Beschluss vom 16.04.2009 -
BVerwG 6 PKH 31.08ECLI:DE:BVerwG:2009:160409B6PKH31.08.0

Beschluss

BVerwG 6 PKH 31.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 20.11.2008 - AZ: OVG 15 A 1039/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16.April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich und Dr. Möller
beschlossen:

Dem Kläger wird für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ... beigeordnet.

Gründe

1 Dem Kläger ist die beantragte Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz zu bewilligen und der von ihm benannte Rechtsanwalt beizuordnen.

2 1. Der Kläger hat durch Vorlage der entsprechenden Erklärung mit Belegen nachgewiesen dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 Satz 1, 117 Abs. 2 ZPO).

3 2. Die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2008 bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint auch nicht mutwillig (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

4 a. Zwar sind die Fristen für die Einlegung der Beschwerde nach § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO und für die Begründung dieses Rechtsmittels nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO mittlerweile verstrichen. Es kommt jedoch in Betracht, dass dem Kläger nach § 60 VwGO Wiedereinsetzung in diese Fristen zu gewähren sein wird, weil er an deren Einhaltung bislang wegen des für ihn nicht tragbaren Kostenrisikos ohne sein Verschulden gehindert war.

5 Allerdings muss das Prozesskostenhilfegesuch für einen erst beabsichtigten Rechtsbehelf innerhalb der Frist für dessen Einlegung in bescheidungsfähiger Form angebracht werden. Denn nur dann hat der betroffene Beteiligte alles getan, was von ihm zur Fristwahrung erwartet werden kann. Hier ist der Antrag des Klägers erst am 23. Dezember 2008 und damit einen Tag nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bei dem für die Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe zuständigen Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Der Kläger hat die fristgerechte Stellung des Antrages jedoch ohne sein Verschulden versäumt. Er hat den Antrag am 8. Dezember 2008 bei dem Oberverwaltungsgericht angebracht. Am 10. Dezember 2008 hat ihn der Berichterstatter des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts telefonisch darauf hingewiesen, dass der Antrag bei dem Bundesverwaltungsgericht zu stellen sei, worauf der Kläger darum gebeten hat, der Antrag möge an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet werden. Dementsprechend ist die Akte von dem Oberverwaltungsgericht am 12. Dezember 2008 an das Bundesverwaltungsgericht abgesandt worden. Nicht ersichtlich ist, weshalb die Akte erst elf Tage später bei dem Bundesverwaltungsgericht eingetroffen ist. Jedenfalls musste der Kläger mit einer derartig langen Beförderungsdauer nicht rechnen. Da die versäumte Rechtshandlung in Gestalt des bescheidungsfähigen Prozesskostenhilfeantrages vorliegt, gewährt der Senat dem Kläger insoweit gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

6 b. Die noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat auch in der Sache im prozesskostenhilferechtlichen Sinne hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. zuletzt: Beschluss vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 746/08 - FamRZ 2009, 399 <400 f.>) gebietet Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Verfassungsrechtlich ist es danach zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses gleichsam an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Dies bedeutet zugleich, dass Prozesskostenhilfe nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.

7 Eine solche Einschätzung ist in Anbetracht des Entwurfes für eine Nichtzulassungsbeschwerde, den der Kläger als Nichtjurist gefertigt hat, nicht angemessen.

8 3. Neben der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist die von dem Kläger beantragte Beiordnung des von ihm benannten Rechtsanwaltes auszusprechen (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO).