Beschluss vom 18.05.2009 -
BVerwG 8 B 13.09ECLI:DE:BVerwG:2009:180509B8B13.09.0

Beschluss

BVerwG 8 B 13.09

  • VGH Baden-Württemberg - 12.08.2008 - AZ: VGH 6 S 1613/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Mai 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Juli 2008 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll.

3 Die von der Beschwerde im Zusammenhang mit § 18 GastG i.V.m. der landesrechtlichen Sperrzeitverordnung aufgeworfene Frage,
ob ein erhebliches Überschreiten der Lärmgrenze in einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung dazu führen müsse, dass ohne weitere Prüfung von subjektiven Elementen des jeweiligen Betroffenen die Unzumutbarkeitsgrenze überschritten ist und damit die öffentliche Ordnung verletzt wird,
bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie lässt sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten.

4 Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Dauer der Sperrzeit für Gaststätten und hierbei zu Fragen der Lärmeinwirkungen darauf abgestellt, ob die Lärmeinwirkungen - bezogen auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten - das zumutbare Maß überschreiten. Dabei bestimmt sich, was als zumutbar hinzunehmen ist, einmal nach der Lärmart und der Intensität der Geräusche, die - wo dies angezeigt ist - nach dem einschlägigen technischen Regelwerk ermittelt werden kann, zum anderen aber auch nach der gegebenen Situation, in der Lärmquelle und Immissionsort sich befinden (grundlegend Urteil vom 7. Mai 1996 - BVerwG 1 C 10.95 - BVerwGE 101, 157 <161 f.> = Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 10 S. 13). Hieraus ergibt sich, dass neben den Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) auch andere Umstände für die Schutzwürdigkeit maßgebend sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dies auch durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gesichtspunkt der Sozialadäquanz bestätigt wird. Er dient in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich als Differenzierungsmerkmal, das es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ermöglicht, der jeweiligen Art der Störung Rechnung zu tragen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich der Grad der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit nicht losgelöst von allgemeinen Wertungen, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben, abstrakt festlegen und an einem starren Lärmwert ablesen lässt. Der Begriff dient zur Beschreibung von Verhaltensweisen oder Zuständen, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und die sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, jedoch von der Bevölkerung insgesamt hingenommen werden, weil sich die Verhaltensweisen oder Zustände noch in den Grenzen des als sozial Üblichen und Tolerierbaren halten (Beschluss vom 9. April 2003 - BVerwG 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300 f.).

5 In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist damit geklärt, dass es für die Beurteilung der Lärmeinwirkungen nicht allein auf die Richtwerte der TA Lärm ankommt, sondern auch andere in der Rechtsprechung genannte Umstände zu berücksichtigen sind. Ebenfalls ist geklärt, dass für die Frage, ob die Lärmeinwirkungen das zumutbare Maß überschreiten, ein objektivierter Maßstab, nämlich das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, zugrunde zu legen ist. Ob die Voraussetzungen für eine Vorverlegung der Sperrzeit auf 22 Uhr erfüllt sind, ist eine Frage der im Einzelfall vorzunehmenden tatrichterlichen Würdigung, die sich einer grundsätzlichen Klärung im Revisionsverfahren entzieht.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 GKG.