Urteil vom 15.03.2006 -
BVerwG 1 D 11.05ECLI:DE:BVerwG:2006:150306U1D11.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 15.03.2006 - 1 D 11.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:150306U1D11.05.0]

Urteil

BVerwG 1 D 11.05

  • VG Braunschweig - 09.06.2005 - AZ: VG 12 A 4/04

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 15. März 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Heeren,
Zollbetriebsinspektor Schmitz
und Posthauptsekretär Reheuser
als ehrenamtliche Richter
sowie
Postoberrätin ...,
als Vertreterin der Einleitungsbehörde,
Rechtssekretär ...,
als Verteidiger
und
...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Die Berufung des Technischen Fernmeldebetriebsinspektors ... gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 9. Juni 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I

1 1. Der Leiter der Niederlassung Technische Infrastruktur ... der Deutschen Telekom AG hat den ... Beamten mit Anschuldigungsschrift vom 21. April 2004 i.d.F. des Schriftsatzes vom 16. Juli 2004 angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
während seiner Abordnung vom Fernmeldeamt U. zum Fernmeldeamt M. in der Zeit vom 1. Juni 1994 bis zum 5. September 1996 in 28 Fällen wahrheitswidrige Angaben über Mietkosten gemacht und hierüber Mietquittungen vorgelegt hat, die lediglich zum Schein aus Gefälligkeit ausgestellt worden sind, wodurch er eine Überzahlung in einer Gesamthöhe von 36 773,34 DM zu Lasten der Deutschen Telekom erreicht und das auf diese Weise erlangte Geld unrechtmäßig vereinnahmt hat.

2 2. Das Verwaltungsgericht ... hat durch Urteil vom 9. Juni 2005 entschieden, dass der Beamte unter Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von sechs Monaten in Höhe von 75 v.H. seines erdienten Ruhegehalts aus dem Dienst entfernt wird. Es hat es als erwiesen angesehen, dass der Beamte die Behörde in dem angeschuldigten Zeitraum durch bewusst wahrheitswidrige Angaben zur Auszahlung ihm nicht zustehender Erstattungen und Entschädigungen in Höhe von zumindest weit über 10 000 DM veranlasst hat. Mit der festgestellten Handlungsweise betreffend den Vermieter W. habe der Beamte wiederholt und vorsätzlich seine dienstliche Wahrheitspflicht und seine Dienstpflichten zu uneigennütziger, gewissenhafter Amtsführung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt. Durch Umfang und Dauer seines betrügerischen Handelns gegenüber der Telekom sowie die Verstrickung seines Kollegen W. in seine Verfehlungen habe er ein so schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, dass die disziplinarische Höchstmaßnahme verhängt werden müsse. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor.

3 3. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt mit dem Antrag, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Zur Begründung trägt der Verteidiger im Wesentlichen vor:

4 Entgegen der Auffassung des Gerichts stehe ein Dienstvergehen nicht fest. Die Aussage des Zeugen .... W. sei nicht sonderlich glaubwürdig. Sie werde auch nicht dadurch glaubwürdiger, dass sich der Zeuge selbst strafrechtlich belasten würde, wenn er den Sachverhalt im Sinne des Beamten bestätigt hätte.

5 Selbst wenn von der Richtigkeit der Vorwürfe auszugehen wäre, käme die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht in Betracht. Der Beamte habe zu keiner Zeit versucht, bei seinem Dienstherrn zu dessen Nachteil einen Irrtum zu erregen. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass er ein Verfahren zur Begleichung seiner aufgrund der Tätigkeit in Ostdeutschland entstandenen Kosten gewählt habe, das vom Dienstherrn nicht nur geduldet, sondern das sogar das allgemein übliche Verfahren gewesen sei. Der Beamte habe sich ursprünglich erkundigt, ob er tägliche Fahrten abrechnen könne, was verneint worden sei. Seinerzeit sei den nach Ostdeutschland abgeordneten Beamten eine großzügige Reisekostenregelung versprochen worden und zwar dergestalt, dass vorgelegte Quittungen für Übernachtungskosten in Höhe von täglich 30 DM ungeprüft akzeptiert würden. Nach Lage der Dinge könne dem Beamten jedenfalls kein Betrug nachgewiesen werden, da es an dem Merkmal der vorsätzlichen Erregung eines Irrtums mangele.

6 Der Beamte sei seinerzeit davon ausgegangen, dass er eine pauschalierte Erstattung der ihm durch die Abordnung entstandenen Kosten durch Vorlage der Quittungen rechtmäßig habe erlangen können. Nach seiner Information seien diese Quittungen lediglich benötigt worden, um die auszuzahlenden Beträge ordnungsgemäß zu buchen. Mit abrechnungstechnischen Dingen kenne er sich nicht aus und habe lediglich dafür gesorgt, dass stets Quittungen vorgelegen hätten. Zu keiner Zeit habe er die Absicht gehabt, sich zu Lasten seines Dienstherrn zu bereichern.

7 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe der Betrug gegenüber dem Dienstherrn grundsätzlich ein geringeres disziplinares Gewicht als z.B. der Zugriff eines Beamten auf ihm amtlich anvertrautes oder dienstlich zugängliches Geld. In Fällen der betrügerischen Schädigung des Dienstherrn betreffe die Verfehlung ausschließlich oder doch überwiegend das dienstrechtliche Verhältnis des Beamten zu seiner Beschäftigungsstelle. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung und das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Beamten bei seiner Amtsführung nach außen hin würden in geringerem Maße beeinträchtigt als bei einem Zugriff auf amtlich anvertrautes Geld. Im vorliegenden Fall könne dem Beamten keine Betrugshandlung unterstellt werden. Das Disziplinarverfahren sei erst Jahre nach den angeschuldigten Vorfällen eingeleitet worden. Der Beamte versehe seitdem unbeanstandet seinen Dienst. Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beamten liege nicht vor. Selbst bei Nichtvorliegen anerkannter Milderungsgründe sei eine Entfernung aus dem Dienst völlig unangemessen.

II

8 Die Berufung des Beamten bleibt ohne Erfolg.

9 Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, das heißt auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).

10 Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt. Der Beamte bestreitet die Richtigkeit der erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen. Der Senat hat daher den Sachverhalt selbst zu ermitteln und disziplinarrechtlich zu würdigen.

11 1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel, der Aussage des Zeugen ... W. in der Berufungsverhandlung und der Einlassung des Beamten, soweit dieser gefolgt werden kann, ist von folgendem Sachverhalt und von folgender disziplinarrechtlicher Würdigung auszugehen:

12 Der ... Beamte war in der Zeit vom 6. Mai 1993 fortgesetzt bis zum 24. November 1996 von der Niederlassung U. zur Niederlassung M. mit Dienstort L. abgeordnet. Mit seinen Reisekosten- und Trennungsgeldabrechnungen anlässlich dieser Abordnungen machte der Beamte bei der für ihn zuständigen Reisekostenstelle mit Erfolg insbesondere Übernachtungskosten geltend, deren Entstehung er durch Vorlage von Quittungen betreffend „Übernachtungskosten ohne Frühstück“ belegte.

13 Der angeschuldigte Vorwurf wahrheitswidriger und darüber hinaus betrügerischer Kostenabrechnungen in 28 Fällen umfasst den Zeitraum 1. Juni 1994 bis 5. September 1996.

14 Für diesen Zeitraum machte der Beamte im Rahmen der Trennungsgeldgewährung Mietaufwendungen in Höhe von insgesamt 23 432 DM geltend, indem er für jeden Monat Quittungen des Privatvermieters „S. W., ...“ vorlegte, durch die dem Beamten bestätigt wurde, dort für einen bestimmten Betrag übernachtet zu haben. Die für diesen Zeitraum ausgestellten Einzelquittungen belaufen sich auf 8 x 900, 13 x 930 sowie jeweils 1 x 840, 870, 630, 600, 480, 120 und 602 DM. Dementsprechend wurden dem Beamten insgesamt 23 432 DM Übernachtungskosten bewilligt und ausgezahlt; zusätzlich erhielt er für den gleichen Zeitraum antragsgemäß Trennungsgeld, Reisebeihilfen für Familienheimfahrten und eine besondere Aufwandsentschädigung („Buschzulage“), die ihm bei täglicher Rückkehr an seinen Wohnort außerhalb des Beitrittsgebiets nicht zugestanden hätten.

15 In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Beamte eingeräumt, er habe bei dem Zeugen ... W. keine Privatunterkunft angemietet, sondern sei überwiegend jeweils arbeitstäglich von seinem Wohnort G. die etwa 82 km lange Strecke nach L. gefahren und nach Dienstschluss wieder an seinen Wohnort zurückgekehrt; wenn er auswärts genächtigt habe, dann entweder in einer Pension oder aber bei Kollegen.

16 Die Einlassung des Beamten in der Hauptverhandlung wird von den in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Aussagen des Zeugen ... W. bestätigt. Dieser hat vor dem Senat seine Aussage aus dem Untersuchungsverfahren wiederholt. Hiernach hat der Zeuge dem Beamten, der ein Kollege gewesen sei, eine Reihe von Blankoquittungen gegeben, die aber nicht dazu bestimmt gewesen seien, Unterkunftskosten zu belegen; denn der Beamte habe nie bei ihm gewohnt. Heute bereue er seinen Fehler; er wisse nicht, was ihn dazu veranlasst habe. Wegen dieser Angelegenheit habe er auch Ärger mit seinem Finanzamt gehabt; dort sei die Angelegenheit inzwischen aber erledigt.

17 2. Durch das festgestellte Verhalten hat der Beamte in 28 Fällen vorsätzlich seine dienstliche Wahrheitspflicht (§ 54 Satz 3 BBG) und seine Dienstpflicht zu uneigennützigem Verhalten (§ 54 Satz 2 BBG) verletzt. Als damals schon langjährigem Beamten war ihm bekannt, dass er in dienstlichen Angelegenheiten wahrheitsgemäße Angaben zu machen hatte (vgl. dazu allgemein z.B. Urteile vom 18. Dezember 1980 - BVerwG 1 D 89.79 - BVerwGE 73, 121 <122> und vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - m.w.N.). Die von dem Beamten in dem streitbefangenen Zeitraum ausgefüllten und unterschriebenen Formulare zur Abrechnung von Reisekosten und Trennungsgeld enthielten den Zusatz: „Ich versichere pflichtgemäß die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorstehenden Angaben. Die eingesetzten Kosten sind mir wirklich entstanden bzw. wären mir bei der Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel entstanden.“ Die von dem Beamten unterschriebenen Mitteilungen nach § 3 TGV lauteten: „Ich versichere pflichtgemäß die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorstehenden Angaben“. In einem Antrag auf Zuschuss zum Übernachtungsgeld zur Höhe der tatsächlichen Übernachtungskosten von 900 DM hat der Beamte außerdem durch handschriftlichen Zusatz u.a. erklärt: „Nach Rücksprache beim Fremdenverkehrsverband und Anfrage bei mehreren Pensionen wurde keine günstigere Unterkunft gefunden.“ Dass die Angaben und Belege in Bezug auf die Unterkunftskosten der Wahrheit entsprechen mussten, wusste der Beamte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus seiner Behauptung, es sei Praxis gewesen, bei der Abrechnung „großzügig“ zu verfahren (vgl. dazu Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.). Es mag sein, dass der Beamte aufgrund ihm erteilter Auskünfte von einer großzügigen Abwicklung seiner Anträge ausgehen durfte; aber dass ihm die Erstattung tatsächlich von ihm nicht erbrachter Auslagen zugesagt worden ist, behauptet selbst er nicht. Etwaige Großzügigkeit bei der Bewilligungspraxis entband nicht von der Verpflichtung zur Abgabe wahrheitsgemäßer Erklärungen. Sie konnte sich nur auf die Höhe der anerkennungsfähigen Kosten beziehen. Die Belege aber mussten den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Entsprechendes gilt für die angebliche Antwort der zuständigen Sachbearbeiterin auf eine telefonische Nachfrage des Beamten, ob die erste Abrechnung unter Vorlage einer Quittung des Zeugen ... W. so in Ordnung gehe. Der Beamte behauptet in diesem Zusammenhang nunmehr erstmals, er sei davon ausgegangen, dass sich die Abrechnungsstelle der Unrichtigkeit der vorgelegten Belege bewusst gewesen sein müsse, nachdem er mehrere Monate zuvor die Absicht kundgetan habe, pendeln zu wollen. Der Beamte mag sich auf diese Weise vergewissert haben, dass seine schriftlichen Angaben, deren Richtigkeit er versichert hatte, nicht weiter nachgeprüft und in Frage gestellt würden. Dass er bei dieser Gelegenheit ausdrücklich daran erinnert oder klargestellt hätte, sich tatsächlich anders verhalten zu haben, seine Angaben und seine Versicherung also unrichtig seien, hat er mit seinen unklaren Äußerungen in der Hauptverhandlung vor dem Senat durchaus nicht behauptet, ebenso wenig wie eine eindeutige Antwort des Inhalts, dass dieses Vorgehen rechtens sei. Alles andere aber vermag einen entschuldbaren Irrtum nicht zu begründen. Allein schon der Umstand der späteren Nachfrage lässt vielmehr erkennen, dass der Beamte, sollte es sich so zugetragen haben, wie er es nunmehr behauptet, sich dessen bewusst gewesen ist, dass es bei seiner Vorgehensweise nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Im Übrigen handelt es sich zur Überzeugung des Senats bei dieser erstmaligen Einlassung um einen ebenso unglaubhaften wie unglaubwürdigen Versuch, angesichts der ungünstigen Beweislage eine neue Schutzbehauptung zu konstruieren.

18 3. Der Beamte hat auch jeweils betrügerisch gehandelt, indem er sich einer als Betrug oder Betrugsversuch zu wertenden Schädigung oder Gefährdung des Vermögens der Deutschen Telekom AG schuldig gemacht hat (vgl. zu entsprechenden Pflichtverletzungen von Telekombeamten Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.). Er hat bezüglich seiner dienstlichen Tätigkeit in L. reisekosten- und trennungsgeldrechtlich bewusst unwahre Erklärungen abgegeben und hat zum Nachweis ihm angeblich entstandener Unterkunftskosten echte, aber inhaltlich falsche Quittungen vorgelegt. Dadurch ist der Telekom auch ein entsprechender Schaden entstanden. Aufgrund seiner falschen Angaben hat der Beamte nicht nur zu Unrecht 23 432 DM Übernachtungskosten, sondern auch weitere Leistungen der Telekom erhalten, die ihm von Rechts wegen nicht zustanden. Die dem Beamten unberechtigt zugeflossenen Leistungen in dem Anschuldigungszeitraum belaufen sich auf insgesamt 36 773,34 DM. Bei korrekter Abrechnung entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten hätten ihm wegen der Begrenzung gemäß § 6 Abs. 4 Halbs. 1 TGV in den für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Mai 1999 geltenden Fassungen keine Entschädigungen für die Pkw-Benutzung sowie Trennungstagegeld zuzüglich Verpflegungszuschuss zugestanden, sondern nur das in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a TGV vorgesehene Trennungstagegeld der Reisekostenstufe A in Höhe von 22,20 DM je Arbeitstag, wie dies die Einleitungsbehörde in ihrem Schriftsatz vom 16. Juli 2004 nachträglich im Ergebnis zutreffend berücksichtigt, dort freilich zu Unrecht auf § 6 Abs. 4 TGV i.V.m. § 4 Abs. 2 TGV gestützt hat. § 11 Abs. 2 BRKG war nicht über § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 TGV anzuwenden, da die Anwendung der Verweisungsnorm (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 TGV) ihrerseits gemäß § 6 Abs. 4 Halbs. 2 TGV ausgeschlossen war. Auch die steuerfreie Aufwandsentschädigung war gemäß I.4. der dafür maßgeblichen Richtlinien des Bundesministeriums des Innern vom 9. Dezember 1993 (geltend ab 1. Januar 1994) und vom 2. Dezember 1994 (geltend ab 1. Januar 1995) nicht zu gewähren. Der angeschuldigte Zeitraum umfasst 509 Arbeitstage; ob die arbeitstäglich zurückzulegende Strecke G.-L.-G. 164 km oder einige Kilometer mehr oder weniger betrug, spielt insoweit keine Rolle.

19 Der Beamte hatte auch von Anfang an die Absicht, sich in einer Höhe, die zwar geringer ist, größenordnungsmäßig jedoch der Höhe des von der Telekom berechneten Gesamtschadens vergleichbar ist, auf deren Kosten zu Unrecht zu bereichern. Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf die angeblich „sehr großzügige Abrechnungspraxis“ und den mangelnden Schaden der Telekom beruft, kann ihn dies nicht entlasten. Zwar fehlt es an einer Bereicherungsabsicht, wenn der Vermögensvorteil nur eine notwendige, vom Täter höchst unerwünschte Nebenfolge eines von ihm erstrebten anderen Erfolgs darstellt (vgl. Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Dem Beamten war klar, dass die Abrechnung nicht entstandener Übernachtungskosten einschließlich der Geltendmachung von Reisebeihilfen, Trennungsgeld etc. zu einer „nicht unerwünschten“ Überzahlung führen musste. Es kann ihm nicht abgenommen werden, er habe geglaubt, dass die Vorlage der Quittungen nur aus buchungstechnischen Vereinfachungsgründen erforderlich gewesen sei und ihre inhaltliche Richtigkeit keine Bedeutung gehabt habe. Die Einlassungen des Beamten sind auch insoweit als Schutzbehauptungen zu werten.

20 4. Das vorsätzlich begangene Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) wiegt so schwer, dass die von der Vorinstanz ausgesprochene Entfernung des Beamten aus dem Dienst (§ 11 BDO) nicht zu beanstanden ist.

21 Die Verwaltung ist bei ihren Entscheidungen im personellen und fürsorgerischen Bereich auf die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit ihrer Bediensteten angewiesen. Das gilt insbesondere dann, wenn diese dienstrechtliche Ansprüche geltend machen. Wie jedes personalintensive Unternehmen kann auch die Deutsche Telekom AG nicht jeden ihrer Bediensteten einzeln überwachen und muss schon aus Gründen der Sparsamkeit bestrebt sein, bei der Betreuung ihrer Bediensteten den personellen und materiellen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Deshalb lässt sie sich auch die Vollständigkeit und Richtigkeit der Antragsangaben schriftlich versichern. Ein Beamter, der trotz dieser Versicherung seine Sorgfaltspflichten schuldhaft verletzt, offenbart damit ein nicht unerhebliches Maß an Pflichtvergessenheit und belastet das Vertrauensverhältnis, das Grundlage eines jeden Beamtenverhältnisses ist, regelmäßig nachhaltig.

22 Der Senat vertritt zwar in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Betrug gegenüber dem Dienstherrn, hier gegenüber der Telekom, grundsätzlich ein geringeres disziplinarisches Gewicht hat als z.B. der Zugriff des Beamten auf ihm amtlich anvertrautes oder dienstlich zugängliches Geld. In den Fällen von Betrugshandlungen, die sich auf den innerdienstlichen Bereich beschränken, richtet sich deshalb die Disziplinarmaßnahme nach besonderen Umständen des Einzelfalles. Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beamten, die seine Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht, hat der Senat aber dann angenommen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat selbst besonders hoch ist (z.B. besonders kriminelle Tatintensität, erheblich eigennützige Motive, missbräuchliche Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener spezieller Kenntnisse, besonders hoher Schaden), wenn neben der Betrugshandlung eine weitere Verfehlung mit erheblichem disziplinaren Eigengewicht (z.B. Urkundenfälschung, Vorteilsannahme) hinzutritt oder wenn es sich um einen Wiederholungsfall handelt und durchgreifende Milderungsgründe im Einzelfall fehlen (stRspr, z.B. Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.). Im vorliegenden Fall sind erhebliche Erschwernisgründe gegeben, die die Entfernung des Beamten aus dem Dienst unausweichlich machen.

23 Zu Lasten des Beamten ist zunächst der hohe Schaden von über 35 000 DM zu berücksichtigen, den er der Telekom durch betrügerisches Verhalten zugefügt hat. Dieser Schaden übersteigt erheblich die Schwelle von 10 000 DM, ab der der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die ungefähre Grenze zum besonders hohen Schaden gesehen hat.

24 Erschwerend sind auch die Dauer und Häufigkeit des Fehlverhaltens zu werten. Der Beamte hat über einen Zeitraum von Juni 1994 bis Anfang September 1996 monatlich wiederkehrend - in 28 Fällen - falsche Mietquittungen vorgelegt. Er hätte jederzeit von seinem pflichtwidrigen Handeln Abstand nehmen können, ohne befürchten zu müssen, dadurch seine früheren Verfehlungen aufzudecken; stattdessen hat er sich immer aufs Neue zu weiteren Betrugshandlungen entschlossen.

25 Ein weiterer Erschwerungsgrund ist darin zu sehen, dass der Beamte einen Dritten in seine betrügerischen Machenschaften einbezogen hat. So hat er den Zeugen ... W. veranlasst, ihm aus Gefälligkeit 28 Blankoquittungen auszuhändigen, die er dazu benutzt hat, abredewidrig inhaltlich unrichtige Übernachtungsquittungen auszustellen. Besonders schwer wiegt, dass der Beamte hierbei die Gutmütigkeit, Unerfahrenheit und das Entgegenkommen des Zeugen, der zudem sein Arbeitskollege war, aus Eigennutz in krimineller Weise missbraucht hat. Die Gefälligkeit des Zeugen hat diesem überdies zumindest Schwierigkeiten mit dem Finanzamt eingetragen und hätte für ihn durchaus auch weitere Probleme nach sich ziehen können.

26 5. Milderungsgründe, die ein Absehen vom Ausspruch der Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Die langjährige und im Übrigen - auch nach der Tatentdeckung - ohne Beanstandungen abgeleistete Dienstzeit des Beamten mit guten dienstlichen Beurteilungen und die ihm gewährten Leistungszulagen können an dem durch erhebliche eigennützige Motive gekennzeichneten disziplinarischen Gewicht des Dienstvergehens nichts ändern (vgl. z.B. Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.). Die Tatsache, dass der straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beamte nach Aufdeckung seiner Verfehlungen nicht vom Dienst suspendiert worden ist, kann ebenfalls nicht mildernd berücksichtigt werden. Dies ist ständige Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.) und stützt sich auf den Umstand, dass die Frage der weiteren Tragbarkeit eines Beamten im öffentlichen Dienst von den Disziplinargerichten zu beurteilen ist und die Weiterbeschäftigung auf Gründen (z.B. betriebwirtschaftlicher Art) beruhen kann, die disziplinarrechtlich nicht von Bedeutung sind. Der eingetretene Vertrauensverlust wird dadurch nicht nachträglich beseitigt.

27 Zwar liegen die Verfehlungen des Beamten inzwischen bereits mehr als zehn Jahre zurück. Dies allein ist aber kein Grund für eine Maßnahmemilderung oder Verfahrenseinstellung, zumal es auch nach neuem Recht (vgl. § 15 BDG) bei einer verwirkten Höchstmaßnahme kein Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gibt. Eine unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens ist ebenfalls nicht gegeben. Die Einleitungsverfügung datiert vom 15. Oktober 2001. Seitdem wird das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung betrieben. Im Übrigen kann eine lange Verfahrensdauer lediglich bei Disziplinarmaßnahmen, die wie z.B. die Degradierung eine Pflichtenmahnung bewirken sollen, zum Ausspruch einer milderen als der eigentlich verwirkten Maßnahme führen, nicht hingegen dann, wenn in Anbetracht der Schwere des Vergehens und - wie hier - des endgültigen Vertrauensverlusts die Beendigung des Dienstverhältnisses geboten ist (vgl. z.B. Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.).

28 Auch der von dem Beamten geltend gemachte Umstand, er habe den Eindruck gehabt, die Abrechnung der Übernachtungskosten werde von der Telekom „großzügig“ praktiziert, scheidet jedenfalls dann als Milderungsgrund aus, wenn es sich - wie hier - um ein betrügerisches Vorgehen über einen längeren Zeitraum handelt (vgl. Urteil vom 22. Februar 2005 a.a.O.).

29 6. Mit dem von der Vorinstanz bewilligten Unterhaltsbeitrag hat es sein Bewenden. Insoweit wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen. Dies gilt auch für die Hinweise zu den notwendigen Bemühungen um eine neue Beschäftigung. Der Senat macht nochmals darauf aufmerksam, dass sich die Bemühungen um eine neue und gegebenenfalls auch einfachere Beschäftigung nicht auf die Meldung bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend beschränken dürfen. Der Beamte ist gehalten, sich fortwährend - d.h. mehr als einmal in der Woche - z.B. auf Arbeitsplatzangebote in den Tageszeitungen oder im Internet zu bewerben und auch selbst - beispielsweise durch eigene Stellengesuche - initiativ zu werden. Der Nachweis dieser Bemühungen und deren Erfolglosigkeit sind Voraussetzungen einer etwaigen Weiterbewilligung des Unterhaltsbeitrags gemäß § 110 Abs. 2 BDO nach Antragstellung beim zuständigen Verwaltungsgericht.

30 Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO.