Beschluss vom 17.06.2011 -
BVerwG 8 C 3.11ECLI:DE:BVerwG:2011:170611B8C3.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.06.2011 - 8 C 3.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:170611B8C3.11.0]

Beschluss

BVerwG 8 C 3.11

  • VG Meiningen - 03.02.2010 - AZ: VG 5 K 183/08 Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser und Dr. Held-Daab
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Beigeladenen gegen das Urteil des Senats vom 23. März 2011 - BVerwG 8 C 6.10 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladenen tragen die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Beigeladenen hat keinen Erfolg.

2 Gemäß § 152a Abs. 1 VwGO setzt die Anhörungsrüge, um Erfolg zu haben, unter anderem voraus, dass das Gericht den Anspruch des durch die gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das ist nicht der Fall.

3 Der Grundsatz rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG wird in § 108 Abs. 2 VwGO konkretisiert und gewährleistet, dass die Beteiligten sich zu allen entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen äußern können. Er verbietet, eine Gerichtsentscheidung ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt zu stützen, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem Prozessverlauf nicht rechnen musste. Der Grundsatz wird aber nicht schon dann verletzt, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern das Vorbringen aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt lässt oder zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält (vgl. Beschluss vom 13. Januar 2009 - BVerwG 9 B 64.08 u.a. - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 m.w.N.).

4 So liegt der Fall hier. Die Beigeladenen rügen ausschließlich, der Senat habe in seiner Entscheidung vom 23. März 2011 die Sach- und Rechtslage insgesamt verkannt.

5 Die Frage der Vorgreiflichkeit des Restitutionsverfahrens gegenüber dem Verfahren auf Durchführungsfeststellung nach dem Investitionsvorranggesetz war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die Beigeladenen räumen selbst ein, dass diese Frage mit ihnen erörtert wurde. Der Vortrag, sämtliche Ausführungen des Senats zu dieser Frage seien rechtsfehlerhaft und falsch, ist nicht geeignet, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs darzutun; denn damit ist nicht der Anspruch verbunden, dass das Gericht dem Vorbringen eines Beteiligten folgen muss.

6 Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, wird auch nicht dadurch verletzt, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. März 2011 davon ausgegangen ist, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 InVorG verletzt, und den Rechtsstreit gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO aufgrund des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts in der Sache für entscheidungsreif befunden hat. Die Rügeführer zeigen in diesem Zusammenhang nicht auf, inwiefern sie sich nicht zu den entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen äußern konnten. Entscheidungserheblich war insbesondere nicht, ob das Verwaltungsgericht Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG mit Blick auf die Rechtsposition der Klägerinnen verletzt hat.

7 Die Beteiligten hatten auch ausreichend Gelegenheit, sich schriftlich und mündlich zu den sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen zum Erlass eines Durchführungsfeststellungsbescheides nach dem Investitionsvorranggesetz einzulassen. Das gilt insbesondere für die Fragen des maßgeblichen Stichtags der wesentlichen Fertigstellung einer Eigeninvestition und zur Kongruenz zwischen den im Investitionsvorrangbescheid zugesagten Maßnahmen und der späteren tatsächlichen Durchführung. Mit dem darauf bezogenen Vorbringen der Beigeladenen setzt das angegriffene Urteil sich auseinander, soweit es nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung entscheidungserheblich war. Das gilt auch für den Vortrag, es habe sich vorliegend um investive Maßnahmen in ein Unternehmen gehandelt, für deren Durchführung rechtzeitig eine Fristverlängerung beantragt worden sei, und das Vorhaben sei hinsichtlich der Arbeitsplätze und des Investitionsvolumens rechtzeitig verwirklicht worden. Das in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2011 erörterte Vorbringen, die Räumlichkeiten seien am 31. Dezember 1998 ordnungsgemäß gestaltet gewesen und hätten die Beschäftigung von sechs Vollzeitkräften ermöglicht, wird ebenso berücksichtigt wie der Vortrag, unter Einbeziehung der Toleranz von ± 30 % zum 31. Dezember 1998 hätte von einem Investitionsmindestvolumen von 266 000 DM ausgegangen werden müssen, das bei Berücksichtigung der Eigenleistungen überschritten worden sei. Der Senat hat sich mit sämtlichen vorgetragenen Gesichtspunkten in seiner Entscheidung auseinandergesetzt. Aus dem gesamten Rügevorbringen wird deutlich, dass sich die Beigeladenen lediglich gegen die rechtliche Bewertung des vom Verwaltungsgericht festgestellten und den Senat bindenden Sachverhalts wenden. Die materiell-rechtliche Würdigung durch das Revisionsgericht kann jedoch nicht Gegenstand einer Anhörungsrüge nach § 152a VwGO sein. Auch die weiteren umfangreichen Ausführungen zur vermeintlichen Fehlerhaftigkeit der Auslegung materiellen Rechts durch den Senat können der Anhörungsrüge deshalb nicht zum Erfolg verhelfen.

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss vom 22.08.2011 -
BVerwG 8 C 8.11ECLI:DE:BVerwG:2011:220811B8C8.11.0

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    BVerwG, Beschluss vom 22.08.2011 - 8 C 8.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:220811B8C8.11.0]

Beschluss

BVerwG 8 C 8.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. August 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser und Dr. Held-Daab
beschlossen:

  1. Die Gegenvorstellung der Beigeladenen gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2011 wird verworfen.
  2. Die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens der Gegenvorstellung.

Gründe

1 Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft. Sie richtet sich gegen den mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht anfechtbaren Beschluss des Senats vom 17. Juni 2011, mit dem die Anhörungsrüge der Beigeladenen gegen das Urteil des Senats vom 23. März 2011 - BVerwG 8 C 6.10  - zurückgewiesen wurde. Um als außerordentlicher Rechtsbehelf zulässig sein zu können, müsste sie in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt sein (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2005 - BVerwG 8 BN 1.05 - und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 8 B 77.07 - juris; BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <416>). Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr lässt sich der gesetzlichen Regelung der Anhörungsrüge in § 152a VwGO die Wertung des Gesetzgebers entnehmen, dass daneben eine in ihren Voraussetzungen nicht geregelte Gegenvorstellung nicht möglich sein soll (vgl. Beschluss vom 3. Mai 2011 - BVerwG 6 KSt 1.11 - juris Rn. 3).

2 Darüber hinaus wäre der Rechtsbehelf auch als Anhörungsrüge gegen den im Anhörungsrügeverfahren ergangenen Beschluss vom 17. Juni 2011 nicht statthaft (vgl. § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO). Die auf eine Anhörungsrüge ergangene Entscheidung des Senats vom 17. Juni 2011 ist nicht anfechtbar. Die Unanfechtbarkeit schließt eine erneute Anhörungsrüge wegen der Sachentscheidung aus (Beschlüsse vom 16. April 2007 - BVerwG 7 B 3.07  - und vom 10. März 2010 - BVerwG 5 B 4.10 - jeweils nach juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügt die Möglichkeit, eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs bei einem gerichtlichen Verfahrenshandeln einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 a.a.O. <411>). Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Anhörungsrüge geschaffen, die durch unanfechtbaren Beschluss ergeht (vgl. BTDrucks 15/3706 S. 13).

3 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.