Beschluss vom 16.06.2009 -
BVerwG 3 B 3.09ECLI:DE:BVerwG:2009:160609B3B3.09.0

Beschluss

BVerwG 3 B 3.09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 3 B 25.08 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Rüge des Klägers ist unbegründet. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.

2 Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (BVerfG, u.a. Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>). Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, u.a. Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>; 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>). Solche Umstände sind hier nicht erkennbar.

3 Der Kläger rügt unter Bezugnahme auf zahlreiche Einzelheiten seines Beschwerdevorbringens, dass der Senat sich nicht mit den in der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegten Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auseinander gesetzt habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde zeige die grundsätzliche und ungeklärte Frage auf, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG einfach- wie verfassungsrechtlich so ausgelegt werden dürfe, dass er die Aufhebung des Enteignungsaktes der Bodenreform gegenüber dem Vater des Klägers nach § 1 VwRehaG verhindere und wenn ja, ob dieser Ausschluss die Grundrecht in Art. 1, 2, 3 und 14 GG verletze oder verfassungsgemäß sei. Weiter habe die Nichtzulassungsbeschwerde erhebliche, neue und vom Bundesverwaltungsgericht nicht berücksichtigte Gründe gezeigt. Vor allem die Verkennung von § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG als Ausschluss- statt als Kollisionsnorm sei ungeklärt. Die Nichtzulassungsbeschwerde habe weiterhin gezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht zwei Obersätze gebildet habe. Im Urteil vom 21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16/01 - (BVerwGE 116, 42) folge es dem Bundesverfassungsgericht, wonach die Bodenreformenteignung die Menschenwürde verletzt habe, und sage daher, sie falle unter § 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG (Art. 1 GG). Dagegen sage es im Urteil vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 18/06 - (Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr 9), sie habe nur der Landbeschaffung gedient und falle damit unter das Vermögensgesetz (Art. 14 GG). Wegen dieser „inneren Widersprüchlichkeit“, auf welche die Nichtzulassungsbeschwerde hinweise, habe keine Divergenz zu beiden einander widersprechenden Obersätzen gerügt werden können.

4 Eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich aus diesen Rügen nicht. Der Senat hat sich in seinem Beschluss mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt und begründet, warum der Kläger in der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde keinen Zulassungsgrund schlüssig dargelegt hat. Hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung hat der Senat unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung dargelegt, dass die für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Fragen bereits geklärt sind und der Kläger nicht aufgezeigt hat, welche Umstände dazu führten, dass diese Fragen einer erneuten oder weitergehenden Klärung bedürften. Auch bezüglich der Divergenz hat der Senat belegt, dass der Kläger dem Erfordernis nicht gerecht geworden ist, einen rechtlichen Obersatz aus der Rechtsprechung eines der Divergenzgerichte zu bezeichnen und ihm einen rechtlichen Obersatz des Verwaltungsgerichts gegenüberzustellen, der davon abweicht und der die angefochtene Entscheidung trägt. Die von dem Kläger behauptete Widersprüchlichkeit der von ihm angeführten Entscheidungen hätten einer ordnungsgemäßen Begründung der Abweichungsrüge im Übrigen nicht entgegengestanden, sondern sie allenfalls erleichtert; denn genügt hätte die Darlegung einer Divergenz zu einer der genannten Entscheidungen. Abgesehen davon besteht die geltend gemachte Widersprüchlichkeit nicht; der Senat hatte lediglich den jeweiligen Unterschieden im Einzelfall Rechnung zu tragen.

5 Damit hat der Senat dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in dem gebotenen Umfang gewährleistet; insbesondere erfordert der Anspruch nicht, dass das Gericht bei der Würdigung des von ihm pflichtgemäß zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Prozessstoffs den Vorstellungen der Beteiligten folgt. Der Anhörungsrüge des Klägers liegt offenbar das Missverständnis zugrunde, das Verfahren nach § 152a VwGO eröffne den Weg zu einer Überprüfung der dem angegriffenen Beschluss zugrunde liegenden Rechtsauffassung des Senats hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen nach § 133 Abs. 3 VwGO.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.