Beschluss vom 18.06.2013 -
BVerwG 6 PB 14.13ECLI:DE:BVerwG:2013:180613B6PB14.13.0

Leitsatz:

Ein Beschluss des Personalrats, durch welchen ein in der Dienststelle beschäftigter Sachbearbeiter zum Intranetredakteur bestellt wird, ist für die Dienststelle nicht verbindlich.

  • Rechtsquellen
    MBGSH § 34

  • VG Hamburg - 09.07.2012 - AZ: VG 26 FL 12/12
    Hamburgisches OVG - 27.02.2013 - AZ: OVG 8 Bf 197/12.PVL

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.06.2013 - 6 PB 14.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:180613B6PB14.13.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 14.13

  • VG Hamburg - 09.07.2012 - AZ: VG 26 FL 12/12
  • Hamburgisches OVG - 27.02.2013 - AZ: OVG 8 Bf 197/12.PVL

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Juni 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Möller
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, Fachsenat nach dem sonstigen Landespersonalvertretungsrecht, vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 88 Abs. 2 MBGSH i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2 Der Antragsteller will geklärt wissen, ob und in welchem Umfang ein nicht offensichtlich rechtswidriger Personalratsbeschluss auch dann Bindungswirkung für die Dienststelle entfaltet, wenn es sich nicht um einen Beschluss handelt, der kostenauslösender Natur im Sinne von § 34 MBGSH ist. Die Frage ist in diesem weitformulierten Umfang nicht entscheidungserheblich. Wie der Antragsteller ausdrücklich klargestellt hat (Seite 6 seiner Beschwerdebegründung vom 10. Juni 2013), bezieht sich seine Nichtzulassungsbeschwerde ausschließlich auf den in den Vorinstanzen gestellten Antrag zu 1. Dieser war auf die Verpflichtung der Beteiligten gerichtet, dem vom Antragsteller bestellten Intranetredakteur, Herrn Bernd W., seine Aufgabenerfüllung für den Antragsteller rechtlich, technisch und tatsächlich zu ermöglichen. Bei dem genannten Beschäftigten handelt es sich nach Feststellung des Oberverwaltungsgerichts um einen Sachbearbeiter im Team der IT-Verbindungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Nord (BA S. 9). Angesichts dessen kann den Ausführungen der Beschwerdebegründung allenfalls sinngemäß als entscheidungserhebliche Rechtsfrage entnommen werden, ob ein Beschluss des Personalrats, einen in der Dienststelle beschäftigten Sachbearbeiter zum Intranetredakteur zu bestellen, für die Dienststelle verbindlich ist. Diese Frage ist mit dem Oberverwaltungsgericht offensichtlich zu verneinen, sodass es ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

3 Dies ergibt sich bereits aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Regelung in § 34 MBGSH. In Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift ist grundlegend bestimmt, dass die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten trägt. Welche Kosten dazugehören, ist dem nicht abschließenden, aus sechs Nummern bestehenden Katalog in § 34 Abs. 1 Satz 2 MBGSH zu entnehmen. Im Anschluss daran bestimmt § 34 Abs. 1 Satz 3 und 4 MBGSH: „In den Fällen des Satzes 2 Nr. 3 bis 6 sind Beschlüsse des Personalrates für die Dienststelle bindend, soweit sie sich im Rahmen der für den Personalrat bereitgestellten Haushaltsmittel halten, es sei denn, dass das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht sie auf Antrag der Dienststelle aufhebt. Der Antrag ist innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Unterrichtung der Dienststelle über den Beschluss des Personalrates zu stellen.“

4 Danach sind Beschlüsse des Personalrats zu Reisekosten sowie zu Kosten des sachlichen Geschäftsbedarfs und des Informationsbedarfs für die Dienststelle unter dem Vorbehalt verbindlich, dass sie die bereitgestellten Haushaltsmittel nicht überschreiten und nicht auf Initiative der Dienststelle vom Verwaltungsgericht aufgehoben werden. In allen anderen, nicht von § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 6 MBGSH erfassten Fällen muss der Dienststellenleiter Beschlüsse des Personalrats nicht befolgen, wenn er der Auffassung ist, dass sie mit dem geltenden Recht nicht im Einklang stehen. Dies gilt daher auch hinsichtlich der Regelungen in § 34 Abs. 2 MBGSH, wonach die Dienststelle für die laufende Geschäftsführung des Personalrats in erforderlichem Umfang Büropersonal zur Verfügung zu stellen hat. In dieser Hinsicht ist es dem Personalrat freilich unbenommen, seine Ansprüche im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren durchzusetzen (§ 88 Abs. 1 Nr. 5 MBGSH).

5 Die beschriebene Rechtslage unterscheidet sich nicht von derjenigen, wie sie auch sonst im Personalvertretungsrecht zur Bereitstellung von Büropersonal für den Personalrat besteht (vgl. § 44 Abs. 2 BPersVG und entsprechende Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze). Der Senat hat entschieden, dass die Entscheidung, welchen Beschäftigten der Dienststellenleiter damit beauftragt, der Personalvertretung als Bürokraft Hilfe zu leisten, allein ihm obliegt, so dass er auch über die Beendigung dieses Auftrages ohne Beteiligung der Personalvertretung entscheiden kann (Beschluss vom 21. März 1984 - BVerwG 6 P 3.82 - Buchholz 238.37 § 40 NWPersVG Nr. 2 S. 12). Dem gegenüber wird in der Kommentarliteratur durchweg vertreten, dass dem Personalrat bei der Auswahl des Büropersonals wegen des erforderlichen Vertrauensverhältnisses ein Mitspracherecht zusteht (vgl. Gerhold, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 44 Rn. 45a; Kröll, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 44 Rn. 65; Ilbertz, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 44 Rn. 45; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 44 Rn. 75a; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 44 Rn. 93; Donalies/Hübner-Berger, Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein, § 34 Rn. 2.2; ebenso VGH München, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 17 PC 10.15 80 - juris Rn. 22; zum Betriebsverfassungsrecht: BAG, Beschluss vom 5. März 1997 - 7 ABR 3/96 - AP Nr. 56 zu § 40 BetrVG 1972). Das die Dienststelle eine Auswahlentscheidung des Personalrats bis zu einer gegenteiligen rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung befolgen muss, scheidet dagegen in jedem Fall aus. Durch die Auswahl des Büropersonals wird die in Verantwortung des Dienststellenleiters stehende Personalhoheit berührt. Es handelt sich daher nicht um eine Angelegenheit, welche der autonomen Willensbildung des Personalrats zugewiesen und vom Dienststellenleiter hinzunehmen ist (vgl. zur Auswahl freizustellender Personalratsmitglieder: Beschluss vom 10. Mai 1984 - BVerwG 6 P 33.83 - BVerwGE 69, 222 <224> = Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr. 15 S. 11 f.).

6 Erst recht muss die Dienststelle einer Personalvorstellung des Personalrats nicht Folge leisten, welche das Qualifikationsniveau überschreitet, das durch den Begriff „Büropersonal“ definiert ist. Diesen Begriff hat der Schleswig-Holsteinische Landesgesetzgeber bei der Verabschiedung seines Mitbestimmungsgesetzes vom 11. Dezember 1990 bereits in § 44 Abs. 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974 vorgefunden, sodass mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einem gleichartigen Verständnis auszugehen ist. Im Entwurf des Bundespersonalvertretungsgesetzes war noch der Begriff „Bürohilfskräfte“ verwandt und in der Begründung dazu klargestellt worden, dass Sachbearbeiter nicht zur Verfügung zu stellen sind (BTDrucks 7/176 S. 10 und 30 zu § 43). Auf Initiative des Innenausschusses hat der Bundestag den Begriff „Bürohilfskräfte“, um einer damit etwa verbundenen Diskriminierung vorzubeugen, durch den Begriff „Büropersonal“ ersetzt, ohne dass damit eine materielle Änderung beabsichtigt war (vgl. BTDrucks 7/1339 S. 18; 7/1373 S. 4 zu § 43). Es entspricht daher einhelliger Auffassung, dass die Dienststelle nicht verpflichtet ist, dem Personalrat Sachbearbeiter zur Verfügung zu stellen (vgl. Beschluss vom 21. März 1984 a.a.O. S. 10; VGH München, Beschluss vom 8. April 2008 - 18 P 07.13 70 - juris Rn. 14; Gerhold, a.a.O. § 44 Rn. 44; Kröll, a.a.O. § 44 Rn. 63; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 44 Rn. 74; Ilbertz, a.a.O. § 44 Rn. 45; Jacobs, a.a.O. § 44 Rn. 91). Da der Personalrat in dieser Hinsicht über keine Rechtsposition verfügt, kann sein Beschluss, ihm einen in der Dienststelle beschäftigten Sachbearbeiter zur Verfügung zu stellen, für die Dienststelle keine Verbindlichkeit entfalten.