Beschluss vom 15.04.2008 -
BVerwG 6 B 62.07ECLI:DE:BVerwG:2008:150408B6B62.07.0

Beschluss

BVerwG 6 B 62.07

  • VG Oldenburg - 07.09.2007 - AZ: VG 7 A 797/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. April 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge
und Dr. Graulich
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 7. September 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg, weil die aufgeworfene Rechtsfrage auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann.

2 Der Kläger wendet sich gegen seine von Amts wegen verfügte Entlassung als Soldat, der aufgrund seiner Wehrpflicht Wehrdienst leistet, aus der Bundeswehr. Für klärungsbedürftig hält er die Frage, ob die Entlassung - wie vom Verwaltungsgericht für zutreffend gehalten - aufgrund von § 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 WPflG in der hier anwendbaren Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Bundeswehr - Bundeswehrneuausrichtungsgesetz - vom 20. Dezember 2001 (BGBl 2001 I 4013, ber. 2002 I 1542) ausgesprochen werden konnte, oder ob sie gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 WPflG - nur auf seinen Antrag hin - hätte erfolgen dürfen.

3 Nach den nicht durch eine Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts war der Kläger im Zeitpunkt seiner Entlassung zum 27. November 2002 vorübergehend wehrdienstunfähig, weil „für die depressive Entwicklung des Klägers im Zusammenhang mit der Waffenausbildung zu Recht die Gesundheitsziffer V 13 vergeben worden ist“ (Urteil S. 8/9). Die vorübergehende Wehrdienstunfähigkeit verpflichtet gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 WPflG zur Zurückstellung und begründet somit eine zwingende Wehrdienstausnahme im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2. WPflG. Diese Entlassung wird von Amts wegen verfügt und bedarf im Unterschied zu derjenigen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 WPflG nicht der Mitwirkung des Wehrpflichtigen durch Antragstellung (Beschluss vom 16. Februar 1981 - BVerwG 8 CB 88.80 - Buchholz 448.0 § 29 WPflG Nr. 19).

4 Die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 WPflG ist vorliegend auch nicht etwa durch den als speziellere Norm anzusehenden § 29 Abs. 2 Satz 2 WPflG ausgeschlossen. Der vom Kläger vertretenen Ansicht ist nicht zu folgen, wonach § 29 Abs. 2 Satz 2 WPflG als speziellere Norm in denjenigen Fällen dem § 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 WPflG vorgeht, in denen die zugrunde gelegte Gesundheitsstörung erst nach Dienstantritt eingetreten ist. Dies hätte zur Folge, dass in Fällen vorübergehender Wehrdienstunfähigkeit die Entlassung nicht mehr von Amts wegen, sondern nur noch auf Antrag des Wehrpflichtigen verfügt werden könnte. Dieses Auslegungsergebnis ist weder mit der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Entlassungsregelungen in § 29 WPflG zu vereinbaren. In § 29 Abs. 1 WPflG sind ausschließlich Fälle geregelt, in denen eine Entlassung von Amts wegen auszusprechen ist, währen § 29 Abs. 2 Satz 2 WPflG einen antragsabhängigen Entlassungsgrund formuliert. Die Systematik des Gesetzes spricht dafür, diese Fälle jeweils eigenständig und nicht in einem inhaltlichen Vorrangverhältnis zueinander zu verstehen. Nach Sinn und Zweck ist die dem Wehrpflichtigen anheimgegebene alternative Entscheidung für oder gegen den Verbleib in der Bundeswehr dann nicht möglich, wenn ein zwingender Entlassungsgrund nach § 29 Abs. 1 WPflG vorliegt. Es stünde dem Zweck der Regelung in § 29 Abs. 1 WPflG entgegen, auf dem Umweg über § 29 Abs. 2 Satz 2 WPflG in einem solchen Fall dem Wehrpflichtigen die Verfügungsmacht über einen etwaigen Verbleib bei der Bundeswehr zuzubilligen.

5 Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen, weil er es ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Der Streitwert bestimmt sich nach § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.