Beschluss vom 17.09.2003 -
BVerwG 8 B 123.03ECLI:DE:BVerwG:2003:170903B8B123.03.0

Beschluss

BVerwG 8 B 123.03

  • OVG für das Land Brandenburg - 19.06.2003 - AZ: OVG 4 A 297/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht K r a u ß und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 19. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 413,65 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Das angefochtene Urteil weicht auch nicht von der in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, vgl. 2.). Schließlich liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
1. Grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass hier eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet wurde. Unter "alsbald" hat es einen Zeitraum von zwei Monaten verstanden. Dies hat es zum einen damit begründet, dass der Zuwendungsbescheid mit einer entsprechenden Auflage verbunden war. Weiter hat es ausgeführt, selbst wenn die Verpflichtung zur Verwendung der Leistung binnen zweier Monate nicht Gegenstand einer bestandskräftigen Auflage geworden sei, sei unter "alsbald" im vorliegenden Fall ein Zeitraum von zwei Monaten zu verstehen. Hat das Berufungsgericht - wie hier - seine Entscheidung mit zwei selbständig tragenden Begründungen versehen, könnte die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich beider Begründungen Revisionszulassungsgründe dargelegt werden und vorliegen. Anderenfalls fehlt es an der für die Revisionszulassung erforderlichen Entscheidungserheblichkeit.
Die Beschwerde hält einige Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig, die sich darauf beziehen, wann ein Verwaltungsakt i.S. des § 36 Abs. 1 VwVfGBbg mit einer Nebenbestimmung versehen ist. Weiter hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage, ob der Begriff "alsbald" (§ 49 a Abs. 4 VwVfGBbg) auch dann, wenn er nicht durch Zufügung einer Nebenbestimmung konkretisiert worden sei, durch Auslegung auf eine Zweimonatsfrist reduziert werden könne. Letztere Frage lässt sich aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Eine Leistung ist nicht i.S. des § 49 a Abs. 4 VwVfG "alsbald" nach der Auszahlung verwendet worden, wenn dies nicht kurz danach geschehen ist. Ohne Bedeutung ist es dabei, ob es dem Leistungsempfänger möglich war, die Leistung früher als geschehen zu verwenden. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff "alsbald" hat der Gesetzgeber eine offene Zeitangabe gewählt, deren nähere Festlegung im Blick auf den Zweck der Bestimmung des § 49 a Abs. 4 VwVfG im Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. Urteil vom 26. Juni 2002 - BVerwG 8 C 30.01 - BVerwGE 116, S. 332 <335 ff.>). Ob eine Leistung alsbald nach der Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet wurde, ist also anhand der geschilderten Kriterien im Einzelfall zu prüfen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht getan.
Die Frage, ob der Verwaltungsakt mit einer Nebenbestimmung versehen ist, ist daher nicht entscheidungserheblich und vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.
2. Das Berufungsurteil weicht auch nicht von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Vielmehr hat das Berufungsgericht - ausgehend von diesem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls hier eine Zweimonatsfrist als "alsbald" gewertet.
3. Schließlich hat das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Die Klägerin rügt insoweit, sie habe in der Berufungsinstanz vorgetragen, die Behörde habe kein Ermessen ausgeübt, sondern sich darauf beschränkt in Softwareprogrammen, die von der vorgesetzten Behörde zugeteilt worden seien, Namen einzusetzen. Das Berufungsgericht habe insoweit auf die Erhebung angebotener Beweise verzichtet.
Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht jedoch nur dann, wenn nach seiner materiellrechtlichen Auffassung eine weitere Sachaufklärung geboten ist. Dies ist hier nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht führt in den Gründen seiner Entscheidung im Einzelnen aus, in welchem Umfang es hier Ermessenserwägungen des Beklagten für notwendig hält. Es kommt zu dem Ergebnis, dass der Beklagte hier solche den konkreten Fall betreffenden Ermessenserwägungen - den individuellen Vortrag der Klägerin aufgreifend - in den Bescheid und den Widerspruchsbescheid aufgenommen hat. Ob im Übrigen die Bescheide unter Zuhilfenahme eines vom Fachministerium überlassenen Textverarbeitungssystems erstellt worden sind, war - nach der materiellrechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - für den Fall ohne Bedeutung. Deshalb musste das Gericht dem diesbezüglichen Beweisantrag nicht nachgehen. In den Gründen der Entscheidung wird auch ausdrücklich hierauf hingewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13 und 14 GKG.