Beschluss vom 17.10.2005 -
BVerwG 5 B 15.05ECLI:DE:BVerwG:2005:171005B5B15.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.10.2005 - 5 B 15.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:171005B5B15.05.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 15.05

  • Hessischer VGH - 23.11.2004 - AZ: VGH 10 UE 540/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Oktober 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. F r a n k e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. November 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 110 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ist nicht begründet; die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

2 Die Beschwerde rügt unter dem Aspekt der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung eine Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs von der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17. Juli 1985 - 1 RA 11/84 - (BSGE 58, 263) zur Auslegung des § 105 SGB X, wonach "ein Erstattungsanspruch des unzuständigen Leistungsträgers ... nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen (ist), wenn der Leistungsträger unter eindeutiger Verletzung von Zuständigkeitsregelungen dem Versicherten Leistungen erbracht hat" (Leitsatz 2 der Entscheidung), sich "entgegen der offensichtlichen Sach- und Rechtslage bewusst über seine Unzuständigkeit" hinweggesetzt oder "in sonstiger Weise vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Rechtsnormen oder gegen schutzwürdige Interessen anderer verstoßen hat".

3 Diese vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze rechtfertigen für den hier vorliegenden Streitfall nicht die Annahme grundsätzlicher Bedeutung. Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Es hat sich mit der vom Beklagten angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht befasst und brauchte sich damit auch nicht zu befassen, weil die den dort aufgestellten Grundsätzen zugrunde liegenden Verstöße nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vorgelegen haben. Das Berufungsgericht hat gerade nicht festgestellt, dass der Kläger gegen Treu und Glauben verstoßen habe, dass er unter eindeutiger Verletzung von Zuständigkeitsregelungen Leistungen erbracht habe, dass er sich entgegen der offensichtlichen Sach- und Rechtslage bewusst über seine Unzuständigkeit hinweggesetzt habe oder dass er in sonstiger Weise vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Rechtsnormen oder gegen schutzwürdige Interessen anderer verstoßen habe. Dazu sind keine Verfahrensrügen erhoben worden.

4 Soweit der Beklagte vorträgt, der Kläger habe es nach der erfolgten Übernahme des Sozialhilfefalles versäumt, die vorausgegangenen Leistungsbescheide des Beklagten als seinerzeit zuständigen Leistungsträgers auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, und hätte zumindest zeitnah die Art der Hilfe wieder feststellen müssen, da die Gewährung von Eingliederungshilfe regelmäßig eines medizinischen Gutachtens bedürfe, welches der Kläger aber erst ab 1997 eingeholt habe, womit er schutzwürdige Interessen des Beklagten fahrlässig verletzt habe, der nach diesem langen Zeitablauf nicht mehr mit Protest habe rechnen müssen, wird der Sache nach lediglich eine fehlerhafte Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze geltend gemacht. Eine grundsätzliche Bedeutung wird damit nicht aufgezeigt.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, § 72 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).