Beschluss vom 20.11.2004 -
BVerwG 8 B 55.04ECLI:DE:BVerwG:2004:201104B8B55.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.11.2004 - 8 B 55.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:201104B8B55.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 55.04

  • VG Meiningen - 22.03.2004 - AZ: VG 5 K 380/00.Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l
sowie den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und die
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 22. März 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 75 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägerinnen geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
Soweit die Klägerin zu 2 Zulassungsgründe geltend macht, scheitert sie mit ihrem Vorbringen schon allein deshalb, weil das Verwaltungsgericht ihre Klage wegen des fehlenden ordnungsgemäßen Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen hat. Der hierfür maßgebende Grund war die Versäumung der Widerspruchsfrist. Nichtzulassungsgründe bezüglich dieses Zulässigkeitskomplexes hat die Klägerin zu 2 nicht vorbringen können.
Soweit es um die Klage der Klägerin zu 1 geht, greift der zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 nicht durch. Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift eine andere Auffassung vertreten hat als das Bundesverwaltungsgericht. Eine derartige Abweichung liegt in keinem der von der Beschwerde angesprochenen Fällen vor. Das Verwaltungsgericht hat die von beiden Vermögensrechtssenaten entwickelten Rechtssätze zur Auslegung des § 4 VermG seinem klageabweisenden Urteil zugrunde gelegt. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht die Rechtssätze des Urteils vom 28. Februar 2001 - BVerwG 8 C 10.00 - in Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 14 angewandt, wonach eine materielle Beweislastentscheidung nur zu treffen ist, wenn Tatsachen, die für die Beurteilung der Redlichkeit (§ 4 Abs. 3 VermG) erheblich sind, trotz Ausschöpfens aller in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht abschließend aufklärbar sind. Die Beschwerde übersieht, dass der Senat hierzu weiter ausgeführt hat, dass für den Fall, dass die redlichkeitsbegründenden Tatsachen vor dem Verwaltungsgericht nicht erwiesen sind, zu prüfen ist, ob die Grundannahme der Redlichkeit des Erwerbs durch das Bestehen solcher greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte erschüttert wird, die zu vernünftigen, durch Tatsachen belegbare, ernstzunehmende Zweifel an der Redlichkeit führen. Zu dieser grundlegenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht schon keinen abweichenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt. Zudem setzt sich die Beschwerde mit dieser Entscheidung bei ihrer Grundsatzrüge nicht hinlänglich auseinander. Eine Abweichung scheidet auch zu im Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 8 C 10.03 - in Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 23 enthaltenen Rechtssätzen aus. Diese Entscheidung ist zu einer ganz anderen Rechtsvorschrift, nämlich § 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 der REAO ergangen und hat mit dem vorliegenden Redlichkeitsfällen nichts zu tun. Auch bezüglich der weiteren, von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts liegt keine Rechtssatzabweichung vor. Dies hat der Beschwerdegegner in seinem, den Beteiligten bekannten Schriftsatz vom 5. August 2004 umfassend und zutreffend dargelegt. Auf diese Darlegungen verweist der Senat.
Auch der weiterhin geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 As. 2 Nr. 1 VwGO greift nicht ein. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine Rechtsfrage aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag und damit die Klärung der Rechtsfrage von fallübergreifender Bedeutung ist. Eine solche klärungsbedürftige Rechtsfrage ist aber in der Beschwerde nicht gestellt worden. Bei den von ihr formulierten sechs Fragen ("1. Wann und unter welchen Umständen ist im Einzelfall von der Redlichkeit des/der Erwerber auszugehen? - 2. Welche Anforderungen sind hinsichtlich der Erschütterung der Redlichkeit des Erwerbers an denjenigen zu stellen, der durch den Erwerbsvorgang einen Rechtsverlust erlitten hat? - 3. Lässt sich die Annahme, den Erwerber treffe erst dann die volle Beweislast hinsichtlich seiner Redlichkeit, wenn der Alteigentümer diese durch das Vorbringen tatsächlicher, greifbarer und belegbarer Tatsachen, welche einen vernünftigen Zweifel an der Redlichkeit des Erwerbers begründen, erschüttert, allein auf den Normzweck des § 4 Abs. 2 VermG stützen? - 4. Spricht nicht der Wortlaut des § 4 Abs. 3 VermG gegen eine solche Annahme? - 5. Wann und unter welchen Umständen müssen sich dem Erwerber Zweifel an der Rechtmäßigkeit des staatlichen Handelns beim Erwerbsvorgang aufdrängen? - 6. Ist dem Erwerber das Wissen und Wollen der staatlichen Organe über einen manipulativen, nicht mit dem geltenden Recht vereinbaren Kauf eines Grundstückes zuzurechnen?
ist schon die gebotene Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 4 Abs. 2 und 3 VermG zu vermissen. Die Beschwerde setzt sich in diesem Zusammenhang weder mit dem hierzu maßgeblichen Urteil vom 28. Februar 2001 - 8 C 10.00 - a.a.O. noch mit dem Urteil vom 30. November 2000 - BVerwG 7 C 87.99 - in Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 12 noch mit dem Urteil vom 27. Juni 2001 - BVerwG 8 C 26.00 - in Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 13 = VIZ 2002, 28 auseinander. Die im Übrigen auf den Einzelfall abstellenden Fragen der Beschwerde entziehen sich zudem einer abstrakten rechtsgrundsätzlichen Klärung.
Soweit die Beschwerde ab S. 15 der Beschwerdeschrift Darlegungen zu etwaigen Revisionsgründen unterbreitet, können diese nicht zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde herangezogen werden. Denn mit diesen Ausführungen wird nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO eingegangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. §§ 14, 13 GKG a.F.