Beschluss vom 18.01.2007 -
BVerwG 6 C 30.06ECLI:DE:BVerwG:2007:180107B6C30.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.01.2007 - 6 C 30.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:180107B6C30.06.0]

Beschluss

BVerwG 6 C 30.06

  • VGH Baden-Württemberg - 23.11.2005 - AZ: VGH NC 9 S 127/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Januar 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn
und Dr. Graulich
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 23. November 2005 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. März 2005 sind wirkungslos.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens aller Rechtszüge.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1, § 141 VwGO einzustellen; die Vorentscheidungen sind wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

2 Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO), die Verfahrenskosten insgesamt der Klägerin aufzuerlegen. Ohne ihre anderweitige Studienzulassung, die zur Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits führte, wäre dessen Ausgang ungewiss gewesen. Ob die Berufung der Beklagten unzulässig und die Revision der Klägerin, wie sie meint, schon deshalb erfolgversprechend war, ist keineswegs offenkundig, sondern hätte - ebenso wie die zwischen den Beteiligten umstrittenen materiellrechtlichen Fragen - einer eingehenden Prüfung durch das Revisionsgericht bedurft.

3 Die sonst bei ungewissem Verfahrensausgang übliche Kostenteilung bildet im Hinblick auf die Eigenart des Kapazitätsrechtsstreits keine den Prozessverhältnissen angemessene Grundlage für eine Billigkeitsentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO. Für den Kapazitätsrechtsstreit ist kennzeichnend, dass Bewerber um etwaige freie Plätze in einem bestimmten Semester und einem bestimmten Studiengang an einer Hochschule in einer Vielzahl paralleler Streitverfahren konkurrieren. Die Erfolgsaussichten des einzelnen Klägers reduzieren sich daher regelmäßig auf eine - durch Los oder Verteilung nach Zulassungskriterien zu realisierende - Chance auf Zuweisung eines „aufgedeckten“ Studienplatzes. Umgekehrt ist das Prozessrisiko der beklagten Hochschule in der Sache darauf beschränkt, ob und in welchem Umfang zusätzliche Studienplätze festgestellt werden. Da dieses Prozessrisiko im Falle der anderweitigen Zulassung einzelner Studienplatzkläger bei der beklagten Hochschule verbleibt, erscheint es sachgerecht, dass der jeweilige Studienplatzkläger, der sein Klageziel auf andere Weise erreicht hat, die Kosten seines Verfahrens selbst trägt. Wie die Immatrikulation der Klägerin an einer anderen Hochschule zeigt, hat sie - aus verständlichen, ihre Erfolgsaussichten erhöhenden Gründen - mehrere Verfahren angestrengt, in denen sie der Sache nach jeweils denselben Anspruch auf Studienzulassung erhob. Ihr musste dabei bewusst sein, dass auch bei mehrfacher prozessualer Geltendmachung nur ein materieller Anspruch auf Studienzulassung bestand. Die mit der mehrfachen Geltendmachung ein und desselben Zulassungsanspruchs erzielte prozessuale „Chancenmaximierung“ hat für die Klägerin ihren Preis in der Kostenlast, die sie in einem erledigten Verfahren mit offenem Prozessausgang trifft.

4 An diesen Überlegungen, die sich an der ständigen Rechtsprechung des Gerichts in Hochschulzulassungsstreitigkeiten orientieren (Beschlüsse vom 11. Mai 1982 - BVerwG 7 C 89.78 - Buchholz 421.21 Hochschulzulassungsrecht Nr. 4, vom 2. Mai 1985 - BVerwG 7 C 37.83 - Buchholz a.a.O. Nr. 24 und vom 16. Januar 1990 - BVerwG 7 C 11.88 - Buchholz a.a.O. Nr. 45), hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. An ihnen ändert sich auch dann nichts Wesentliches, wenn - wie im vorliegenden Fall - nicht nur die klagende Studienplatzbewerberin, sondern auch die beklagte Universität einen Rechtsanwalt beauftragt hat. Ob sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt oder ob sie sich für die Prozessführung in zweiter und dritter Instanz eines Beamten oder Angestellten mit Befähigung zum Richteramt bedient, stellt § 67 VwGO in deren eigenes Ermessen. Auch in Anbetracht der Kosten, die durch die anwaltliche Vertretung einer beklagten Universität zusätzlich anfallen, entspräche es nicht der Billigkeit, wenn in den oft zahlreichen Gerichtsverfahren, die ein Studienplatzkläger gegen verschiedene Hochschulen anstrengt, diese einen Teil der Kosten tragen müssten, falls sich die Rechtsstreitigkeiten nach anderweitiger Studienzulassung des Klägers in der Hauptsache erledigen.

5 Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG.