Beschluss vom 15.05.2008 -
BVerwG 2 B 77.07ECLI:DE:BVerwG:2008:150508B2B77.07.0

Beschluss

BVerwG 2 B 77.07

  • OVG Rheinland-Pfalz - 30.04.2007 - AZ: OVG 10 A 11603/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Mai 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Das Gesuch, den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts St., die Richter am Oberverwaltungsgericht H., M., Dr. F. und B. sowie die Richterin am Oberverwaltungsgericht S. abzulehnen, wird verworfen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die ausschließlich auf Verfahrensfehler i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 1. Zu Unrecht sieht der Kläger einen Verfahrensfehler darin begründet, dass das Berufungsgericht den auf Neubeurteilung durch den Vertreter des bisherigen Beurteilers gerichteten Hauptantrag unter Hinweis auf die insoweit eingetretene Rechtskraft der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als unzulässig verworfen hat. Diese Rüge betrifft keinen Verfahrensfehler. Der Kläger beanstandet in der Sache vielmehr die Anwendung des materiellen Rechts durch das Berufungsgericht. Dieses ist mit Blick auf seine Zulassungsentscheidung im Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 10 A 11041/06.OVG - zu der materiellrechtlichen Einschätzung gekommen, dass der beim Verwaltungsgericht und auch beim Berufungsgericht wortgleich gestellte Hauptantrag gemäß § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig abgelehnt worden ist. Materiellrechtliche Bewertungen können nicht Gegenstand einer Verfahrensrüge i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sein. Sinn der Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels ist vielmehr die Kontrolle des äußeren Verfahrensganges, nicht des inneren Vorganges der richterlichen Rechtsfindung (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266).

3 2. Die weitere in diesem Zusammenhang erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe Anlass gehabt, die vermeintlich im Zulassungsverfahren ausgeklammerten Rechts- und Tatsachenfragen im Rahmen des § 91 VwGO zu erörtern, ist ebenfalls unbegründet. Denn von Amts wegen ist eine Klageänderung ohne Einwilligung der Beteiligten nur zuzulassen, wenn Sachdienlichkeit gegeben ist. Ob dies der Fall ist, hängt von der materiellrechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts ab. Einen Antrag auf Klageänderung hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht gestellt.

4 3. Keine verfahrensrechtliche Rüge i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO enthält der Vortrag des Klägers, das Berufungsgericht habe für den Eintritt der Teilrechtskraft einen unzutreffenden Zeitpunkt angenommen. Wann und in welchem Umfang Rechtskraftwirkung i.S.d. § 121 VwGO eintritt, unterliegt einer materiellrechtlichen Beurteilung des Gerichts. Unterläuft dem Gericht dabei ein Fehler, so wäre dies ein Verstoß gegen materielles Recht, der nicht mit der Verfahrensrüge beanstandet werden kann.

5 4. Unbegründet ist ferner die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO gestützte Rüge, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen; dieser Verfahrensmangel ergebe sich daraus, dass das Oberverwaltungsgericht (in anderer Besetzung) das Gesuch des Klägers, die mit der Berufungssache befassten Richter St., H. und M. abzulehnen, mit Beschluss vom 28. März 2007 unter Verstoß gegen das Willkürverbot zurückgewiesen habe.

6 Grundsätzlich ist die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches durch das Berufungsgericht eine der Überprüfung im Revisionsverfahren entzogene unanfechtbare Vorentscheidung (§ 173 VwGO i.V.m. § 548 ZPO). Sie stellt daher grundsätzlich keinen Verfahrensfehler i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 9. November 2001 - BVerwG 6 B 59.01 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 29 m.w.N.). Die Rüge der unrichtigen Ablehnung eines Befangenheitsantrages ist aber ausnahmsweise in dem Maße beachtlich, als mit ihr die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht wird (Beschluss vom 9. November 2001 a.a.O. m.w.N.). Eine auf diese Weise verursachte fehlerhafte Besetzung der Richterbank setzt aber voraus, dass die Ablehnungsentscheidung auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts rechtfertigt (Beschluss vom 21. März 2000 - BVerwG 7 B 36.00 - juris Rn. 4). Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Die fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von willkürlicher Missdeutung kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinander gesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (stRspr, vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 3. November 1992 - 1 BvR 1243/88 - BVerfGE 87, 273 <278 f.> m.w.N.) An diesen Maßstäben gemessen ist der Beschluss vom 28. März 2007 nicht zu beanstanden.

7 Das Gesuch des Klägers auf Ablehnung der mit der Berufungssache befassten Richter wurde mit dem einleitenden Rechtssatz begründet, der Kläger habe keinen Grund glaubhaft gemacht, Misstrauen gegen die Unvoreingenommenheit dieser Richter gemäß § 54 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 und § 44 Abs. 2 ZPO zu rechtfertigen. Dies ist nicht zu beanstanden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.>; Beschluss vom 11. Dezember 2007 - BVerwG 4 A 3001.07 - juris Rn. 15) ist das Oberverwaltungsgericht vielmehr davon ausgegangen, dass Befangenheit nur dann zu besorgen sei, wenn der Beteiligte die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis hat, der Richter werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden, wobei hierzu schon der böse Schein genüge. Für die Beurteilung der Befangenheit komme es wesentlich auf die konkreten Umstände des einzelnen Falles, insbesondere darauf an, ob angesichts besonderer konkretisierbarer Umstände nach der Verkehrsauffassung bzw. der Auffassung des gerecht und billig denkenden Bürgers die Unparteilichkeit noch ausreichend gewahrt erscheine.

8 Diesen zutreffenden rechtlichen Vorgaben entsprechend hat das Oberverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 28. März 2007 die Rüge des Klägers, die Entscheidungen der betroffenen Richter vom 19. Dezember 2006 über seinen Antrag auf Zulassung der Berufung und vom 17. Januar 2007 über seine Anhörungsrüge ließen derart schwere Rechtsfehler erkennen, die nur von der Voreingenommenheit ihm gegenüber erklärt werden könnten, zu Recht nur darauf hin geprüft, ob die dafür gegebenen Gründe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar, schlechthin untragbar, offensichtlich sachwidrig und eindeutig unangemessen sind. Im Einzelnen wurde sodann nachgezeichnet, aufgrund welcher rechtlichen Kriterien das Berufungsgericht über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung befunden hat:

9 a) Den Vorwurf, der Beurteiler des Klägers sei befangen gewesen, weil er ihn während des Beurteilungszeitraums zwar als „Erledigungsweltmeister“ und seine Entscheidungen als „bahnbrechende Meisterwerke“ bezeichnet habe, ohne dies allerdings in der Beurteilung auch nur ansatzweise zum Ausdruck zu bringen, hat das Gericht zutreffend mit dem Argument zurückgewiesen, dass nicht jeder Beurteilungsfehler die objektive Voreingenommenheit des Beurteilers belege und es nicht so sei, dass die in der Beurteilung abgegebenen reinen Werturteile zu den angeführten Äußerungen in einem „eklatanten Widerspruch“ stünden. Die Schlussfolgerung, die in dem Beschluss vom 28. März 2007 daraus gezogen wurde, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung über den Hauptantrag verstoße nicht gegen die zuvor selbst gesetzten Rechtsmaßstäbe und sei daher nicht willkürlich, ist nach den oben genannten Entscheidungskriterien zu der Frage, ob gegen das Willkürverbot verstoßen wurde, nicht zu beanstanden.

10 b) Dies gilt auch für die Beurteilung des für die Feststellung einer tatsächlichen Befangenheit maßgeblichen Zeitraums. Es ist nicht schlechthin untragbar, offensichtlich sachwidrig und eindeutig unangemessen, diese Frage mit der Dauer des Beurteilungsverfahrens zu verknüpfen und späteres Verhalten nur insoweit in den Blick zu nehmen, als daraus Rückschlüsse auf den maßgeblichen Zeitraum gezogen werden können, zumal dies der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht (vgl. Urteil vom 23. April 1998 - BVerwG 2 C 16.97 - BVerwGE 106, 318).

11 c) Die Willkürgrenze nicht überschritten hat der Beschlusssenat auch mit der Feststellung, es bestehe kein eklatanter Widerspruch zwischen der angefochtenen und der vorausgegangenen dienstlichen Beurteilung des Klägers. Denn es wurde kein Leistungsabfall festgestellt. Ob die vom Kläger behaupteten Belobigungen während des Beurteilungszeitraums in der angefochtenen Beurteilung hinreichend berücksichtigt und gewürdigt wurden, kann dahin stehen. Auch wenn die Beurteilung in dieser Hinsicht fehlerhaft wäre, wäre die Willkürgrenze bei weitem nicht erreicht. Von offensichtlicher Sachwidrigkeit oder einem schlechthin untragbaren Ergebnis könnte auch bei einer solchen Annahme keine Rede sein.

12 d) Nach den an der Beachtung des Willkürverbotes orientierten Maßstäben ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Befangenheitsantrag des Klägers auch hinsichtlich seiner Rüge abgewiesen wurde, die Entscheidung über die Zulassung der Berufung verstoße gegen § 54 Abs. 1 VwGO und § 47 Abs. 1 ZPO. Nach der zuletzt genannten Vorschrift darf ein Richter, dessen Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit beantragt ist, vor der Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur unaufschiebbare Handlungen vornehmen. Darüber hinausgehende Handlungen sind ihm untersagt. Das Berufungsgericht hat nicht gegen dieses Verbot verstoßen. Der Befangenheitsantrag des Klägers ist beim Oberverwaltungsgericht am 4. Januar 2007 eingegangen. Die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung stammt vom 19. Dezember 2006. Zu diesem Zeitpunkt war den betroffenen Richtern der Ablehnungsantrag somit noch nicht bekannt.

13 e) Kein Verstoß gegen das Willkürverbot ist ferner darin zu sehen, dass das Oberverwaltungsgericht die rechtliche Behandlung des im Antrag auf Zulassung der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangels der prozessrechtswidrigen Ablehnung des Beweisantrages mit dem Ziel der Vernehmung des Vizepräsidenten M. bzw. der damit verbundenen Aufklärungsrüge nicht als willkürlich eingestuft hat, sondern lediglich als angreifbar. Dieser Einschätzung ist nichts hinzuzufügen; denn die Zuordnung der klägerischen Prozesshandlungen durch das Berufungsgericht mag nicht sachdienlich oder sogar in Verkennung der Rechtslage erfolgt sein, willkürlich in dem aufgezeigten Sinne ist sie jedenfalls nicht.

14 f) Das Gleiche gilt für die Bewertung des Vergleichs der Arbeitsquote des Klägers mit anderen Richtern in dem Zulassungsbeschluss. Es mag sein, dass dieser Quotenvergleich vordergründig und in der Sache unzutreffend ist; er ist aber jedenfalls nicht in dem Maße fehlerhaft, dass angenommen werden könnte, das Oberverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung über das Befangenheitsgesuch mit der beanstandeten Begründung willkürlich gehandelt.

15 5. Unbegründet ist auch die Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe dem in § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO geregelten Anhörungsgebot nur unzureichend Rechnung getragen. Soweit das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers durch Beschluss wegen Unzulässigkeit verworfen hat, sieht die Beschwerde den Anhörungsfehler darin, dass keine erneute Anhörung erfolgt ist, obwohl der Kläger nach der ersten Anhörung ein Ablehnungsgesuch gestellt habe.

16 Grundsätzlich hat die Rüge einer Verletzung der Anhörungspflicht Erfolg, wenn eine Anhörung zu dem beabsichtigten vereinfachten Berufungsverfahren gänzlich unterblieben ist. Denn eine Entscheidung im Verfahren nach § 130a VwGO setzt gemäß Satz 2 der Vorschrift eine Anhörung nach § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO voraus. Hat das Berufungsgericht hingegen - wie im vorliegenden Verfahren am 27. April 2007 - eine (erste) Anhörung durchgeführt, so bedarf es einer zweiten Anhörung nur, wenn sich nach der ersten Anhörung die Prozesssituation möglicherweise entscheidungserheblich verändert hat. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein Beteiligter nach der ersten Anhörung einen Beweisantrag stellt (Beschluss vom 22. Juni 2007 - BVerwG 10 B 56.07 - juris Rn. 8, m.w.N.). In einem solchen Fall wird das Gericht seiner Anhörungspflicht in der Regel nur dadurch gerecht, dass es den Beteiligten durch eine erneute Anhörungsmitteilung i.S.d. § 130a VwGO i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die unverändert beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss und damit darauf hinweist, dass es dem Beweisantrag nicht nachgehen werde (Beschlüsse vom 10. April 1992 - BVerwG 9 B 142.91 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 5, vom 3. Februar 1993 - BVerwG 11 B 12.92 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 10, jeweils m.w.N. und vom 22. Juni 2007 a.a.O.). Sinn und Zweck des § 86 Abs. 2 VwGO ist es, einerseits das Gericht zu veranlassen, sich vor Erlass der Sachentscheidung über die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags schlüssig zu werden, und andererseits die Beteiligten auf die durch die Ablehnung des Beweisantrags entstandene prozessuale Lage hinzuweisen. Gleiches wird durch die erneute Anhörung erreicht; dadurch wird insbesondere dem Beweisführer die Einschätzung ermöglicht, wie das Gericht seinen nach der ersten Anhörung gestellten Beweisantrag bewertet (Urteile vom 28. Juni 1983 - BVerwG 9 C 15.83 - Buchholz 312 EntlG Nr. 32 und vom 16. März 1994 - BVerwG 11 C 48.92 - Buchholz 442.151 § 46 StVO Nr. 10). Mit dieser Rechtsprechung vergleichbar ist ein nach der ersten Anhörung gestelltes Ablehnungsgesuch. Auch diese Prozesshandlung kann eine entscheidungserhebliche Veränderung der Prozesssituation herbeiführen. Die Beteiligten haben Anspruch darauf, zu erfahren, ob das Gericht trotz des Ablehnungsgesuches an seinem Vorhaben festhält, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

17 Von der erneuten Anhörung kann das Berufungsgericht jedoch verfahrensfehlerfrei absehen, wenn das Vorbringen nicht den Anforderungen genügt, die erfüllt sein müssen, um dem Gericht überhaupt Veranlassung zu geben, sich damit zu befassen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen; er verpflichtet das Gericht nicht, seine Sachentscheidung zurückzustellen um Ausführungen zu erörtern, auf die es aus seiner Sicht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt. Deshalb erübrigt sich eine erneute Anhörung beispielsweise, wenn das Vorbringen unsubstantiiert ist, neben der Sache liegt oder früheren Vortrag lediglich wiederholt. Maßgeblich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit ist hierbei die sachlich-rechtliche Auffassung des Berufungsgerichts. Hält das Berufungsgericht an einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung fest, muss sich allerdings aus den Entscheidungsgründen seines Beschlusses ergeben, dass es die Ausführungen des Beteiligten zur Kenntnis genommen und seinen Vortrag vorher auf seine Rechtserheblichkeit geprüft hat.

18 Diesen Erfordernissen genügt der angefochtene Beschluss. Eine erneute Anhörungsmitteilung war entbehrlich. Die im Gesuch vom 27. April 2007 abgelehnten Richter Dr. F., B. und die Richterin S. sind keine Mitglieder des zur Entscheidung über die Berufung berufenen Spruchkörpers. Sie waren lediglich an dem Beschluss über das Befangenheitsgesuch gegen die Mitglieder des Berufungsgerichts beteiligt. Auf die Entscheidung über die Berufungsanträge hat die Frage ihrer Befangenheit keinerlei rechtlichen Einfluss. Zudem hat sich das Berufungsgericht mit dem Befangenheitsgesuch in den Entscheidungsgründen hinreichend auseinander gesetzt.

19 6. Unbegründet ist auch die Rüge, das Berufungsgericht habe im Verfahren nicht erörterte Gesichtspunkte zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, so dass die Berufungsentscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO beruhe.

20 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet, dass ein Beteiligter durch eine gerichtliche Entscheidung im Rechtssinne „überrascht“ wird. Eine Überraschungsentscheidung im Rechtssinne liegt vor, wenn das Gericht seiner Entscheidung tragend eine Rechtsauffassung zugrunde legt, die weder im Verwaltungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und die etwa in ihrer Spezialität zunächst als fern liegend anzusehen ist und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (Urteil vom 19. Juli 1985 - BVerwG 4 C 62.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 170, Beschlüsse vom 23. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 80.91 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241 und vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 6 B 60.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 16). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

21 a) Keine Überraschungsentscheidung stellt die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts über den Umfang der Rechtskraftwirkung dar. Sie war vorhersehbar; denn sie entspricht ohne Weiteres dem Gesetz. Mit der Ablehnung der Zulassung der Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Hauptantrag trat in diesem Umfang im Wege der Teilrechtskraft nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO eine Bindungswirkung i.S.d. § 121 VwGO ein. Zutreffend weist das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hin, nach der auf ein späteres Verhalten des Beurteilers nur abgestellt werden dürfe, soweit daraus Rückschlüsse auf den maßgeblichen Zeitraum gezogen werden könnten (Urteil vom 23. April 1998 a.a.O.).

22 b) Keine Überraschungsentscheidung ist ferner darin zu sehen, dass es das Berufungsgericht, wohl mit Blick auf die § 121 Halbs. 2 VwGO enthaltene Beschränkung der Rechtskraftwirkung auf den entschiedenen Streitgegenstand, ausdrücklich verneint hat, dass keine einzelne Rechtsfrage aus der Berufungszulassung ausgeklammert worden sei und dies näher begründet hat. Denn bereits im Beschluss über den Zulassungsantrag vom 19. Dezember 2006 wurde dieser Gesichtspunkt erörtert (vgl. den Beschlussabdruck S. 4).

23 c) Die Voraussetzungen für die Annahme eines Überraschungsurteils sind auch nicht darin begründet, dass das Berufungsgericht angeblich die Einwände des Klägers, die vermeintlich für die Befangenheit des Beurteilers sprechen, nicht zur Kenntnis genommen haben soll. Die vom Kläger zum Nachweis des Gehörsverstoßes erwähnte Formulierung auf Seite 16 des angefochtenen Beschlusses „obwohl er insofern in tatsächlicher Hinsicht nichts vorträgt, für das es hierauf ankäme“ ist nicht so zu verstehen, dass das Gericht diesen Vortrag ausgeblendet, mithin nicht beachtet hat. Diese Passage ist, was sich ohne Weiteres aus dem sprachlichen Kontext ergibt, so zu verstehen, dass der Kläger bei zutreffender Betrachtungsweise keine die subjektive Annahme seiner Besorgnis der Befangenheit des Beurteilers rechtfertigenden Tatsachen dargelegt hat.

24 d) Keine Überraschungsentscheidung stellt die Wiedergabe des Vortrags des Klägers, auf die die Beschwerde auf Seite 51 durch wörtliche Wiedergabe Bezug nimmt, dar. Die Aufnahme dieser Argumente des Klägers in den Tatbestand der Entscheidung stellt keine rechtliche Bewertung dar, sondern ist im Gegenteil Ausdruck rechtlichen Gehörs.

25 e) Schließlich enthält der Berufungsbeschluss auch mit der Erwägung, dem Dienstherrn dürfe nicht vorgeschrieben werden, durch wen die neue Beurteilung zu erstellen sei, keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör. Denn dieses Argument gibt - für sich genommen - dem Rechtsstreit keine Wende, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten.

26 7. Nach der vorstehenden Erörterung erübrigt es sich, auf die weitere Verfahrensrüge des Klägers, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze und gegen das Willkürverbot, einzugehen.

II

27 Das Ablehnungsgesuch ist unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuständig. Die abgelehnten Richter gehören dem Bundesverwaltungsgericht nicht an (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). Ein Fall des § 45 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO ist nicht gegeben. Soweit in diesem Zusammenhang zugleich die Rüge erhoben wird, mit der Behandlung des Ablehnungsgesuchs im Nichtabhilfebeschluss vom 20. Juli 2007 als offensichtlich rechtsmissbräuchlich habe das Berufungsgericht den Kläger verfahrensfehlerhaft i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO seinem gesetzlichen Richter i.S.v. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entzogen, ist nicht ersichtlich, dass seine Entscheidung willkürlich war oder auf einem vergleichbar schweren Mangel beruht, der in der Sache die Rüge der nicht vorschriftsgemäßen Besetzung rechtfertigt. Insoweit kann auf die Ausführungen oben unter 2. verwiesen werden, die sinngemäß auch hier gelten. Das Berufungsgericht hat die zutreffenden Voraussetzungen für ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch benannt und ein solches unter mehreren nebeneinander stehenden Gründen als gegeben angesehen. Die dabei im Einzelnen erfolgten rechtlichen Wertungen mögen zwar nicht der Rechtsauffassung des Klägers entsprechen, willkürlich sind die deshalb aber keineswegs.

III

28 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 2 GKG.