.2004 - AZ: Hess.VGH 10 UE 1752/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. R o t h k e g e l und
Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 153,39 € festgesetzt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ist erfolglos.
1. Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden. Abgesehen davon, dass das Berufungsurteil auf § 111 Satz 2 SGB X in einer Fassung beruht, die inzwischen ausgelaufenes Recht darstellt (vgl. S. 6 Mitte des Berufungsurteils), und in einem solchen Fall eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allenfalls unter engen - von der Beschwerde aber nicht dargelegten - Ausnahmevoraussetzungen angenommen werden kann, kommt eine Revisionszulassung aus einem solchen Grund hier auch deshalb nicht in Betracht, weil die Beschwerde keinen Gesichtspunkt aufzeigt, der einer revisionsgerichtlichen Klärung über dasjenige hinaus bedürftig und zugänglich wäre, was bereits durch das auch vom Berufungsgericht herangezogene Urteil des erkennenden Senats vom 10. April 2003 - BVerwG 5 C 18.02 - (Buchholz 435.12 § 111 SGB X Nr. 3 = FEVS 54, 495) in rechtsgrundsätzlicher Hinsicht geklärt ist.
Die Beschwerde sieht Klärungsbedarf dahingehend, "wie konkret die durch den Kostenerstattungsberechtigten gewährten Sozialleistungen im Einzelnen zu bezeichnen sind und welcher Darlegungsumfang für eine 'hinreichend konkrete' Mitteilung der Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, erforderlich ist", und bezieht sich hierbei auf "Darlegungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 22.08.2000 - B 2 U 24/99 R -", wonach "zur Geltendmachung im Sinne eines unbedingten Einforderns des Kostenerstattungsanspruchs präzise Angaben über die Voraussetzungen der gewährten Sozialleistungen notwendig" seien (S. 5 unten der Beschwerdebegründung); die Beschwerde macht geltend, dass "sich dem Wortlaut der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.04.2003 nicht eindeutig entnehmen (lasse), ob sich das Bundesverwaltungsgericht sämtliche Ausführungen des Bundessozialgerichts aus dem Urteil vom 22.08.2000 zu Eigen machen wollte" (S. 6 der Beschwerdebegründung). Von einem Revisionsverfahren in der vorliegenden Sache kann jedoch auch unter Einbeziehung der rechtsgrundsätzlichen Ausführungen in dem Urteil des Bundessozialgerichts, auf das in dem Urteil des erkennenden Senats vom 10. April 2003 Bezug genommen worden ist, eine von der Beschwerde für notwendig gehaltene und als fehlend betrachtete Konkretisierung nicht erwartet werden; denn diese lässt sich nicht in einer fallübergreifend geltenden, verallgemeinerungsfähigen Weise vornehmen und ist insbesondere auch vom Bundessozialgericht nicht vorgenommen worden, wenn in dessen Urteil vom 22. August 2000 verlangt wird, dass "die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs ... maßgeblich sind, und der Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht wurden ..., hinreichend konkret mitgeteilt sind".
Soweit die Beschwerde die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache mit dem Hinweis auf eine uneinheitliche Rechtsprechungs- und Spruchstellenpraxis begründen will, nimmt sie ohne Darlegung einer revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen Frage auf zu verschiedenen Fallkonstellationen ergangene Entscheidungen Bezug. Selbst wenn nach diesen Entscheidungen eine Erstattungsanmeldung, die sich auf eine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht, im Regelfall keine hinreichend konkrete Mitteilung auch für Leistungen nach anderen Hilfearten sein sollte, hat die Vorinstanz demgegenüber hier in einzelfallbezogener Auslegung die Erstattungsanmeldung des Klägers (Schreiben vom 3. Juni 1997) dahin verstanden, "dass der Erstattungsanspruch auch hinsichtlich solcher Krankenhilfeaufwendungen geltend gemacht werde, welche die Summe sonst zu zahlender Krankenversicherungsbeiträge nicht übersteigen" (S. 7 Mitte des Berufungsurteils).
2. Die von der Beschwerde gerügten Divergenzen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Wegen Divergenz kann die Revision nur zugelassen werden, wenn eine entscheidungserhebliche Abweichung eines im Berufungsurteil aufgestellten abstrakten Rechtssatzes von einem ebensolchen Rechtssatz in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgezeigt ist. Dies ist hier nicht der Fall.
a) Dabei kann auf sich beruhen, inwieweit in diesem Zusammenhang eine Abweichung - unterstellt, sie bestünde - von Ausführungen in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. August 2000 beachtlich sein kann, von denen die Beschwerde selbst meint nicht beurteilen zu können, "ob sich das Bundesverwaltungsgericht (sie in seinem Urteil vom 10. April 2003) zu Eigen machen wollte"; denn die Beschwerde benennt keinen abstrakten Rechtssatz, mit dem der Verwaltungsgerichtshof sich in dem angegriffenen Urteil in Widerspruch zu dem vom erkennenden Senat im Anschluss an das Bundessozialgericht aufgestellten Rechtssatz gesetzt haben könnte, dass "die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt werden" müssen. Dasselbe gilt für die dem vorangehende Aussage des erkennenden Senats, dass "für die Wahrung der Ausschlussfrist erforderlich, aber auch hinreichend die erkennbar auf Rechtssicherung gerichtete Mitteilung (ist), dass und für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistungen gewährt werden bzw. wurden und dass und für welche Leistungen Erstattung begehrt wird". Indem die Beschwerde rügt, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Voraussetzungen "auch im Hinblick auf die Geltendmachung der Kosten der Unterkunft und der Krankenhilfe" als erfüllt angesehen hat (S. 2 oben der Beschwerdebegründung), beanstandet sie die rechtliche Subsumtion unter diese Rechtssätze, zeigt aber nicht auf, dass die Rechtsanwendung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruhe, der den oben genannten Rechtssätzen widerspräche.
b) Gleiches gilt, soweit die Beschwerde vorträgt, das Berufungsgericht sei von dem sinngemäß dem Urteil des Senats vom 28. Juni 2002 - BVerwG 5 C 8.01 - (Buchholz 436.0 § 111 BSHG Nr. 6 = FEVS 54, 1) zu entnehmenden Rechtssatz abgewichen, "dass für den Umfang eines Erstattungsanspruchs ausschließlich die konkret gewährten und nicht lediglich evtl. zu gewährende Sozialleistungen maßgeblich sind" (S. 3 oben der Beschwerdebegründung). Auch insoweit bezeichnet die Beschwerde keinen dem entgegenstehenden abstrakten Rechtssatz des Berufungsurteils; sie rügt lediglich eine mit der oben genannten Entscheidung aus ihrer Sicht unvereinbare Rechtsanwendung im Einzelfall, weil Sozialhilfekosten (darin enthalten auch Aufwendungen für Krankenhilfe) als erstattungsfähig anerkannt wurden, mit deren Entstehung der Beklagte nach Ansicht des Berufungsgerichts hat rechnen müssen, obwohl sich das Schreiben des Klägers vom 3. Juni 1997 nur auf Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen hat. Eine einem höchstrichterlicher Rechtsprechung zu entnehmenden Rechtssatz widersprechende Rechtsanwendung stellt aber keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar, solange das Berufungsgericht die Geltung dieses Rechtssatzes nicht in Frage gestellt hat.
3. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) unzureichender, aktenwidriger Sachverhaltswürdigung kann nicht festgestellt werden.
In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe bei seiner Schlussfolgerung, dass der Beklagte mit der Entstehung bestimmter Sozialhilfeaufwendungen habe rechnen müssen, "mangels ausreichender Würdigung des Akteninhalts verkannt, dass sowohl der erste Sozialhilfeantrag vom 19.08.1996 als auch der Bewilligungsbescheid vom 02.09.1996 dem Beklagten erst am 27.11.1997 zugingen" (S. 7 unten der Beschwerdebegründung). Damit stimmt das Berufungsurteil jedoch in tatsächlicher Hinsicht überein, indem festgestellt worden ist, dass "der Bewilligungsbescheid vom 2. September 1996 und der Antrag vom 19. August 1996 (dem Schreiben des Klägers vom 25. November 1997) beigefügt" war (S. 3 oben des Berufungsurteils); eine aktenwidrige Feststellung liegt daher nicht vor. Allerdings mag übersehen worden sein, dass der Beklagte, soweit es auf Unterlagen ankam, die ihm erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X zur Kenntnis gelangt waren, nicht schon vor Fristablauf mit der Entstehung von Sozialhilfekosten hatte rechnen können, auf die erst und allein auf Grund jener Unterlagen hätte geschlossen werden können; ein solches Übersehen würde jedoch, selbst wenn es die Fehlerhaftigkeit des Berufungsurteils begründete, nicht den von der Beschwerde bezeichneten Mangel einer "ordnungsgemäßen Feststellung der für die Fristen des § 111 SGB X erheblichen Daten" (S. 7 unten der Beschwerdebegründung) darstellen.
Soweit die Beschwerde rügt, dem Kläger sei durch das angegriffene Urteil ein höherer Erstattungsbetrag (15 946,64 DM) als durch die von ihm vorgelegten Berechnungen (über 15 471,08 DM) zugesprochen worden (S. 8 oben der Beschwerdebegründung), fehlt - entgegen dem Begründungserfordernis aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO - jedwede Darlegung, worin diese - weder im Tenor noch in den Gründen des angegriffenen Urteils feststellbare, sondern wohl auf das über einen Betrag von 8 153,39 € (entspricht 15 946,64 DM) ergangene erstinstanzliche Urteil zurückgehende - Unstimmigkeit gründet, die überdies im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 2 GKG a.F.