Beschluss vom 16.02.2012 -
BVerwG 4 A 4001.12ECLI:DE:BVerwG:2012:160212B4A4001.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.02.2012 - 4 A 4001.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:160212B4A4001.12.0]

Beschluss

BVerwG 4 A 4001.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Februar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen das Urteil des Senats vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4001.10 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Rügeverfahrens tragen die Kläger - die Kläger zu 1 und 2, 4 und 5, 11 und 12, 13 und 14, 17 und 18, 19 und 20, 22 und 23, 25 und 26, 27 und 28, 32 und 33, 34 und 35 jeweils als Gesamtschuldner - zu je 1/23.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Zu Unrecht machen die Kläger geltend, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Sie haben daher keinen Anspruch nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Fortführung des Klageverfahrens.

2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden; jedoch können besondere Umstände auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hindeuten, wenn entscheidungserhebliches Vorbringen nicht hinreichend erwogen wurde. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt auch keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.>; stRspr). Die Vorschrift verpflichtet die Gerichte insbesondere nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juli 2011 - 1 BvR 3269/10 - juris Rn. 3). Gemessen hieran sind die von den Klägern erhobenen Gehörsrügen unbegründet.

3 1. Die Kläger machen geltend, der Senat habe sich nicht substantiiert mit ihren Einwendungen gegen die dem Nachtflug-Gutachten zugrunde gelegten Wachstumsraten auseinander gesetzt (II. der Anhörungsrüge):

4 1.1 In Rn. 64 des Urteils sei der Senat davon ausgegangen, dass die Hochrechnung mit den aus der Masterplan-Prognose abgeleiteten Wachstumsraten eine geeignete Methode zur Ermittlung des Nachtflugaufkommens in 2020 auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld sei. Das sei aber gerade nicht der Fall. Bereits in ihrem Schriftsatz vom 21. Dezember 2010 (S. 40) hätten sie dargelegt - was im Übrigen unstreitig sei -, dass die Masterplan-Prognose keine Differenzierung zwischen Tag- und Nachtflugverkehr enthalte (Anhörungsrüge S. 6).

5 Ein Gehörsverstoß ergibt sich aus diesem Vortrag nicht. Der Senat hat selbst dargelegt, dass die zeitliche Lage der Verkehrsströme (Tag/Nacht) in den vorhandenen Quelle-Ziel-Matrizes nicht hinterlegt sei (UA Rn. 64). Er ist lediglich nicht der Rechtsauffassung der Kläger gefolgt, dass die Masterplan-Prognose aus diesem Grund keine geeignete Grundlage für die Ableitung von verkehrssegmentspezifischen Wachstumsraten sei. Er hat die Hochrechnung mit einheitlichen Wachstumsraten für Tag und Nacht (UA Rn. 72) gebilligt, weil die ihr zugrunde liegende Hypothese, dass sich im Prognosezeitraum zwar das Aufkommen des jeweiligen Verkehrssegments, nicht aber die zeitliche Struktur innerhalb des Segments und damit das Verhältnis von Tag- und Nachtflügen ändere, plausibel sei (UA Rn. 65).

6 1.2 Auf Seite 160 ff. ihrer Klagebegründung hätten sie im einzelnen dargelegt, dass die Wachstumsraten des Nachtflugverkehrs in den Segmenten Touristik, Low-Cost-Verkehr, sonstiger Kontinentalverkehr und Interkontinentalverkehr deutlich über den Wachstumsraten dieser Segmente für den gesamten Tag lägen; die Wachstumsraten in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr seien sogar noch höher. Der Senat habe diesen überproportionalen Anstieg mit den Effekten der Glättung erklärt, ohne sich mit ihrem Vortrag auseinander zu setzen, dass die Glättung ein reines Rechenmodell sei. Sie hätten vorgetragen, dass es im Sommerflugplan 2008 für den Flughafen Berlin-Schönefeld Interkontinentalflüge nur zu Zielen in der Türkei und für den Flughafen Tegel in der Nacht nur einen Interkontinentalflug nach Doha gegeben habe. Sie hätten auch vorgetragen (S. 60 ff. des Schriftsatzes vom 21. Dezember 2010), dass die von Air Berlin und Lufthansa geplanten Interkontinentalverbindungen (Bangkok, Boston, Kapstadt, New York, Miami, Los Angeles, Peking, Fort Myers, Toronto, Washington) bislang auch bei einer Betriebszeit bis 23:00 Uhr erreicht würden. Die Glättung sei damit nicht plausibel (Anhörungsrüge S. 12).

7 Auch damit zeigen die Kläger einen Gehörsverstoß nicht auf. Mit ihrem Vortrag auf S. 160 ff. der Klagebegründung hat sich der Senat in Rn. 72 des Urteils auseinandergesetzt. Aus den Kontrollrechnungen der Kläger für die verschiedenen Verkehrssegmente hat er exemplarisch den besonders aufkommensstarken Low-Cost-Verkehr herausgegriffen, für den Intraplan zudem den höchsten Anstieg zwischen 23:00 und 6:00 Uhr prognostiziert hatte (280 %). Er hat dargelegt, dass das im Verhältnis zum Gesamtverkehr (Tag und Nacht) überproportionale Wachstum des Nachtflugverkehrs rechnerisch eine Folge der Glättung sei. Dass die Glättung ein statistisches Verfahren (UA Rn. 73) ist, das nicht nach den Gründen für konkrete nächtliche Flugverbindungen fragt, hat er dabei nicht verkannt. Er hat jedoch die der Glättung zugrundeliegende Annahme als plausibel angesehen, dass sich mit einer Freigabe der Halbstundensegmente 23:00 bis 23:30 Uhr und 5:30 bis 6:00 Uhr ein Teil der bislang in Tegel vor 23:00 Uhr und nach 6:00 Uhr aufgestauten Verkehre in die freigegebenen Segmente verlagern würde (UA Rn. 71). Die Ausführungen der Kläger zum bisherigen und zum geplanten Interkontinentalverkehr gaben keinen Anlass, dies in Frage zu stellen. Dass derzeit Flüge zu den von Air Berlin und Lufthansa geplanten Interkontinental-Destinationen auf anderen Flughäfen nicht in den Halbstundensegmenten liegen, aus denen Flüge „hinausgeglättet“ werden, bedeutet nicht, dass die zusätzliche Nachfrage, die die künftigen Verbindungen rechtfertigen würde, nicht jedenfalls teilweise in der Nachtzeit liegen wird. Im Kern bestreiten die Kläger nicht die von Intraplan prognostizierte Nachfrage nach nächtlichem Interkontinentalverkehr, sondern das Vorliegen betrieblicher oder struktureller Gründe für die Durchführung dieser Flüge gerade während der Nacht. Hiermit hat sich der Senat in Rn. 114 des Urteils auseinandergesetzt.

8 1.3 Auf Seite 37 f. ihres Schriftsatzes vom 21. Dezember 2010 hätten sie vorgetragen, dass Intraplan bei ihren Gutachten ein reines Nachfragemodell verfolge. Damit setzten sich die Entscheidungsgründe nicht auseinander (Anhörungsrüge S. 12).

9 Dies war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich. Der Senat hat in Rn. 50 des Urteils ausgeführt, dass die Darlegung einer Nachfrage notwendige Voraussetzung für die Zulassung von Nachtflugbetrieb sei; sie allein genüge für die Zulassung von Nachtflugbetrieb jedoch nicht. Die Verkehrsinteressen seien nur dann geeignet, sich im Wege der Abwägung gegen die Lärmschutzinteressen der Anwohner durchzusetzen, wenn es ausgehend von den Gegebenheiten des Luftverkehrsmarktes betriebliche oder strukturelle Gründe dafür gebe, den Verkehr gerade in den Nachtrandstunden abzuwickeln. Auf das Intraplan-Gutachten haben sich der Beklagte und ihm folgend der Senat nur zum Nachweis der Nachfrage nach Nachtflügen (2.1 der Entscheidungsgründe) gestützt. Das Vorliegen betrieblicher oder struktureller Gründe für die Durchführung von Nachtflugverkehr hat der Senat ausgehend von den Darlegungen des Beklagten im Planergänzungsbeschluss gesondert geprüft (2.3 der Entscheidungsgründe).

10 1.4 Auf Seite 22 f. des Schriftsatzes vom 31. August 2011 hätten sie dargelegt, dass sich die in Tab. 3-8 der Masterplan-Prognose abgebildeten Wachstumsschwerpunkte in der Nachtflug-Prognose gerade nicht wiederfänden. Die Masterplan-Prognose gehe davon aus, dass im Bereich der so genannten Hub-Flüge und der direkten Interkont-Flüge nicht der Hauptschwerpunkt des Angebotswachstums des BER liege. Vielmehr werde das Segment „Linie konventionell Europa“ am stärksten wachsen. Das Nachtflug-Gutachten prognostiziere demgegenüber für den Bereich der Interkont-Flüge das deutlich stärkste Wachstum, während im Bereich der (Linien-)Kontinentalflüge ein nur durchschnittliches Wachstum prognostiziert werde. Dieses Vorbringen sei in den Entscheidungsgründen nicht berücksichtigt worden (Anhörungsrüge S. 13 - 17).

11 Die Rüge ist unbegründet. Der Senat hat den Vortrag der Kläger zu den behaupteten Widersprüchen zwischen Tab. 3-8 der Masterplan-Prognose und den Wachstumsraten, die dem Nachtflug-Gutachten zugrunde gelegt wurden, zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Er hat - ausgehend von dem in Rn. 59 seines Urteils vom 13. Oktober 2011 dargelegten Prüfungsmaßstab für Verkehrsprognosen - ausgeführt, dass die Hochrechnung mit den aus der Masterplan-Prognose abgeleiteten Wachstumsraten eine geeignete Methode zur Ermittlung des Nachtflugaufkommens in 2020 auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld sei (UA Rn. 64). Für den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld habe die Masterplan-Prognose für das Jahr 2020 33,2 Mio. Passagiere und 367 000 Flugbewegungen prognostiziert. Sie weise die Flugbewegungen nicht segmentspezifisch aus, sondern unterscheide lediglich zwischen Passagierverkehr, Fracht/Post und Allgemeiner Luftfahrt. Den Gesamtbewegungszahlen liege jedoch eine Erfassung der Flugbewegungen je Flughafen mit folgenden Angaben zugrunde: von Flughafen, nach Flughafen, Verkehrsart (Passage, Fracht, sonstige), Airline (Allianz), Anzahl Passagiere, Anzahl t Fracht, Anzahl Flugbewegungen. Mit diesen Zusatzinformationen ließen sich die Flugbewegungen den für das Nachtflug-Gutachten definierten Verkehrssegmenten zuordnen. Dass Intraplan die Flugbewegungen in der Masterplan-Prognose teilweise nach anderen Gesichtspunkten aggregiert habe - so seien z.B. Hub-Flüge im Sinne der dortigen Tab. 3-8 nur Interkontinentalflüge und mit den Hub-Feeder-Flügen des Nachtflug-Gutachtens nicht zu vergleichen -, stelle die Plausibilität dieses Vorgehens nicht infrage (UA Rn. 66).

12 Leitend für die Überzeugung des Senats, dass die Ableitung von Wachstumsraten aus der Masterplan-Prognose eine geeignete Prognosemethode sei, war mithin, dass sich die verkehrssegmentspezifischen Wachstumsraten in der von Intraplan beschriebenen Weise aus den für die Masterplan-Prognose ermittelten Flugbewegungsdaten errechnen lassen. Die Tab. 3-8 der Masterplan-Prognose gab schon deshalb keinen Anlass, an der Korrektheit dieser Berechnungen zu zweifeln, weil die Segmente in dieser Tabelle - wie in Rn. 66 des Urteils dargelegt - teilweise nach anderen Gesichtspunkten gebildet worden waren als im Nachtflug-Gutachten. Bereits aus diesem Grund lassen sich die Verkehrssegmente der Tab. 3-8 der Masterplan-Prognose einerseits und des Nachtflug-Gutachtens andererseits nicht ohne weiteres miteinander vergleichen. Zudem weist die Tab. 3-8 nicht die Entwicklung der Flugbewegungen 2005 : 2020 für die dort gebildeten Verkehrssegmente aus; sie ist keine Darstellung der Ergebnisse der Masterplan-Prognose, sondern bildet einen Teil des Kapitels 3 „Prognoseprämissen“. Sie gibt „Rahmenbedingungen für die Angebotsentwicklung“ (Masterplan-Prognose S. 26, 35) wieder, die in die Entwicklung der Prognoseflugpläne der Flughäfen eingeflossen sind (a.a.O. S. 39 oben). Die Schwerpunkte der Angebotsentwicklung wurden aus gegenwärtigem Angebot und künftigen Rahmenbedingungen des jeweiligen Flughafens abgeleitet und mit einem groben Raster zusammenfassend bewertet („++“, „+“, „(+)“, „o“). Wie die Bemerkungen der letzten Spalte zeigen, erfolgte die Bewertung insbesondere mit Blick auf die Verkehrsfunktion des Flughafens, seine Infrastruktur und seinen Einzugsbereich. Die auf dieser Grundlage erstellten Prognoseflugpläne wurden anschließend nachjustiert (a.a.O. S. 40 Bemerkung (7), ferner S. 24). Schon deshalb verbietet sich eine Gleichsetzung der Bezeichnungen „++“, „+“, „(+)“, „o“ in der Tab. 3-8 mit bestimmten Wachstumsraten im Prognoseergebnis. Die Bezeichnungen beinhalten im Übrigen - wie Intraplan dargelegt hat (Stellungnahme vom 28. Januar 2011 S. 16 - 19) - nicht nur Erwartungen hinsichtlich der Zahl der Flugbewegungen, sondern auch hinsichtlich der Qualität des Angebots, insbesondere der Zahl der angebotenen Ziele. Dass die Zahl der Flugbewegungen im Interkont-Verkehr ausgehend von einer relativ geringen absoluten Zahl in 2008 - wie im Nachtflug-Gutachten angenommen - prozentual stark wachsen wird (Steigerungsfaktor 2,6), bedeutet hiernach nicht, dass sich der Interkont-Verkehr auch zu einem erstrangigen Angebotsschwerpunkt des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld entwickeln wird; eine Hub-Funktion wird insoweit - wie in der Spalte „Bemerkungen“ der Tab. 3-8 erläutert - nur für Nordasien erwartet. Ebenso wenig muss, wenn die Tab. 3-8 für den Bereich „Linie konv. Europa“ im Vergleich zu den anderen Verkehrssegmenten das stärkste Angebotswachstum („++“) ausweist, dieser Bedeutungszuwachs auch mit dem stärksten Zuwachs der Flugbewegungen einhergehen.

13 2. Die Kläger machen weiter geltend, dass eine prognostische Hochrechnung eines Nachtflugbetriebs auf der Grundlage eines auf den Flugplätzen bereits bestehenden Nachtflugbetriebs zwangsläufig zu weiterem „prognostischem“ Nachtflugbedarf führe. Dies hätten sie in der mündlichen Verhandlung und auf Seite 8 ihres Schriftsatzes vom 31. August 2011 dargelegt. In den Entscheidungsgründen sei diese Problematik nicht angesprochen worden (III. der Anhörungsrüge).

14 Hierzu bestand ausgehend vom rechtlichen Prüfungsmaßstab des Senats kein Anlass. Der Senat hat die Ermittlung des Nachtflugbedarfs - wie bereits dargelegt - in mehreren Schritten überprüft (UA Rn. 49 f.): Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Nachtflugbedarfs sei die Darlegung einer Nachfrage nach Nachtflugverkehr (2.1 der Entscheidungsgründe). Die Bedienung der Nachfrage müsse zudem von den Planungszielen, die die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens gerechtfertigt haben, umfasst sein (2.2 der Entscheidungsgründe). Die Darlegung einer Nachfrage sei notwendige Voraussetzung für die Zulassung von Nachtflugbetrieb; sie allein genüge für die Zulassung von Nachtflugbetrieb jedoch nicht. Die Verkehrsinteressen seien nur dann geeignet, sich im Wege der Abwägung gegen die Lärmschutzinteressen der Anwohner durchzusetzen, wenn es ausgehend von den Gegebenheiten des Luftverkehrsmarktes betriebliche oder strukturelle Gründe dafür gebe, den Verkehr gerade in den Nachtrandstunden abzuwickeln (2.3 der Entscheidungsgründe). Der Senat hat lediglich die Nachfrage nach Nachtflugverkehr durch die Nachtflugprognose als nachgewiesen angesehen (2.1 der Entscheidungsgründe). Grundlage der Nachtflugprognose war eine Bestandsaufnahme des Nachtflugbetriebs im Berliner Flughafensystem für das Jahr 2008 (UA Rn. 61). Dass die aktuell bereits vorhandene Nachfrage nach Nachtflügen auch für die Zukunft eine solche Nachfrage erwarten ließ, war ohne Weiteres plausibel. Dass insoweit auch ein Nachtflugbedarf besteht, hat der Senat allein aus der prognostizierten Nachfrage nicht geschlossen.

15 3. Die Kläger meinen, es sei sachfremd, wenn bei einem Prognosegutachten Annahmen zugrunde gelegt würden, deren Vorliegen erst das Ergebnis des Prognosegutachtens sein solle. Intraplan sei bei der Erstellung des Prognosegutachtens unstreitig davon ausgegangen, dass ein Nachtflugbetrieb notwendig sei; auf dieser Grundlage habe sie ihr Gutachten erstellt. Darauf hätten die Kläger auf S. 6 f. ihres Schriftsatzes vom 31. August 2011 hingewiesen (IV. der Anhörungsrüge).

16 Hierauf einzugehen war ausgehend von dem Prüfungsmaßstab des Senats nicht erforderlich. Der Senat hat das Intraplan-Gutachten - wie bereits dargelegt - nur zum Nachweis der Nachfrage nach Nachtflügen, nicht für die den Nachtflugverkehr rechtfertigenden betrieblichen oder strukturellen Gründe herangezogen.

17 4. Die Kläger rügen, dass der Senat Vortrag zur Gewichtung des Nachtflugbedarfs nicht berücksichtigt habe (V. der Anhörungsrüge).

18 4.1 In der Klagebegründung hätten sie an vielen Stellen dargelegt, dass das Gewicht des Nachtflugbetriebs in den einzelnen Verkehrssegmenten in den Nachtrandzeiten, insbesondere zwischen 23:00 und 23:30 Uhr, so gering sei, dass es sich gegen die Lärmschutzbelange der Anwohner nicht durchsetzen könne (Anhörungsrüge S. 21).

19 Der Senat hat das Vorbringen der Kläger zum Umfang des Nachtflugverkehrs in den einzelnen Verkehrssegmenten und zu seinem Anteil am Gesamtverkehr zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (UA Rn. 50, 53, 92, 96, 119, 124, 130, 136, 193, 194, 195). Dass er dieses Vorbringen rechtlich anders bewertet hat als die Kläger, verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht.

20 4.2 Auch bei der Umlaufplanung hätten sie auf Seite 147 ff. der Klagebegründung nachgewiesen, dass jedenfalls für die Zeitscheiben zwischen 23:00 und 23:30 Uhr sowie zwischen 5:30 und 6:00 Uhr nur ein geringfügiges Mehr an Umläufen abgewickelt werden könne, selbst wenn man entgegen der tatsächlichen Situation im weltweiten Luftverkehr für sämtliche Flughäfen die gleichen Betriebszeiten wie auf dem künftigen Flughafen Berlin-Schönefeld annehme (Anhörungsrüge S. 23). Sie hätten dargetan, dass bei 17 Betriebsstunden lediglich 6,3 Blockstunden (3,1 %) weniger möglich seien als bei 18 Betriebsstunden. Dies finde in den Entscheidungsgründen keine Berücksichtigung. Zwar setze sich die Entscheidung in Rn. 104 und 105 zunächst mit der Problematik des 17- und des 18-Stunden-Betriebes auseinander; bei der konkreten Gewichtung werde dann aber in Rn. 105 ebenso sowie im Planergänzungsbeschluss lediglich der 16- mit dem 18-Stunden-Betrieb verglichen (Anhörungsrüge S. 26).

21 Die Rüge ist unbegründet. Der Senat hat auch die Möglichkeiten der Umlaufplanung bei 17 Betriebsstunden in seine Erwägungen einbezogen. Wie in Rn. 102 der Entscheidungsgründe ausgeführt, hatte sich der Beklagte zur Darlegung des Nachtflugbedarfs - ergänzend zu den in Rn. 99 f. wiedergegebenen, vom Senat als tragfähig erachteten (Rn. 101) Erfordernissen der Umlaufplanung - auf die von Intraplan untersuchten repräsentativen Musterumläufe und die auf dieser Grundlage durchgeführten Modellrechnungen gestützt. Intraplan hatte die Blockstunden bei 16, 17, 18 und 19 Betriebsstunden verglichen und zwar ausgehend von der Prämisse, dass die gewählten Betriebszeiten sowohl für Berlin als auch für die Zielflughäfen gelten. Die Einwendungen der Kläger gegen diese Prämisse hat der Senat zurückgewiesen (UA Rn. 103). In der Modellrechnung führte eine Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 17 Stunden (+6,25 %) bei den Blockstunden zu einem Zuwachs von 11,2 %, eine Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 18 Stunden (+12,5 %) zu einem Zuwachs der Blockstunden von 19,5 % (Rn. 102). Die Kläger waren bei ihrer eigenen Berechnung der Blockstunden für einen 17-Stunden-Betrieb davon ausgegangen, dass die Zielflughäfen längere Betriebszeiten als der Berliner Flughafen haben (S. 147 ff. der Klagebegründung). Schon aus diesem Grund waren ihre Berechnungen nicht geeignet, die Plausibilität der Modellrechnung von Intraplan in Frage zu stellen. Im Übrigen geht es in Rn. 105 der Entscheidungsgründe nicht um den Vergleich der unterschiedlichen Betriebszeiten, sondern um die Aussagekraft der Musterumläufe und der Modellrechnung für die Erfordernisse einer effektiven Umlaufplanung und um die Frage, ob der Beklagte die Aussagekraft überschätzt haben könnte. Seine - nicht quantifizierte - Aussage im Planergänzungsbeschluss, dass bei 18 Betriebsstunden ein „deutlich effizienterer“ Flugbetrieb möglich sei als bei 16 Stunden, belegt lediglich, dass er die Aussagekraft nicht überschätzt hat.

22 5. Die Kläger halten die Auseinandersetzung des Senats mit ihrem Vorbringen zum Nachtflugbedarf im Interkontinentalverkehr für unzureichend (VI. der Anhörungsrüge).

23 5.1 Soweit es um die Nachfrage nach Interkont-Flügen geht, verweisen sie auf ihren Vortrag im Zusammenhang mit der Glättung (Anhörungsrüge S. 27). Wie unter 1.2 der Entscheidungsgründe des vorliegenden Beschlusses ausgeführt, haben sie mit diesem Vortrag einen Gehörsverstoß nicht dargelegt.

24 5.2 Auf Seite 180 ff. der Klagebegründung hätten sie vorgetragen, dass nach dem Sommerflugplan 2008 nur eine nächtliche Interkont-Verbindung nach Doha bestanden habe. Air Berlin wickle derzeit in Deutschland den gesamten Interkontinentalverkehr ohne Inanspruchnahme der Nachtzeit ab, insbesondere auf dem Flughafen Düsseldorf. Auch Lufthansa könne, wie die derzeitige Praxis auf dem Flughafen Tegel belege, den Interkontinentalverkehr am Tage durchführen. Diese konkrete Betrachtung des Interkontinentalverkehrs finde in den Entscheidungsgründen keine Berücksichtigung (Anhörungsrüge S. 33).

25 Der Senat hat den Vortrag zum Interkontinentalverkehr zur Kenntnis genommen und erwogen. In Rn. 114 und 115 hat er hierzu die aus seiner Sicht erforderlichen Ausführungen gemacht. Er hat u.a. darauf hingewiesen, dass es nicht nur darum gehe, den Flughafen überhaupt mit interkontinentalen Destinationen zu verbinden, sondern den Reisenden am Zielflughafen attraktive Anschlussverbindungen anbieten zu können; dies setze eine Einbindung in die dortigen Drehkreuze voraus (Rn. 114, vgl. auch Rn. 113). Bei der Kontrolle des vom Beklagten vorgenommenen Ausgleichs der gegenläufigen Belange hat er sich erneut mit dem - auch auf den Interkontinentalverkehr bezogenen - Einwand der Kläger auseinandergesetzt, dass die Planungsziele jedenfalls auch dann erreicht werden könnten, wenn der Flugverkehr auf die Zeit von 6:00 bis 23:00 Uhr beschränkt werde. Dass auch eine solche Beschränkung des Flugbetriebs das Ergebnis der Abwägung hätte sein können, bedeute - so der Senat in Rn. 199 der Entscheidungsgründe - nicht, dass die vom Beklagten festgelegten Betriebszeiten den Abwägungsspielraum überschritten; in den Nachtrandstunden bedürfe es für die Zulassung von Nachtflugbetrieb keiner „Erforderlichkeit“ im Sinne eines etwa unabweisbaren Bedarfs (Rn. 199, vgl. auch Rn. 106).

26 6. Die Kläger rügen schließlich, der Senat folge mit der Annahme, dass bereits heute die Beschränkung der Betriebszeit in Berlin-Tegel auf 6:00 bis 23:00 Uhr dazu führe, dass die vorhandene Nachfrage nach Hub-Feeder-Flügen nicht ausreichend befriedigt werden könne (UA Rn. 90), den Ausführungen im Planergänzungsbeschluss, ohne den klägerischen Vortrag zur Frage der Drehkreuze und der Hub-Feeder-Flüge auf Seite 129 ff. der Klagebegründung hinreichend zu berücksichtigen (VII. der Anhörungsrüge).

27 Das trifft nicht zu. Der Senat hat sich mit diesem Vortrag in Rn. 91 f. der Entscheidungsgründe auseinandergesetzt. Er ist der Auffassung der Kläger, dass Umsteigeverbindungen einen Nachtflugbedarf nicht begründen können, wenn auch eine Direktverbindung angeboten wird, und dass der Hub-Feeder-Verkehr auch zwischen 6:00 und 23:00 Uhr möglich sei, nicht gefolgt (UA Rn. 91 f.). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt darin nicht.

28 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 KV GKG; einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht.