Beschluss vom 18.09.2009 -
BVerwG 6 PB 23.09ECLI:DE:BVerwG:2009:180909B6PB23.09.0

Leitsatz:

Soll zur gerichtlichen Vertretung des öffentlichen Arbeitgebers anstelle des Behördenleiters ein Abteilungsleiter berufen sein, so müssen für eine wirksame Antragstellung nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG die delegierenden Bestimmungen entweder veröffentlicht sein oder innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist dem Gericht vorgelegt werden.

  • Rechtsquellen
    BPersVG § 9

  • OVG Lüneburg - 07.05.2009 - AZ: OVG 17 LP 6/08 –
    Niedersächsisches OVG - 07.05.2009 - AZ: OVG 17 LP 6/08

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.09.2009 - 6 PB 23.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:180909B6PB23.09.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 23.09

  • OVG Lüneburg - 07.05.2009 - AZ: OVG 17 LP 6/08 –
  • Niedersächsisches OVG - 07.05.2009 - AZ: OVG 17 LP 6/08

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. September 2009
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Vormeier und Dr. Möller
beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 7. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2 Die Antragstellerin will sinngemäß geklärt wissen, ob der Schutzzweck des § 9 BPersVG unverhältnismäßig überdehnt wird, wenn für eine rechtswirksame Antragstellung gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG verlangt wird, dass der Personalleiter einer zur gerichtlichen Vertretung der öffentlichen Arbeitgeberin berufenen Behörde innerhalb der Ausschlussfrist dem Gericht eine vom Behördenleiter ausgestellte Vollmacht vorlegt. Diese Frage ist anhand ständiger Senatsrechtsprechung eindeutig zu beantworten, so dass es ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

3 Nach dieser Rechtsprechung muss innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG eine verantwortliche Entscheidung desjenigen vorliegen, der den Arbeitgeber gerichtlich vertritt. Diese Voraussetzungen sind für alle Beteiligten sichtbar erfüllt, wenn die innerhalb der Ausschlussfrist eingegangene Antragsschrift vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist. Eine rechtzeitige Antragstellung ist aber auch durch eine Antragsschrift möglich, die durch einen nachgeordneten Bediensteten unterschrieben ist; dieser muss dann allerdings seine Vertretungsbefugnis innerhalb der Ausschlussfrist durch Vorlage einer Vollmacht nachweisen, die vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 11.03 - BVerwGE 119, 270 <274 ff.> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 23 S. 26 ff., vom 8. Juli 2008 - BVerwG 6 P 14.07 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 31 Rn. 17, vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 - juris Rn. 20 und vom 19. August 2009 - BVerwG 6 PB 19.09 - juris Rn. 4).

4 Die vorbezeichnete Rechtsprechung findet ihre Grundlage im Zweck der Regelung des § 9 BPersVG, den Jugendvertreter vor nachteiligen Folgen der Amtsausübung zu schützen sowie die Kontinuität der Gremienarbeit zu sichern. Der betroffene Jugendvertreter soll spätestens zwei Wochen nach Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses Sicherheit über die verantwortlich entschiedenen Absichten seines Arbeitgebers haben. Hierdurch wird ihm die Möglichkeit gegeben, frühzeitig einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Damit erfüllt das Fristerfordernis eine Signalfunktion (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 a.a.O. S. 277 f. bzw. S. 28 f. und vom 19. August 2009 a.a.O. Rn. 5).

5 Eine unangemessene Überdehnung des Schutzgedankens in § 9 BPersVG ist mit dieser Rechtsprechung nicht verbunden. Die dort gestellten formellen Anforderungen an die wirksame Antragstellung nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG sind von den öffentlichen Arbeitgebern leicht zu erfüllen. Demgegenüber ist der Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Jugendvertreter keine beiläufig zu erledigende Routineangelegenheit. Vielmehr geht es dabei um die berufliche Existenz junger Menschen, die sich mit der Übernahme einer personalvertretungsrechtlichen Funktion für die Belange jugendlicher Beschäftigter und Auszubildender in der Dienststelle eingesetzt haben.

6 Ob der Personalleiter einer den öffentlichen Arbeitgeber vertretenden Behörde ohne Vorlage der Vollmacht des Behördenleiters den Auflösungsantrag stellen kann, hängt demnach davon ab, ob er selbst anstelle des Behördenleiters zur gerichtlichen Vertretung des Arbeitgebers befugt ist. Ist das nicht der Fall, so ist er wie jeder andere nachgeordnete Bedienstete zu behandeln. Ist er anstelle des Behördenleiters zur gerichtlichen Vertretung berufen, so müssen die delegierenden Bestimmungen entweder veröffentlicht sein oder dem Gericht innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist vorgelegt werden. Nur auf diese Weise wird der zu Gunsten des Jugendvertreters wirkenden Signalfunktion des Fristerfordernisses Rechnung getragen (vgl. Beschlüsse vom 8. Juli 2008 a.a.O. Rn. 26 und vom 23. Juli 2008 - BVerwG 6 PB 13.08 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 32 Rn. 11 f.).

7 Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Bundesrepublik Deutschland als Arbeitgeberin im Sinne von § 9 BPersVG von der zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektion vertreten wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Nr. 2 Buchst. b, § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 der Anordnung über die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen - VertrOBVBW - vom 4. April 2005, VkBl. S. 391). Diese wird wiederum durch ihren Präsidenten vertreten (§ 6 Abs. 1 Halbs. 1 VertrOBVBW); er ist gesetzlicher Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Ob in § 6 Abs. 1 Halbs. 2 VertrOBVBW gemeint ist, dass diese Eigenschaft mit Wirkung für das gerichtliche Verfahren auf einen Abteilungsleiter in seinem Zuständigkeitsbereich übergehen kann, ist mit Blick auf die Regelung in § 6 Abs. 2 VertrOBVBW nicht zweifelsfrei. Bejaht man dies, so müssen jedenfalls die etwa in Betracht kommenden delegierenden Bestimmungen (Geschäftsordnung, Aufgabenverteilungsplan, Tätigkeitsbeschreibung) für eine wirksame Antragstellung nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG entweder veröffentlicht sein oder innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist dem Gericht vorgelegt werden. Dass solches geschehen ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. In der Senatsrechtsprechung bisher nicht geklärte Rechtsprobleme ergeben sich daraus nicht.