Beschluss vom 13.09.2005 -
BVerwG 1 VR 5.05ECLI:DE:BVerwG:2005:130905B1VR5.05.0

Beschluss

BVerwG 1 VR 5.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. September 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Der Antrag des Antragstellers, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Januar 2003 zu ändern und die Aufhebung der Vollziehung des Bescheids des Antragsgegners vom 14. November 2002 anzuordnen, wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 2 500 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Nachdem der Antragsteller wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden war, wurde er durch Verfügung des Antragsgegners vom 14. November 2002 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Das von ihm beim Verwaltungsgericht angestrengte Verfahren auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz blieb ohne Erfolg. Der Antragsteller wurde daraufhin im April 2003 aus der Strafhaft in die Türkei abgeschoben. Seither hält er sich dort auf. Seine Klage gegen die Ausweisungsverfügung blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung über seine Revision (BVerwG 1 C 7.05 ) begehrt er mit dem vorliegenden Antrag, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ausweisungsverfügung vom 14. November 2002 und die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides durch die Abschiebung in die Türkei. Eine Begründung enthält die Antragsschrift nicht.

2 2. Der Antrag des Antragstellers ist nach § 80 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 3 VwGO zulässig. Aufgrund dieser Bestimmung kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Das Bundesverwaltungsgericht, bei dem das Revisionsverfahren hinsichtlich der Ausweisungsverfügung anhängig ist, ist als Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO berufen, über diesen Antrag zu entscheiden. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse für das vorliegende Begehren kann dem Antragsteller nicht deshalb abgesprochen werden, weil er nach der negativen Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts abgeschoben worden ist (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 17. Mai 2004 - BVerwG 1 VR 1.04 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 68 = InfAuslR 2005, 103; a.A. VGH Mannheim, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 13 S 195/05 - InfAuslR 2005, 313 m.w.N.). Solange über die Ausweisung und Abschiebungsandrohung nicht unanfechtbar entschieden ist, ist Eilrechtsschutz im vorrangigen Aussetzungsverfahren nach § 80 VwGO zu gewähren.

3 Der Antrag ist allerdings unbegründet. Eine Abänderung des bisher für die sofortige Vollziehung der Ausweisung maßgeblichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts, mit dem die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt wurde, ist nicht geboten. Veränderte Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO sind schon deshalb nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weil der Antragsteller seinen Abänderungsantrag nicht begründet und daher nicht dargetan hat, dass eine wesentliche Änderung der für die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts damals maßgebend gewesenen Umstände eingetreten ist. Der Senat hat gleichzeitig mit der Entscheidung über den Abänderungsantrag des Antragstellers den Rechtsstreit in der Hauptsache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um zu klären, ob dem Antragsteller ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 bzw. Art. 7 des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei zusteht und ob bei ihm ein dringender Fall im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vorlag. Der Ausgang des Verfahrens ist damit nach wie vor offen. Im Hinblick hierauf ist nicht ersichtlich, dass nunmehr überwiegende private Interessen des Antragstellers bestehen, die eine Abänderung des Eilbeschlusses rechtfertigen (vgl. Beschluss vom 17. Mai 2004 a.a.O.).

4 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Abänderungsverfahren beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.