Beschluss vom 15.09.2016 -
BVerwG 4 B 40.16ECLI:DE:BVerwG:2016:150916B4B40.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.09.2016 - 4 B 40.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:150916B4B40.16.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 40.16

  • VG Köln - 22.04.2013 - AZ: VG 8 K 5769/11
  • OVG Münster - 28.06.2016 - AZ: OVG 7 A 1371/13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. September 2016
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz und Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

4 1. Die Beschwerde misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,
ob die für eine Mehrzahl von Maschinen erteilte Baugenehmigung dadurch unwirksam wird, dass in deren funktioneller Verbindung unbekannter Art und unbekannter Wesentlichkeit mit einer weiteren Anlage außerhalb des Gegenstands der Genehmigung eine funktionale technische Veränderung unbekannter Auswirkung eintritt.

5 Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Dabei mag offen bleiben, ob die Frage in der vorliegenden Fassung überhaupt grundsätzlicher Klärung zugänglich wäre. Jedenfalls verfehlt die Beschwerde die tatrichterliche Würdigung der streitgegenständlichen Genehmigung. Danach war die funktionelle Verbindung der schon vor Erlass der Genehmigung vorhandenen und später demontierten Kältemaschine und der weiteren Kältemaschinen Gegenstand der streitgegenständlichen Zulassungsentscheidung (BA S. 6). Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht insbesondere auf die Betriebsbeschreibung der Beigeladenen verwiesen. Diese Auslegung der Zulassungsentscheidung ist für den Senat bindend, weil die Beschwerde insoweit keine Verfahrensrügen geltend gemacht hat (BVerwG, Urteile vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 8 Rn. 74). Nach § 137 Abs. 2 VwGO könnte daher in einem Revisionsverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass sich die während des gerichtlichen Verfahrens demontierte Anlage "außerhalb des Gegenstands der Genehmigung" befand, wie die Beschwerde annimmt.

6 2. Die Beschwerde möchte weiter grundsätzlich klären lassen,
ob die mögliche funktionale Änderung des Gegenstands der Baugenehmigung aus Anlass subjektiver und objektiver Drittwirkungen eine prozessuale Erledigung der Hauptsache auf andere Weise mit sich bringt.

7 Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Demontage der vorhandenen Kältemaschine "aus Anlass subjektiver und objektiver Drittwirkungen" erfolgt ist. Es hat vielmehr einen Eingriff in die Bausubstanz angenommen, der zur Erledigung der Baugenehmigung auf sonstige Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW führe, weil er die Identität des Vorhabens berühre. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

8 II. Die Beschwerde ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Beschwerde legt entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht dar, dass die angegriffene Entscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der von ihr angenommene "schwere Rechtsanwendungsfehler" erfüllt die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht.

9 III. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

10 1. Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht eine Verletzung seiner prozessualen Fürsorgepflicht vor. Denn es habe die Möglichkeit bestanden, die Klage nach § 91 Abs. 1 VwGO in dem Sinne zu ändern, dass die neue Baugenehmigung an die Stelle der alten Baugenehmigung trete. Dieser Vorwurf geht fehl, weil es nicht Sache des Gerichts, sondern Sache des Klägers gewesen wäre, seine Klage nach § 91 Abs. 1 VwGO zu ändern.

11 Hiervon unabhängig lag ausweislich des Telefonvermerks des Berichterstatters beim Oberverwaltungsgericht vom 13. Juni 2016 offenbar keine Genehmigung für die neu montierte Kälteanlage vor. Für die von ihm beabsichtigte Klageänderung hätte es dem Kläger daher zunächst oblegen, beim Oberverwaltungsgericht auf ein Abwarten des Abschlusses des Genehmigungsverfahrens hinzuwirken. Dass er dies getan hätte, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar.

12 2. Auch die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge bleibt ohne Erfolg. Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1987 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Jedenfalls an letzterem fehlt es. Die Beschwerde legt weder dar, dass der Kläger nach dem Hinweisschreiben des Berichterstatters beim Oberverwaltungsgericht vom 15. März 2016 auf eine weitere Sachaufklärung hingewirkt hat, noch, dass sich dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 20.10.2016 -
BVerwG 4 B 45.16ECLI:DE:BVerwG:2016:201016B4B45.16.0

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BVerwG 4 B 45.16

  • VG Köln - 22.04.2013 - AZ: VG 8 K 5769/11
  • OVG Münster - 28.06.2016 - AZ: OVG 7 A 1371/13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss vom 15. September 2016 - 4 B 40.16 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO hat keinen Erfolg. Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Fortführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2 Die Anhörungsrüge wirft dem Senat vor, Schriftsätze aus dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Dies führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Ein Verfahrensmangel ist in der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 1 VwGO nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert und schlüssig dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 20. Februar 2014 - 8 B 64.13 - juris Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, unzureichende Ausführungen der Nichtzulassungsbeschwerde zum Anlass zu nehmen, das Prozessgeschehen aus der Vorinstanz zu ermitteln (BVerwG, Beschluss vom 8. März 1962 - 5 B 92.61 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 39) und auf etwaige Verfahrensfehler hin zu prüfen.

3 Der Kläger hat in seiner Nichtzulassungsbeschwerde als Verstoß gegen die prozessuale Fürsorgepflicht beanstandet, die Annahme einer Erledigung habe dem erkennenden Senat des Oberverwaltungsgerichts "keinen zwingenden Anlass (gegeben), eine Beendigung des Verfahrens zu erwirken (...)". Dieser sei gehalten gewesen, "das Verfahren statt prozedural weiter zur Sache zu fördern". Hinsichtlich der "Anregung des Klägers, weiterhin um eine Problemlösung bemüht zu sein", habe sich die Vorinstanz pflichtwidrig darauf beschränkt, "dies abzuwehren". Auf die Möglichkeit des Abwartens einer neuen Baugenehmigung habe der Kläger "hingewiesen", dies sei "zwanglos" möglich gewesen. Diese, kaum geordneten Ausführungen hat der Senat zur Kenntnis genommen, aber als nicht ausreichend substantiiert gewürdigt. Die Kritik des Klägers an dieser Würdigung führt schon deshalb nicht zum Erfolg der Anhörungsrüge, weil das Verfahren nach § 152a VwGO nicht dazu dient, die Rechtsauffassung des Senats zu den Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen zu überprüfen (BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 3 B 3.09 - juris Rn. 5).

4 Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass auch unter Würdigung der Anhörungsrüge und der von ihr wiedergegebenen Schriftsätze ein Verfahrensfehler der Vorinstanz nicht schlüssig dargelegt ist. Auch in diesen Schriftsätzen hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht beantragt, den Ausgang des laufenden Genehmigungsverfahrens abzuwarten. Es fehlt eine nachvollziehbare rechtliche Darlegung, warum das Oberverwaltungsgericht in einer solchen Situation gehindert gewesen sein könnte, das als entscheidungsreif angesehene Verfahren abzuschließen. Der Verweis der Nichtzulassungsbeschwerde auf eine prozessuale Fürsorgepflicht "als Ausfluss (...) des Anspruchs (...) auf rechtliches Gehör" genügt insoweit nicht.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.