Beschluss vom 16.06.2003 -
BVerwG 4 VR 3.03ECLI:DE:BVerwG:2003:160603B4VR3.03.0

Beschluss

BVerwG 4 VR 3.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Juni 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 31. Mai 2002 anzuordnen, wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Anordnungsverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Anordnungsverfahren auf 3 000 € festgesetzt.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist, soweit er sich auf den mit der Klage verfolgten Hauptantrag bezieht, den Planfeststellungsbeschluss vom 31. Mai 2002 aufzuheben, zulässig aber unbegründet. Eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die angefochtene Planungsentscheidung rechtmäßig ist und die Klage deshalb keinen Erfolg haben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt daher das Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben.
Der Antragsteller ist mit den Einwendungen, die er im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 31. Mai 2002 erhebt, nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG ausgeschlossen, da er sie nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Einwendungsfrist geltend gemacht hat.
Nach § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG kann jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Die Planunterlagen sind von den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt, nach § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Die Auslegung ist nach § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist nach § 73 Abs. 5 Satz 2 VwVfG insbesondere darauf hinzuweisen, wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist und dass etwaige Einwendungen bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind. § 73 Abs. 4 Satz 4 VwVfG schreibt darüber hinaus den Hinweis vor, dass mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen sind, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch Belange Dritter erstmalig oder stärker als bisher berührt, so ist diesen nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben. Der in § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG normierte Einwendungsausschluss, der an die im Verwaltungsverfahrensgesetz getroffenen Regelungen anknüpft, hat den Charakter einer materiellen Verwirkungspräklusion. Er erstreckt sich nach seinem Wortlaut sowie nach seinem Sinn und Zweck auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 38.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119). Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <109 ff.>).
Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller das Recht verwirkt, den Planfeststellungsbeschluss vom 31. Mai 2002 inhaltlich überprüfen zu lassen.
Die Planunterlagen haben nach den Angaben des Antragsgegners vom 17. April 2000 bis einschließlich 17. Mai 2000 in der Stadtverwaltung Eisenach ausgelegen. Die "Offenlegung der Planfeststellung für das Bauvorhaben 'Neubau der Anschlussstelle Eisenach-Mitte, BAB A 4/L 1016, Bereich Nord, und des Autobahnzubringers L 1016' " wurde, wie aus den Akten ersichtlich ist, in der Eisenacher Presse und der Thüringer Allgemeinen vom 7. April 2000 bekannt gemacht. Bei dieser Gelegenheit wurde auf den Ort und die Zeit der Auslegung hingewiesen. Es wurde auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, "bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, das ist bis zum 31.05.2000", bei dem Thüringer Landesverwaltungsamt oder bei der Stadt Eisenach (Stadtplanungsamt) Einwendungen gegen den Plan schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben. Ferner enthielt die Bekanntmachung den Hinweis, dass "nach Ablauf der Frist ... Einwendungen ausgeschlossen" sind. Nach Änderung des Plans wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 28. März 2001, das ihm laut Rückschein am 2. April 2001 ausgehändigt wurde, mitgeteilt, dass er die geänderten Planunterlagen in der Stadtverwaltung Eisenach einsehen und eventuelle Einwendungen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens beim Thüringer Landesverwaltungsamt oder der Stadtverwaltung Eisenach erheben könne. Auch bei dieser Gelegenheit wurde er auf den Einwendungsausschluss des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG hingewiesen.
Der Antragsteller macht selbst nicht geltend, sich vor Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses zum Planvorhaben geäußert zu haben. Er stellt sich zu Unrecht auf den Standpunkt, dass ihm diese Untätigkeit nicht entgegengehalten werden könne. Es trifft nicht zu, dass ihm die Planunterlagen hätten zugestellt werden müssen. Der Antragsgegner hat das Anhörungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Der Antragsteller konnte nicht beanspruchen, als "bekannter Betroffener" im Sinne des § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG behandelt zu werden. Diese Vorschrift ist in dem von ihm angesprochenen Regelungszusammenhang nicht einschlägig. Ihre Aussagen geben nichts für die Auslegung der Planunterlagen im Rahmen des Anhörungsverfahrens her. Sie betrifft vielmehr eine spätere Verfahrensstufe, denn sie legt fest, an wen der Planfeststellungsbeschluss zuzustellen ist. Im Übrigen übersieht der Antragsteller, dass § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG im Fernstraßenplanungsrecht nicht anwendbar ist. Insoweit trifft § 17 Abs. 6 Halbsatz 1 FStrG als Spezialnorm eine abweichende Regelung. Danach ist der Planfeststellungsbeschluss lediglich dem Träger des Vorhabens und denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, mit Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Die "bekannten Betroffenen" gehören nicht zum Kreis der Zustellungsadressaten. Diese Regelung lässt sich rechtlich nicht beanstanden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2003 - BVerwG 4 B 17.03 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch aus § 73 Abs. 5 Satz 3 VwVfG kann der Antragsteller nichts für sich herleiten. Danach sollen nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach § 73 Abs. 5 Satz 2 VwVfG benachrichtigt werden. Das durch die Planung betroffene Grundstück, auf dem sich das Autohaus befindet, liegt in Eisenach. Schon dieser Ortsbezug schließt es aus, den Antragsteller der in § 73 Abs. 5 Satz 3 VwVfG bezeichneten Personengruppe zuzurechnen. Der Antragsgegner durfte es auch ihm gegenüber damit bewenden lassen, die Planunterlagen unter Beachtung der in § 73 VwVfG aufgezählten Formalitäten öffentlich auszulegen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 20 Abs. 3 GKG.