Beschluss vom 15.10.2008 -
BVerwG 3 B 71.08ECLI:DE:BVerwG:2008:151008B3B71.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.10.2008 - 3 B 71.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:151008B3B71.08.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 71.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 29.04.2008 - AZ: OVG 13 A 4996/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Antrag auf Zulassung der Revision hat keinen Erfolg. Auf der Grundlage der Darlegungen der Klägerin ergibt sich die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht.

2 Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufgeworfen sowie ein Grund dafür angegeben werden, weshalb diese Rechtsfrage im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedarf. Dazu reicht der Hinweis, die Rechtsfrage sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, unter Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils darzulegen, warum der Rechtsstandpunkt der Vorinstanz prinzipiell überprüfungsbedürftig ist.

3 Die Klägerin wirft zwar die Rechtsfragen auf, ob § 105 Abs. 5 AMG (in der vom Berufungsgericht herangezogenen, bis zum Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes geltenden Fassung) eine Präklusionswirkung entfaltet und ob die Vorschrift insoweit den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Sie setzt sich aber nicht ansatzweise näher mit den ausführlichen Erwägungen des Berufungsgerichts auseinander, das eine solche Präklusionswirkung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte angenommen und auch deren Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht geprüft und bejaht hat (UA S. 26 bis 35). Die Klägerin beschränkt sich vielmehr auf den Einwand, die Auslegung der Norm sei uneinheitlich. Zum Beleg macht sie geltend, das Berufungsgericht habe ausweislich der Entscheidungsgründe den Materialien zu der späteren Gesetzesänderung Hinweise dazu entnommen, wonach der Gesetzgeber offenbar selbst davon ausgegangen sei, dass § 105 Abs. 5 AMG bis zu der Änderung keine Präklusionsvorschrift enthalten habe; außerdem führt sie zwei ebenfalls in diese Richtung zeigende Literaturstellen an. Damit lässt sich eine Klärungsbedürftigkeit nicht begründen. Anstatt eine vom Berufungsgericht bereits berücksichtigte Erwägung zu wiederholen, hätte die Klägerin sich (unter anderem) mit den Gründen auseinandersetzen müssen, aus denen das Berufungsgericht dieser Erwägung nicht gefolgt ist. Ebenso reicht es zur Darlegung einer Klärungsbedürftigkeit nicht aus, dass - wie die Klägerin außerdem noch geltend macht - das Berufungsgericht in einer früheren Entscheidung noch nicht von einer Präklusionswirkung ausgegangen sei.

4 Unabhängig davon kommt den beiden Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie ausgelaufenes Recht betreffen. § 105 Abs. 5 AMG in der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Fassung ist durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 4. Juli 2000 (BGBl I S. 1002) geändert worden. Dies gilt zwar nicht für Satz 2 der Vorschrift; allerdings sind die Modalitäten der Fristsetzung (Satz 1) geändert und es ist vor allem eine ausdrückliche Präklusionsklausel eingefügt worden (Satz 3). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen bei ausgelaufenem Recht trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig (s. nur Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 m.w.N.). Die Klägerin macht insoweit nur geltend, dass es auf die Rechtsfragen auch bei diversen anderen Nachzulassungsverfahren ankomme, bei denen die Rechtslage vor dem Zehnten Änderungsgesetz maßgeblich sei. Das reicht zur Darlegung der Voraussetzungen für die ausnahmsweise Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung trotz ausgelaufenen Rechts nicht aus.

5 Sollte die Beschwerdebegründung so zu verstehen sein, dass die Klägerin außerdem die Frage nach dem von ihr angesprochenen Verhältnis zwischen § 105 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 AMG in der Fassung des Zehnten Änderungsgesetzes für grundsätzlich bedeutsam hält, lässt sich darauf eine Zulassung nicht stützen, weil im vorliegenden Fall auf der Grundlage der Rechtsansicht des Berufungsgerichts die frühere Fassung des § 105 Abs. 5 AMG (ohne Satz 3) maßgeblich ist. Die Neufassung spielt dabei nur insoweit eine Rolle, als sie einen Anhaltspunkt für die richtige Auslegung der früheren Fassung liefern kann. Insoweit ist aber keine selbstständige Frage aufgeworfen, sondern nur ein Teilaspekt der Frage wiederholt, ob schon § 105 Abs. 5 Satz 2 AMG in der früheren Fassung eine Präklusionswirkung entfaltet (dazu oben).

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.