Beschluss vom 16.04.2003 -
BVerwG 4 B 33.03ECLI:DE:BVerwG:2003:160403B4B33.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.04.2003 - 4 B 33.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:160403B4B33.03.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 33.03

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 05.12.2003 - AZ: OVG 20 D 174/98.AK

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. April 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht G a t z und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 225,84 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die Revision wegen der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen ist.
1. Die Frage, ob die "§§ 6 Abs. 2 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG mit Art. 8 EMRK vereinbar (sind), wenn bei Prüfung der Realitätsnähe von Lärmprognosen allein auf die Aussagen der betroffenen Flughafenbetreibergesellschaften zurückgegriffen wird", zielt, wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt, auf die Klärung der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Verkehrsprognose. Ihretwegen bedarf es indessen nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens; denn der Senat hat bereits rechtsgrundsätzlich geklärt, dass die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodisch fachgerecht erstellt sein muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <355>). Es versteht sich von selbst, dass diesem Erfordernis auch eine Prognose genügen muss, die der Flughafenbetreiber in das Planfeststellungsverfahren eingebracht hat. Die Beschwerde beanstandet in Wahrheit, dass die Vorinstanz hinter den Anforderungen der Senatsrechtsprechung zurückgeblieben sei und sich namentlich nicht mit den Ausführungen des gegenwärtigen und des früheren Geschäftsführers der Beigeladenen zu 2 in der mündlichen Verhandlung hätte zufrieden geben dürfen, wonach weder zur Zeit des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch später eine auch nur einigermaßen fundierte Erwartung gegeben gewesen sei, dass der Flughafen einen Verkehr mit Flugzeugen über 20 t in den Klassen PROP 2 und S 5 anziehe (Urteilsabdruck S. 19). Mit Angriffen gegen die "Richtigkeit" der vorinstanzlichen Entscheidung kann der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargetan werden. Er erfordert vielmehr die Herausarbeitung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 1998 - BVerwG 7 B 73.98 - <juris>).
Die Frage, ob "es mit § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vereinbar (ist), Lärmimmissionen, die wegen Fehlens einer Kontrollzone, deren Errichtung aber nicht gänzlich ausgeschlossen erschien, nicht in der Abwägung zu berücksichtigen", nötigt ebenfalls nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Es ist grundsätzlich geklärt, dass sich die Abwägungsbeachtlichkeit bei Planungen aller Art auf solche Betroffenheiten beschränkt, die - erstens - mehr als geringfügig, - zweitens - in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und - drittens - für die planende Stelle als abwägungsbeachtlich erkennbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979 - BVerwG 4 N 1.78 , 4 N 2-4.79 - BVerwGE 59, 87 <103> zum Bauplanungsrecht). Nach Auffassung der Vorinstanz brauchte der vom Kläger befürchtete Verkehr mit Flugzeugen über 20 t in den Klassen PROP 2 und S 5 nicht in die Verkehrsprognose eingestellt zu werden, weil er nicht hinreichend konkret abzusehen war (Urteilsabdruck S. 20). Das Urteil verneint damit dessen Wahrscheinlichkeit. Ob dieser Befund dem Sachverhalt gerecht wird, ist eine Tat- und keine Rechtsfrage.
Schließlich führt die Frage, ob "es mit § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG, Art. 8 EMRK vereinbar (ist), für die Bewertung von Fluglärm lediglich den äquivalenten Dauerschallpegel (Leq) zu ermitteln, zu bewerten und abzuwägen, nicht aber den
zulassungsanlassbedingten und vorhabentypischen Spitzenpegel", nicht zur Zulassung der Revision. Die Vorinstanz hat das künftige Lärmgeschehen nämlich nicht nur anhand des äquivalenten Dauerschallpegels, sondern auch der Einzelschallereignisse betrachtet (Urteilsdruck S. 27 f.). Sie teilt mithin den von der Beschwerde eingenommenen rechtlichen Standpunkt. Tatsächlich wendet sich der Kläger gegen die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz, indem er ihr vorhält, bei der Flugrichtungsverteilung den in seinen Augen fehlerhaften Quotienten (60:40 statt 100:0) aus dem airplan-Gutachten 1992 übernommen und auf dieser Grundlage eine zu niedrige Lärmbelastung prognostiziert zu haben. Mit dieser Kritik ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan.
2. Die Rüge, die Vorinstanz habe das angefochtene Urteil nicht innerhalb von zwei Wochen nach der am 21. November 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung verkündet und damit der Vorschrift des § 116 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative VwGO zuwider gehandelt, ist nicht begründet. Die Niederschrift vom 5. Dezember 2002 zum Verfahren 20 D 174/98.AK weist aus, dass an diesem Tag das angegriffene Urteil verkündet worden ist. Zu Unrecht bestreitet die Beschwerde die Beweiskraft dieser Niederschrift mit dem Hinweis auf eine Niederschrift gleichen Datums, in der die Aufhebung des Verkündungstermins und die Vertagung der Sache protokolliert ist. Sie übersieht, dass jenes Protokoll das Verfahren 20 D 133/98.AK betrifft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.