Beschluss vom 20.04.2007 -
BVerwG 1 B 34.07ECLI:DE:BVerwG:2007:200407B1B34.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.04.2007 - 1 B 34.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:200407B1B34.07.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 34.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 21.12.2006 - AZ: OVG 20 A 3925/05.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. April 2007
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Dezember 2006 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig. Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO wird in der Beschwerdebegründung weder benannt noch in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt.

2 Die Beschwerde ist offenbar der Auffassung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Sie wirft die Frage auf, ob der aus Afghanistan stammende Kläger bei einer Rückkehr dorthin „zwingend oder nur fakultativ“ in lebensbedrohliche Situationen kommt. Diese Frage sei von überragendem und übergreifendem Interesse für alle aus Afghanistan stammenden Ausländer in Deutschland. Die Gefährdungssituation für nach Afghanistan zurückkehrende Flüchtlinge müsse höchstrichterlich geklärt werden. Die Beschwerde bezeichnet die Frage zwar als Rechtsfrage, die Frage betrifft jedoch die den Tatsachengerichten vorbehaltene Klärung der politischen Verhältnisse in Afghanistan. Dem verschließt sich letztlich auch die Beschwerde nicht, wenn sie davon spricht, es sei eine „höchstrichterliche Tatsachenermittlung“ erforderlich. Das Revisionsgericht darf von sich aus keine Tatsachen ermitteln. Es darf lediglich - auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen - Fragen des revisiblen Rechts klären (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).

3 Entsprechendes gilt für die weitere Frage, ob es rechtmäßig sei, „die Frage der individuell angelegten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit“ auf die Verhältnisse in Kabul zu beschränken. Kabul sei „nicht sicher“, sondern so unsicher, dass auch dort für Rückkehrer „Lebensgefahr in aktueller Form droht“. Angesichts der aktuellen Entwicklung sei die Einschätzung des Berufungsgerichts, die Sicherheitslage habe sich nicht zugespitzt, „nach hiesiger Bewertung falsch“. Auch mit diesem Vorbringen bezeichnet die Beschwerde keine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts, die in einem Revisionsverfahren verallgemeinerungsfähig beantwortet werden kann. In Wahrheit wendet die Beschwerde sich auch insoweit gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende bzw. unzutreffende Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht.

4 Schließlich sind auch die Hinweise der Beschwerde im Zusammenhang mit der Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG nicht geeignet, die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu erreichen. Die Beschwerde führt aus, es sei höchstrichterlich bisher nicht geklärt, ob es rechtmäßig sei, die Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie „hinsichtlich ihrer Anwendung offenzulassen“, so wie es das Berufungsgericht getan habe. Das Berufungsgericht hätte abschließend klären müssen, ob und in welchen Konstellationen die Handhabung des vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Kriteriums der extremen Gefahr dazu führen könne, dass einem Schutzsuchenden entgegen Art. 18 der Richtlinie der subsidiäre Schutzstatus vorenthalten bleiben dürfe. Dieses Vorbringen stellt keine ordnungsgemäße Grundsatzrüge dar. Die Beschwerde beschränkt sich bei ihrer Rüge darauf, den Passus aus der Berufungsentscheidung, dass es anlässlich des vorliegenden Verfahrens hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der Qualifikationsrichtlinie und § 60 Abs. 7 AufenthG keiner abschließenden Klärung bedarf (BA S. 6), wörtlich zu wiederholen und in der Weise zu modifizieren, dass dieser Zusammenhang entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hätte abschließend geklärt werden müssen. Die Beschwerde geht nicht darauf ein, dass das Berufungsgericht eine solche Klärung deshalb nicht für erforderlich gehalten hat, weil die im Fall des Klägers in Betracht zu ziehenden Gefahren nicht von Art. 15 der Richtlinie erfasst seien und es deshalb bei den innerstaatlichen, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 60 Abs. 7 AufenthG entwickelten Maßstäben verbleibe. Sie gibt nicht an, aus welchen Gründen diese Erwägungen unzutreffend sein sollen und geht in diesem Zusammenhang weder auf die Umstände des Einzelfalles noch auf die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ein. Sie setzt sich auch nicht mit Art. 15 Buchst. c der Qualifikationsrichtlinie auseinander, auf den sich das Berufungsgericht in seiner Entscheidung maßgeblich bezogen hat. Damit fehlt es an der hinreichenden Darlegung einer konkreten, mit der Qualifikationsrichtlinie zusammenhängenden Rechtsfrage, die sich in einem Revisionsverfahren in entscheidungserheblicher Weise stellen könnte.

5 Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.