Beschluss vom 17.03.2014 -
BVerwG 6 P 8.13ECLI:DE:BVerwG:2014:170314B6P8.13.0

Leitsatz:

Die in der Minderheit gebliebene stärkste Wahlvorschlagsliste mit mindestens einem Drittel Stimmenanteil hat Anspruch darauf, dass eines ihrer Mitglieder als Ergänzungsmitglied in den Personalratsvorstand gewählt wird, falls sie nicht bereits bei der Wahl der Gruppensprecher zum Zuge gekommen ist.

  • Rechtsquellen
    BPersVG § 33

  • VG Saarlouis - 05.09.2012 - AZ: VG 8 K 507/12
    OVG Saarlouis - 25.04.2013 - AZ: OVG 4 A 307/12

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.03.2014 - 6 P 8.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:170314B6P8.13.0]

Beschluss

BVerwG 6 P 8.13

  • VG Saarlouis - 05.09.2012 - AZ: VG 8 K 507/12
  • OVG Saarlouis - 25.04.2013 - AZ: OVG 4 A 307/12

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Dr. Möller und
Prof. Dr. Hecker
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes (Senat für Personalvertretungsangelegenheiten - Bund) vom 25. April 2013 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. September 2012 werden aufgehoben, soweit die Wahl von Herrn Armin D. zum Ergänzungsmitglied im Vorstand des Beteiligten zu 1 für ungültig erklärt wird. In diesem Umfang wird der Antrag abgelehnt.
  2. Im Übrigen werden die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Am 24. und 25. April 2012 fand in der Agentur für Arbeit Saarland die Personalratswahl statt. Zu wählen war ein dreizehnköpfiger Personalrat, der aus elf Arbeitnehmern und zwei Beamten besteht. Insgesamt wurden 701 Stimmen abgegeben, darunter 99 in der Gruppe der Beamten und 602 in der Gruppe der Arbeitnehmer. In der Gruppe der Beamten entfielen 28 Stimmen auf die Liste „ver.di-Wir...in der BA“ (im Weiteren: ver.di) und 71 auf die Liste „vbba“. In der Gruppe der Arbeitnehmer entfielen auf die Liste „vbba“ 98, auf die Liste „ver.di“ 278 und auf die Liste „Die Alternative“ 201 Stimmen. Gewählt waren in der Gruppe der Beamten zwei Kandidaten der Liste „vbba“ und in der Gruppe der Arbeitnehmer fünf Kandidaten der Liste „ver.di“, vier Kandidaten der Liste „Die Alternative“ und zwei Kandidaten der Liste „vbba“.

2 In der konstituierenden Sitzung des Personalrats, des Beteiligten zu 1, am 4. Mai 2012 wurde der Personalratsvorstand gebildet. Zunächst wurde Frau Stefanie S. (Die Alternative) mit sechs zu fünf Stimmen zur Gruppensprecherin der Arbeitnehmer und sodann Herr Wolfgang T. (vbba) zum Gruppensprecher der Beamten gewählt. Danach wurde Frau S. mit acht gegen fünf Stimmen zur Personalratsvorsitzenden gewählt und Herr T. zum Stellvertreter bestimmt. Bei der folgenden Wahl der beiden Ergänzungsmitglieder setzten sich Herr Armin D. (vbba) und Frau Rena K. jeweils mit acht zu fünf Stimmen gegen Herrn Karl O. (ver.di), den Antragsteller zu 1, durch.

3 Die Antragsteller, bei denen es sich um die fünf Mitglieder des Beteiligten zu 1 von der Liste „ver.di“ handelt, haben das Verwaltungsgericht angerufen. Dieses hat festgestellt, dass die in der konstituierenden Sitzung des Beteiligten zu 1 am 4. Mai 2012 unter TOP 4 der Niederschrift erfolgten Wahlen der Ergänzungsmitglieder für den Vorstand Armin D. und Rena K. jeweils ungültig sind und dass eines der neu zu wählenden Ergänzungsmitglieder im Vorstand des Beteiligten zu 1 aus der Wahlvorschlagsliste „ver.di“ zu wählen ist. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Die Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG zum Minderheitenschutz bei der Bildung des Personalratsvorstandes könne im vorliegenden Fall bei wörtlichem Verständnis keine unmittelbare Anwendung finden. Denn bei der Liste „ver.di“, welche bei der gebotenen gruppenübergreifenden Betrachtung mehr als ein Drittel aller in der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten habe, handele es sich nicht um die Liste, auf die die zweitgrößte, sondern um diejenige, auf die die größte Anzahl der in der Dienststelle abgegebenen Stimmen entfallen sei. In einem derartigen Fall komme die Regelung jedoch über ihren Wortlaut hinaus zumindest entsprechend zur Anwendung. Dies sei wegen des Sinn und Zwecks der Regelung geboten, mit welcher der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass starke Wählerminderheiten durch ein Personalratsmitglied im Vorstand vertreten seien. § 33 Satz 2 BPersVG sei daher erweiternd dahin auszulegen, dass „mindestens“ die Liste mit der zweitgrößten Stimmenzahl, die außerdem das Drittel-Kriterium erfülle, in den Genuss der darin getroffenen Regelung komme. Dem stehe im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass die über die Liste „ver.di“ in den Personalrat gewählten Antragsteller davon abgesehen hätten, bei den Vorstandswahlen nach § 32 Abs. 1 BPersVG einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Die Verletzung des Schutzanspruchs nach § 33 Satz 2 BPersVG führe zur Ungültigkeit beider Wahlgänge für die zusätzlichen Vorstandsmitglieder.

4 Der Beteiligte zu 1 trägt zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Der Wortlaut der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG sei eindeutig. Sie komme nur zur Anwendung, wenn die zweitstärkste Liste, die mindestens ein Drittel aller abgegebenen Stimmen erhalten habe, nicht im Vorstand vertreten sei. Hätte der Gesetzgeber nur die Drittelgrenze als maßgebliches Kriterium einführen wollen, so hätte dies deutlich zum Ausdruck kommen müssen. Zudem habe die Liste „ver.di“ bewusst an den Wahlen nach § 32 BPersVG nicht teilgenommen, so dass sie nicht schutzwürdig sei. Ein Erfolg bei einer dahingehenden Kandidatur sei wegen der geheimen Wahl nicht ausgeschlossen gewesen.

5 Der Beteiligte zu 1 beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den Antrag in vollem Umfang abzulehnen.

6 Die Antragsteller beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

7 Sie verteidigen ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.

II

8 Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist im Wesentlichen nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, soweit dort die Verpflichtung des Beteiligten zu 1 festgestellt wird, eines seiner Ergänzungsmitglieder im Vorstand aus der Wahlvorschlagsliste „ver.di“ zu wählen, und soweit dort die Wahl von Frau Rena K. zum Ergänzungsmitglied für den Vorstand für ungültig erklärt wird (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Aufzuheben sind die Beschlüsse der Vorinstanzen nur, soweit durch sie die Wahl von Herrn Armin D. zum Ergänzungsmitglied im Vorstand des Beteiligten zu 1 für ungültig erklärt worden ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).

9 Der Personalratsvorstand kommt nach §§ 32, 33 BPersVG zustande. Der Personalrat bildet ihn aus seiner Mitte; dem Vorstand muss ein Mitglied jeder im Personalrat vertretenen Gruppe angehören; die Gruppenvertreter wählen das auf sie entfallende Vorstandsmitglied (§ 32 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BPersVG). Auf diese Weise werden in einem Personalrat mit Beamten und Arbeitnehmern die beiden Gruppensprecher gewählt (vgl. § 5 Satz 1 BPersVG). Regelmäßig wird einer von ihnen zum Personalratsvorsitzenden und der andere zu seinem Stellvertreter bestimmt (vgl. § 32 Abs. 2 BPersVG). In großen Dienststellen, in welchen der Personalrat elf oder mehr Mitglieder hat (vgl. § 16 Abs. 1 BPersVG), wählt er aus seiner Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit zwei weitere Mitglieder in den Vorstand (§ 33 Satz 1 BPersVG). Weiter bestimmt § 33 Satz 2 BPersVG: „Sind Mitglieder des Personalrates aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden und sind im Vorstand Mitglieder aus derjenigen Liste nicht vertreten, die die zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten hat, so ist eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus dieser Liste zu wählen.“

10 1. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist zunächst, dass Personalratsmitglieder aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden sind. Das ist stets der Fall, wenn der Personalrat nach den Grundsätzen der Verhältniswahl, also im Wege der Listenwahl gewählt worden ist (vgl. Kröll, in: Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, Bundespersonalvertretungsgesetz, 8. Aufl. 2013, § 33 Rn. 4; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 33 Rn. 15).

11 2. Als Wahlvorschlagsliste im Sinne von § 33 Satz 2 BPersVG sind nicht die für die einzelnen Gruppen eingereichten Wahlvorschläge zu verstehen, sondern die gruppenübergreifende Zusammenfassung derjenigen Wahlvorschläge, welche dieselbe Bezeichnung tragen und damit eine einheitliche gewerkschaftliche, verbandspolitische oder - wie bei freien Listen - dienststelleninterne Interessenausrichtung erkennen lassen (vgl. BTDrucks 7/176 S. 29 zu § 32; Beschluss vom 23. Februar 1979 - BVerwG 6 P 39.78 - BVerwGE 57, 286 = Buchholz 238.3 A § 33 BPersVG Nr. 1; Gerhold, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 33 Rn. 5; Ilbertz, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 33 Rn. 10; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 33 Rn. 10; Jacobs, a.a.O. § 33 Rn. 18; Kröll, a.a.O. § 33 Rn. 7 ff.).

12 3. Unter den Schutz der Vorschrift fällt nur eine Liste, welche mindestens ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten hat. Rechnerisch können dies nur die stärkste und die zweitstärkste Liste sein. Denn für alle anderen Listen bleibt zusammen nur noch ein Stimmenanteil von weniger als ein Drittel übrig.

13 4. § 33 Satz 2 BPersVG gewährt den Minderheitenschutz nach seinem Wortlaut ausdrücklich der Liste mit der zweitgrößten Anzahl abgegebener Stimmen. Damit nicht von vornherein ausgeschlossen ist die Berücksichtigung der stärksten Liste, die mindestens ein Drittel der abgegebenen Stimmen erzielt hat, jedoch im Personalrat in der Minderheit ist. Wie bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann § 33 Satz 2 BPersVG in der Weise gelesen werden, dass „mindestens“ die Liste mit der zweitgrößten Stimmenzahl, die außerdem das Drittelkriterium erfüllt, in den Genuss der getroffenen Regelung kommt.

14 a) Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten eine dahingehende Auslegung. Sie gehen dahin, starken Wahlminderheiten eine Vertretung im erweiterten Personalratsvorstand zu sichern (vgl. BTDrucks 7/176 S. 29 zu § 32; Beschlüsse vom 23. Februar 1979 a.a.O. S. 288 bzw. S. 2, vom 28. Februar 1979 - BVerwG 6 P 81.78 - Buchholz 238.3 A § 33 BPersVG Nr. 2 S. 7, vom 27. September 1990 - BVerwG 6 P 23.88 - Buchholz 250 § 33 BPersVG Nr. 4 S. 4 und vom 19. August 2010 - BVerwG 6 PB 10.10 - Buchholz 251.7 § 29 NWPersVG Nr. 1 Rn. 12).

15 aa) Der Schutzbedarf der zweitstärksten Liste ist augenfällig, wenn die stärkste Liste über die Mehrheit sowohl im Personalrat insgesamt als auch jeweils bei den Vertretern beider Gruppen verfügt. In diesem Fall könnte die stärkste Liste ihre Vorstandskandidaten ohne die Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG vollständig durchbringen.

16 bb) Nicht wesentlich anders verhält es sich, wenn die zweitstärkste Liste sowohl im Personalrat insgesamt als auch bei den Vertretern beider Gruppen jeweils in der Minderheit ist. In diesem Fall könnte sie sich gegen den Willen der auf die anderen Listen entfallenden Mehrheit mit keinem ihrer Vorstandskandidaten durchsetzen.

17 cc) Eine vergleichbare Situation besteht aber auch dann, wenn die stärkste Liste sowohl im Personalratsplenum als auch bei den Vertretern beider Gruppen jeweils in der Minderheit ist. Gegen den Willen der auf die anderen Listen entfallenden Mehrheit kann sie sich mit keinem ihrer Vorstandskandidaten durchsetzen. Das Bedürfnis nach Minderheitenschutz ist hier nicht anders als in den beiden vorgenannten Fallgestaltungen. Dass die fragliche Liste im Vergleich zu jeder anderen Liste die relative Mehrheit hat, ändert nichts daran, dass sie sowohl bei der Wahl der Gruppensprecher nach § 32 Abs. 1 BPersVG als auch bei der Wahl der Ergänzungsmitglieder nach § 33 Satz 1 BPersVG in der Minderheitsposition ist (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 25. November 1993 - 1 A 346/93.PVB - S. 11).

18 b) Im Ergebnis ändert sich nichts, wenn man eine direkte Anwendung der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG wegen ihres Wortlautes auf die vorliegende Fallgestaltung nicht für möglich hält. In diesem Fall drängt sich Analogie geradezu auf. Dann läge eine planwidrige Lücke vor, die aus den vorgenannten teleologischen Gründen im Einklang mit dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers durch entsprechende Anwendung der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG auf die hier gegebene Fallgestaltung zu schließen wäre.

19 c) Der Hinweis des Beteiligten zu 1 auf landesrechtliche Bestimmungen geht fehl. Die angeführten aktuellen Bestimmungen haben nicht den von ihm behaupteten Inhalt (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 2 BaWüPersVG und Art. 33 Satz 3 BayPersVG). Eine nicht mehr geltende landesrechtliche Regelung vermag keine verbindliche Auskunft über die Auslegung des geltenden Bundespersonalvertretungsgesetzes zu erteilen. Abgesehen davon wird die Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung nicht dadurch entscheidend beeinflusst, dass ein anderer Gesetzgeber eine vergleichbare Fallgestaltung eindeutig geregelt hat.

20 5. Weder der Wortlaut der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG noch der systematische Zusammenhang mit § 32 BPersVG noch die Entstehungsgeschichte beider Vorschriften liefern einen greifbaren Anhalt dafür, dass die Vertreter der betreffenden - stärksten oder zweitstärksten - Wahlvorschlagsliste für den Erhalt des Minderheitenschutzes den Versuch unternommen haben müssen, für die Wahl der Gruppensprecher zu kandidieren. Eine derartige Annahme verbietet sich zudem deswegen, weil kein Personalratsmitglied verpflichtet ist, für einen Vorstandsposten zu kandidieren. Für die Anwendung von § 33 Satz 2 BPersVG ist allein erheblich, dass Mitglieder der betreffenden Wahlvorschlagsliste vor der Wahl der Ergänzungsmitglieder nicht im Personalratsvorstand vertreten sind. Es ist daher belanglos, ob Mitglieder der Liste bei der Wahl der Gruppensprecher durchgefallen sind oder gar nicht erst kandidiert haben. Demgemäß handelt die Minderheitenliste nicht missbräuchlich, wenn sie das Angebot der Mehrheit, ihr das Amt eines der Gruppensprecher zu verschaffen, nicht annimmt (vgl. Beschluss vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 13).

21 6. Lehnen alle Mitglieder der in Betracht kommenden Liste mit Ausnahme eines Mitglieds das Amt des Vorstandsmitgliedes ab, dann bleibt dem Personalrat keine andere Wahl, als dieses Mitglied in den erweiterten Vorstand aufzunehmen. Die „Wahl“ beschränkt sich in diesem Fall auf die Pflicht der Aufnahme dieses einen Mitglieds in den erweiterten Vorstand, ohne dass es dazu einer Mehrheitsentscheidung des Personalrats bedarf. Es ist nicht sachwidrig, wenn die Minderheit, die geschützt werden soll, einen gewissen Einfluss hat und dadurch ein Personalratsmitglied ihres Vertrauens in den Vorstand bringen kann. Der Minderheitenschutz ist effektiv, wenn die Minderheitenliste den einen ihr zustehenden Vorstandsposten mit einem Kandidaten besetzen kann, den sie in besonderem Maße für geeignet hält, ihre dienststellenbezogenen und verbandspolitischen Vorstellungen in die Vorstandsarbeit einzubringen (vgl. Beschlüsse vom 28. Februar 1979 a.a.O. S. 6 f. und vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 12 f.).

22 7. Die Anwendung der vorbezeichneten Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zur Verpflichtung des Beteiligten zu 1, ein Ergänzungsmitglied für den Personalratsvorstand aus der Wahlvorschlagsliste „ver.di“ zu wählen. Diese Liste hat bei der Personalratswahl vom 24. und 25. April 2012 in der Gruppe der Arbeitnehmer 278 und in der Gruppe der Beamten 28, also zusammen 306 bei insgesamt 701 abgegebenen Stimmen erhalten und damit einen Stimmenanteil von 44 % erzielt. Keines ihrer Mitglieder war aufgrund der Gruppensprecherwahl in der konstituierenden Sitzung des Beteiligten zu 1 vom 4. Mai 2012 bereits im Vorstand vertreten. Die Wahl der Ergänzungsmitglieder aus dem Kreis der konkurrierenden Listen verstieß daher gegen § 33 Satz 2 BPersVG und war ungültig. Dies betraf sowohl Frau K. als auch Herrn D., weil nach dem Verlauf der konstituierenden Sitzung ungeklärt war, wen der Beteiligte zu 1 zum vierten Vorstandsmitglied gewählt hätte, wenn er seiner Verpflichtung gemäß § 33 Satz 2 BPersVG gegenüber der Liste der Antragsteller nachgekommen wäre. Der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Frau K. ist weiter aktuell.

23 Dagegen kann der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Herrn D. wegen inzwischen veränderter Umstände nicht aufrechterhalten bleiben. Wie die Antragsteller und der Beteiligte zu 1 übereinstimmend mitgeteilt haben, ist Herr D. inzwischen anstelle der zurückgetretenen Frau Stefanie S. zum Gruppensprecher der Arbeitnehmer und Vorsitzenden des Beteiligten zu 1 gewählt worden. Er ist daher nunmehr Vorstandsmitglied nach § 32 Abs. 1 BPersVG und nicht mehr Ergänzungsmitglied nach § 33 BPersVG.

24 Auf diesen Vorgang bezieht sich die Antragsänderung im Schriftsatz vom 11. März 2014, mit welchem die Antragsteller - unter Aufrechterhaltung ihres Antrages im Übrigen - begehren, dass der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Herrn D. als Ergänzungsmitglied durch einen entsprechenden Ausspruch betreffend Herrn Sandro A. ersetzt wird. Dieser Antrag ist unzulässig. Für eine Antragsänderung im Rechtsbeschwerdeverfahren ist grundsätzlich kein Raum (vgl. § 81 Abs. 3, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 92 Abs. 2 Satz 3 ArbGG). Eine Ausnahme kommt hier nicht in Betracht, weil dies mit einer Verzögerung des Rechtsstreits verbunden wäre, ohne dass damit ein nennenswerter Gewinn für die Antragsteller verbunden wäre. Deren wesentliches Anliegen besteht darin, möglichst bald eine rechtskräftige gerichtliche Feststellung dazu zu erhalten, dass der Beteiligte zu 1 verpflichtet ist, ein Ergänzungsmitglied aus ihren Reihen in den Vorstand aufzunehmen. In dieser Hinsicht ist der Rechtsstreit zugunsten der Antragsteller entscheidungsreif. Daraus folgt zugleich von Rechts wegen, dass alle dem widersprechenden Wahlakte des Beteiligten zu 1 - unabhängig von der Person des jeweils Gewählten - rechtsunwirksam sind, ohne dass es dazu zwingend eines gerichtlichen Ausspruchs bedarf. Den von den Antragstellern begehrten ergänzenden Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Herrn A. könnte der Senat aber erst vornehmen, nachdem er dem Beteiligten zu 1 zu den Vorgängen in dessen Sitzung vom 18. Februar 2014 Gehör gewährt hätte.

25 Schließlich bleibt klarzustellen, dass für den Fall, dass aus der Liste „ver.di“ nur eine Person kandidiert, der Beteiligte zu 1 diese Person zum Vorstandsmitglied zu bestimmen hat.