Beschluss vom 19.12.2006 -
BVerwG 4 A 1053.06ECLI:DE:BVerwG:2006:191206B4A1053.06.0

Beschluss

BVerwG 4 A 1053.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Dezember 2006
durch den Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch
beschlossen:

  1. Der Beklagte wird verpflichtet, über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebes in Teil A II 5.1.1, über die Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen in Teil A II 5.1.3 und über die Grenzziehung des Entschädigungsgebietes Außenwohnbereich in Teil A II 5.1.5 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 i.d.F. vom 21. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
  2. Soweit der Planfeststellungsbeschluss diesen Verpflichtungen entgegensteht, wird er aufgehoben.
  3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  4. Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 tragen die Kläger als Gesamtschuldner 3/4. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1 jeweils 1/8. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld. Sie sind in ehelicher Vermögensgemeinschaft Eigentümer des zu Wohnzwecken genutzten Grundstückes Gemarkung Köpenick, Straße ... Nr. ... in Berlin-Müggelheim. Das Grundstück liegt in der Umgebung des planfestgestellten Flughafens, wird aber nicht für das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen. Die Kläger fühlen sich insbesondere durch den zu erwartenden Fluglärm beschwert.

2 Mit ihrer am 19. Oktober 2004 erhobenen Klage beantragen die Kläger,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 in der Fassung vom 21. Februar 2006 aufzuheben,
hilfsweise: festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und solange nicht vollziehbar ist, bis dessen Mängel durch ein ergänzendes Verfahren behoben worden sind.

3 Der Beklagte und die beigeladenen Träger des Vorhabens beantragen Abweisung der Klage.

4 Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 haben nahezu 4000 Personen Klagen erhoben, die in rund 60 Verfahren zusammengefasst waren. Der beschließende Senat hat von der ihm durch § 93a Abs. 1 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, vorab Musterverfahren durchzuführen und die übrigen Verfahren auszusetzen. Die Beteiligten aller Verfahren sind dazu gemäß § 93a Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört worden, die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens mit Schreiben vom 28. April 2005. Die Kläger, deren Klage nicht als Musterverfahren vorgesehen war, haben von der ihnen eingeräumten Möglichkeit, sich zu dem beabsichtigten Vorgehen zu äußern, keinen Gebrauch gemacht. Mit Beschluss vom 3. August 2005 - BVerwG 4 A 1041.04 - hat der Senat das vorliegende Verfahren gem. § 93a Abs. 1 VwGO ausgesetzt.

5 Über die ausgewählten Musterklagen, die in vier Verfahren zusammengefasst waren, ist auf die mündliche Verhandlung vom 7. bis 9., 14. bis 16. und 21. bis 23. Februar 2006 durch Urteile vom 16. März 2006 entschieden worden (vgl. (BVerwG 4 A 1001.04 , BVerwG 4 A 1073.04 , BVerwG 4 A 1078.04 und BVerwG 4 A 1075.04 - letzteres abgedruckt in BVerwGE 125, 116 ff.). Die Anfechtungsklagen wurden abgewiesen, die hilfsweise erhobenen Anträge auf Planergänzung hatten, soweit es um besseren Lärmschutz ging, teilweise Erfolg.

6 Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 hat das Gericht die Kläger darauf hingewiesen, dass ihr Verfahren nach dem rechtskräftigen Abschluss der Musterverfahren fortzuführen sei (Aktenzeichen BVerwG 4 A 1053.06 ), gegebenenfalls auch nach Maßgabe des § 93a Abs. 2 VwGO. Ein Abdruck des Urteils vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - und des Protokolls über die mündliche Verhandlung wurden den Prozessbevollmächtigten der Kläger übersandt; eine Übersendung der drei weiteren, nahezu inhaltsgleichen Musterurteile wurde den Klägern bei Bedarf angeboten. Die Kläger haben sich zur Sache nicht geäußert, sondern beantragt, in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO das Verfahren bis zur Entscheidung über die gegen die Musterurteile erhobenen Verfassungsbeschwerden auszusetzen. Der Beklagte wendet sich gegen eine Aussetzung.

7 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf das Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 ff.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung in den Musterverfahren verwiesen.

G r ü n d e :