Beschluss vom 16.10.2003 -
BVerwG 7 B 73.03ECLI:DE:BVerwG:2003:161003B7B73.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.10.2003 - 7 B 73.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:161003B7B73.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 73.03

  • VG Chemnitz - 03.04.2003 - AZ: VG 9 K 1757/95

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 3. April 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 63 911,48 € festgesetzt.

Die Kläger beanspruchen die Rückübertragung eines Bauernhofes nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG -. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil der seinerzeitige Vermögensverlust nicht auf eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG zurückzuführen sei.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegt weder die nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, noch sind die gerügten Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO feststellbar.
1. Nach Auffassung der Kläger weicht das Urteil des Verwaltungsgerichts von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 1998 - BVerwG 7 C 24.97 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 157) ab. Dort sei entschieden worden, dass die Bestellung eines Abwesenheitspflegers zu dem Zweck, ein Grundstück an einen privaten Dritten zu einem privaten Nutzungszweck zu verkaufen, nur dann keine unlautere Machenschaft sei, wenn festgestanden habe, dass der Erwerber einen Anspruch auf Verschaffung des Kaufgegenstandes gehabt habe. Demgegenüber lasse es das Verwaltungsgericht ausreichen, dass sonstige Schulden des Pflegebefohlenen beglichen werden sollten.
Die Abweichung besteht nicht. Der Senat hat in dem herangezogenen Urteil (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass man ein wohlverstandenes Eigeninteresse des Pfleglings an einem solchen Verkaufsgeschäft und damit ein persönliches Fürsorgebedürfnis ausnahmsweise dann wird anerkennen können,
"wenn eine bestehende Schuld des Abwesenden beglichen und dadurch möglicherweise weiterer Schaden von ihm abgewendet werden sollte, weil er ein solches Geschäft vernünftigerweise selbst abgeschlossen hätte."
Damit ist - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nicht gesagt, dass bei einer Veräußerung durch einen Abwesenheitspfleger eine unlautere Machenschaft nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Erwerber einen Anspruch auf Verschaffung des Kaufgegenstandes hatte. Vielmehr soll eine solche Schädigungsmaßnahme auch dann ausscheiden, wenn der Erlös aus dem Verkaufsgeschäft dazu dienen sollte, Schulden des Veräußerers zu tilgen, und dies aus seiner Sicht vernünftig war, um weitere, aus der Nichterfüllung solcher Verpflichtungen entstehende Schäden abzuwenden. Dass der Senat in dem von ihm entschiedenen Fall ein Fürsorgebedürfnis des Abwesenden nur unter der Voraussetzung anerkannt hat, dass dieser zum Vertragsabschluss verpflichtet gewesen wäre, lag in den konkreten Einzelumständen begründet. Eine generelle Aussage, dass immer nur unter dieser Voraussetzung ein persönliches Fürsorgebedürfnis bejaht werden kann, war damit nicht verbunden.
2. Ebenso wenig sind die von den Klägern gerügten Verfahrensmängel erkennbar. Diese sehen die Kläger darin, dass das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Kaufpreises für den Hof von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen sei und darüber hinaus seine Aufklärungspflicht verletzt habe. Beide Rügen sind nicht berechtigt. Dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung bestimmte Tatsachen von vornherein ausgeblendet und seine Überzeugung daher unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO gebildet hat, ergibt sich aus seinen Ausführungen nicht. Angesichts des Einheitswertes von 30 700 RM und des Inhalts der Erklärung der Kläger vom 6. Mai 1995 (Bl. 76 der vermögensbehördlichen Akten), wonach der Hof seinerzeit "vollständig heruntergewirtschaftet war", drängte sich die Bewertung, der Kaufpreis in Höhe von 25 000 RM erscheine "nicht so unangemessen niedrig ..., dass sich hieraus ein Indiz für eine unlautere Machenschaft ergeben könnte", geradezu auf. Jedenfalls lassen sich dieser Beurteilung keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die übrigen im Tatbestand des Urteils festgestellten Tatsachen und der dort vollständig wiedergegebene Vortrag der Kläger, insbesondere ihre Einschätzung, dass es sich bei dem Kaufpreis um ein "Spottgeld" gehandelt habe, nicht Eingang in die richterliche Überzeugungsbildung gefunden haben. Allein aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht dieser Einschätzung der Kläger nicht gefolgt ist, ergibt sich noch kein Verfahrensfehler, zumal diese Bewertung des Kaufpreises durch die Kläger nicht - wie in der Beschwerde geltend gemacht wird - zwangsläufig als auf den Zustand des Hauses im Verkaufszeitpunkt bezogen verstanden werden muss. Man könnte diese Bewertung, da mit ihr die Schilderung der als unrechtmäßig empfundenen Übergriffe auf den Hof abgeschlossen wird, ebenso gut, wenn nicht sogar eher dahin verstehen, dass der Kaufpreis im Vergleich zu dem Wert, den der Hof in ordnungsgemäßem Zustand - also vor Beginn dieser Übergriffe - repräsentierte, ein Spottgeld war.
Dem Verwaltungsgericht musste sich in diesem Zusammenhang auch keine weitere Sachaufklärung aufdrängen. Das gilt insbesondere für das von den Klägern gewünschte Sachverständigengutachten; denn die für die Bewertung entscheidende Frage, in welchem Zustand der Hof sich seinerzeit befand, hätte der Gutachter nicht beantworten können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.