Urteil vom 19.02.2004 -
BVerwG 2 WD 14.03ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U2WD14.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 2 WD 14.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U2WD14.03.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 14.03

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der öffentlichen Hauptverhandlung am 19. Februar 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Fregattenkapitän Cornelius,
Kapitänleutnant Koslowski
als ehrenamtliche Richter,
Leitender Regierungsdirektor Söllner
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Ministerialrat a.D. Dr. Busch, Wachtberg-Pech,
als Verteidiger,
Justizobersekretärin von Förster
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung des Soldaten gegen das Urteil der ... Kammer des Truppendienstgerichts ... vom 17. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Soldaten auferlegt.

Gründe

I

Der heute 39 Jahre alte frühere Soldat absolvierte nach dem erfolgreichen Besuch der 10. Klasse Hauptschule und einer einjährigen Höheren Handelsschule eine Ausbildung zum Bürokaufmann, die er 1986 mit dem Gesamtergebnis „sehr gut“ abschloss. Auf dem sogenannten „Zweiten Bildungsweg“ erwarb er 1994 das Zeugnis der Reife, studierte Rechtswissenschaften und legte im Juli 1999 die erste juristische Staatsprüfung (Gesamtnote: „vollbefriedigend“) und später auch die zweite juristische Staatsprüfung ab. Ferner bestand er im Juni 1999 an der Universität S. im Fach Rechtswissenschaften die erste Diplomprüfung. Aufgrund seiner Ausbildung im Sanitätsdienst der Bundeswehr darf er die Berufsbezeichnung Krankenpfleger führen.

Im Januar 1984 wurde er zur Bundeswehr einberufen und aufgrund seiner Verpflichtung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf sechs Monate, dann auf zwei und schließlich auf vier Jahre festgesetzt. Sie endete mit Ablauf des 31. Dezember 1987.

Der frühere Soldat nahm nach seiner aktiven Dienstzeit - zum überwiegenden Teil freiwillig - an zahlreichen Wehrübungen teil. Im Rahmen dieser Wehrübungen bestand er am 14. April 1989 den Bootsmannlehrgang mit der Note „sehr gut“ und am 21. November 1989 den Offizierlehrgang Reserveoffizier mit der Note „befriedigend“.

Er wurde regelmäßig befördert, und zwar nach Übernahme in die Laufbahn der Reserveoffiziere der Marine mit Wirkung vom 1. Dezember 1989 zum Leutnant zur See der Reserve, am 19. Juni 1992 zum Oberleutnant zur See der Reserve und schließlich am 17. Juli 1995 zum Kapitänleutnant der Reserve.

Während seiner aktiven Dienstzeit wurde er am 10. Juli 1986 als Sanitätsmaat sowie danach am 5. Mai 1988 als Maat der Reserve nach einer Wehrübung vom 5. April bis 6. Mai 1988, am 9. September 1988 als Obermaat der Reserve im Anschluss an eine Wehrübung vom 15. August bis 9. September 1988, am 1. November 1990 und am 21. April 1992 jeweils als Leutnant zur See der Reserve im Anschluss an Wehrübungen vom 2. Oktober bis 2. November 1990 und vom 6. bis 24. April 1992 sowie am 9. August 1993 und am 30. März 1995 als Oberleutnant zur See der Reserve im Anschluss an Wehrübungen vom 26. Juli bis 13. August 1993 und vom 5. bis 30. September 1994 beurteilt. In seinem gegenwärtigen Dienstgrad als Kapitänleutnant der Reserve erhielt er im Zusammenhang mit einer vom 10. bis 28. August 1998 dauernden Wehrübung eine weitere Beurteilung am 26. August 1998. In der gebundenen Beschreibung wurde er darin fünfmal - „Einsatzbereitschaft“, „Eigenständigkeit“, „Fürsorgeverhalten“, „Ausdrucksvermögen (mündlich)“, „Ausdrucksvermögen (schriftlich)“ - mit der Höchstwertung „1“ sowie im Übrigen mit „2“ beurteilt. In der freien Beschreibung wird ausgeführt:

„KptLt ... hat sich in den drei Wochen seines Hierseins als Kompaniechef sehr gut bewährt. Nicht nur in disziplinarrechtlicher - sondern auch in allgemein-militärischer Hinsicht hat er überzeugt. Binnen kurzem erwarb er sich durch sein großes Fachwissen, sein Engagement und seine Fähigkeit, natürliche Einflussgrenzen zu erkennen und Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen, Respekt bei den ihm unterstellten Soldaten. Er verfügt über ein klares Urteilsvermögen, denkt differenziert und logisch, ist sehr redegewandt und hat ein tadelloses Auftreten. Der schwierigen Aufgabe der Führung einer großen Stabs- und Versorgungskompanie zeigt er sich gewachsen.“

Im Rahmen einer vom 6. April bis 2. Juli 1999 dauernden Wehrübung, die er beim Standortsanitätszentrum (StOSanZ) R. absolvierte, wobei er die Aufgaben eines Sanitätsdienstoffiziers im Bereich S 1, S 2, S 3 und S 4 wahrnahm, wurden in der Beurteilung vom 31. Mai 1999 seine Leistungen einmal („Einsatzbereitschaft“) mit der höchsten Stufe „7“, siebenmal mit der Stufe „6“ und zweimal („Praktisches Können“, „Dienstaufsicht“) mit der Stufe „5“ beurteilt; nicht bewertet wurde das „Fürsorgeverhalten“. Der Disziplinarvorgesetzte, der Leiter des StOSanZ R., führte unter „Ergänzende Kennzeichnungen zu den Einzelmerkmalen“ Folgendes aus:

„Kapitänleutnant ... zeigt ein vorbildliches Engagement für die Sache der Bundeswehr. Sein Einsatz als Wehrübender fußt auf seiner Grundhaltung: ‚Wenn ich gebraucht werde, dann diene ich!’

Er ist ein begeisterungsfähiger und leistungsbereiter Reserveoffizier, der aus eigenem Antrieb konsequent die Möglichkeiten ausschöpft, die ihm sein derzeitiger Dienstposten bietet. Besonders hervorzuheben ist seine Tätigkeit als Lehrender in der politischen Bildung für die Angehörigen des Standortsanitätszentrums, die er neben seinen sonstigen Aufgaben durchführt.

Aus diesen Gründen bewerte ich das Einzelmerkmal ‚Einsatzbereitschaft’ mit ‚7’.

Durch sein Fachwissen und eine detaillierte Vorschriftenkenntnis zeigte er sich jederzeit seinen Aufgaben gewachsen. ...“

In der „Freien Beschreibung“ heißt es:

„Kapitänleutnant ... hat sich während seiner Tätigkeit als S 1 - S 4-Offizier am Standortsanitätszentrum R. große Verdienste bei der Organisation und der Steuerung des zentralen Bereichs erworben.

Er verfügt über eine rasche Auffassungsgabe, Kreativität und große Flexibilität im Denken und Handeln. Er denkt logisch, folgerichtig und analysiert klar. Sein Urteil ist ausgewogen und präzise.

Bemerkenswert ist sein Vermögen, den juristischen Sachverstand zur Optimierung des täglichen Dienstbetriebes einzusetzen.

Kapitänleutnant Loke hat ein tadelloses Auftreten als Offizier. Wegen seines sympathischen Wesens sowie seiner besonnenen Wesensart genießt er die Wertschätzung aller Mitarbeiter.

Er überzeugt durch persönliches Beispiel sowie natürliche Autorität.

Kapitänleutnant Loke hat Freude an seiner Tätigkeit als Reserveoffizier und strebt nach allen Möglichkeiten für eine erfolgreiche Laufbahn in dieser Funktion.“

Die zu dieser Beurteilung abgegebenen Stellungnahmen des nächsthöheren Vorgesetzten wurden mehrfach aufgehoben, zuletzt durch Beschluss des Truppendienstgerichts ... (Az.: ... BLa .../01) vom 26. März 2003.

Der frühere Soldat ist berechtigt, das Ehrenzeichen der Bundeswehr in Silber und das Goldene Sportabzeichen zu tragen. Der Auszug aus dem Zentralregister vom 11. Mai 2001 enthält keine Eintragungen. Disziplinar ist der frühere Soldat weder positiv noch negativ in Erscheinung getreten.

Er ist ledig und seit einiger Zeit als Rechtsassessor bei einem Unternehmen beschäftigt, das vor kurzem Insolvenzantrag gestellt hat. Der frühere Soldat bezeichnet seine wirtschaftlichen Verhältnisse als geordnet. Er verfügt über keine Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge.

II

III