Beschluss vom 16.12.2003 -
BVerwG 5 B 10.03ECLI:DE:BVerwG:2003:161203B5B10.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.12.2003 - 5 B 10.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:161203B5B10.03.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 10.03

  • Bayerischer VGH München - 27.11.2002 - AZ: VGH 11 B 00.2187

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. R o t h k e g e l und
Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die Revision kann nicht wegen der von der Beschwerde als alleinigen Zulassungsgrund geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden.
Die Beschwerde hat die grundsätzliche Bedeutung schon nicht in einer den Begründungsanforderungen aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise "dargelegt". Dazu hätte nach ständiger Rechtsprechung eine konkrete Rechtsfrage bezeichnet werden müssen, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig und im Interesse der Rechtseinheit oder der Weiterentwicklung des Rechts klärungsbedürftig sowie fallübergreifend in einer Vielzahl von Fällen von Bedeutung ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen auf eine Darstellung der divergierenden Rechtsansichten von Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Tragweite des § 100 Abs. 5 BVFG, auf die Behauptung, "der Lösungsweg des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (führe) für den Bürger zu (einem) rechtsstaatlich unerträglichen Ergebnis", sowie auf die Rüge, die Berufungsinstanz habe sich "mit der vom VG ... aufgeworfenen Frage ... letztlich nicht ... auseinandergesetzt".
Soweit dem Vorbringen der Beschwerde die vom Verwaltungsgericht für zulässig gehaltene "erweiternde Auslegung des § 100 Abs. 5 BVFG", wonach "aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles ..., ... unter dem Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit und bei einer Gesetzesauslegung, die sich am Willen des Gesetzgebers orientiert, ausnahmsweise altes Vertriebenenrecht" im Falle des Klägers anzuwenden sei, in Verbindung mit der Behauptung der Beschwerde, es sei "über viele Jahre hinweg seitens der Verwaltung nicht der personelle und sonstige Rahmen geschaffen (worden), die Antragsflut ordnungsgemäß zu bearbeiten", was "nicht zu Lasten des Bürgers geschehen" dürfe, sinngemäß die Frage entnommen werden könnte, ob Stichtagsregelungen - um eine solche handelt es sich bei § 100 Abs. 5 BVFG - in dem Sinne erweiternd ausgelegt werden dürfen oder gar müssen, dass der Stichtag nicht gelten soll, wenn seine Einhaltung infolge einer außergewöhnlich langen behördlichen Bearbeitungszeit unmöglich geworden ist, rechtfertigte dies die Zulassung der Revision nicht. Ganz abgesehen davon, dass die Gründe hierfür im vorliegenden Fall nicht im Bereich der Behörde gelegen haben, die die Stichtagsregelung anzuwenden hat (hier der Beklagte als die für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 BVFG zuständige Landesbehörde), sondern im Bereich einer anderen Behörde (hier der für die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 28 BVFG zuständigen Bundesbehörde), wäre eine solche Fragestellung nicht von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung und deshalb der Klärung in einem Revisionsverfahren nicht vorzubehalten; denn sie ist in Anbetracht der Regelungen über Amts- und Staatshaftung und des jedenfalls im Allgemeinen zwingenden Charakters von Stichtagsregelungen, mit denen zwangsläufig auch Härtefälle hingenommen werden, offensichtlich zu verneinen. Der Gesetzgeber, dem das Problem der zum Stichtag noch nicht abgeschlossenen Bescheinigungsverfahren und deren teils erhebliche Dauer bekannt sein musste, hat für die Übergangsregelung des § 100 Abs. 5 BVFG gerade nicht auf die Antragstellung, sondern auf die Erteilung des Aufnahmebescheides nach § 26 BVFG abgestellt und auch von einer Härteregelung abgesehen. Wegen der konstitutiven Bedeutung des Aufnahmebescheides war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen, namentlich zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, auch nicht gehalten, mögliche Härten der Stichtagsregelung durch eine Härteklausel abzufedern. Das Verwaltungsgericht hat zwar in Fällen einer - von ihm hier angenommenen - "extrem langen Bearbeitungsdauer" eine "verfassungskonforme an Art. 3 GG orientierte Auslegung" des § 100 Abs. 5 BVFG für zulässig und hier geboten gehalten, weil für eine Schlechterstellung des Klägers gegenüber den in § 100 Abs. 5 BVFG genannten Personen "kein sachlicher Grund (bestehe)". Der Verwaltungsgerichtshof hat demgegenüber aber einen sachlichen Grund für eine solche Schlechterstellung gesehen und dargelegt. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Vor allem ist auch nicht dargetan, dass die Beurteilung der personellen Reichweite des § 100 Abs. 5 BVFG, der zu den Übergangsvorschriften gehört und einen inzwischen über zehn Jahre zurückliegenden Stichtag enthält, (noch) von fallübergreifender Bedeutung wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.