Beschluss vom 20.11.2009 -
BVerwG 2 VR 4.09ECLI:DE:BVerwG:2009:201109B2VR4.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.11.2009 - 2 VR 4.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:201109B2VR4.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 VR 4.09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. November 2009
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper als Berichterstatter gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das
  4. Verfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil der Antrag des Antragstellers voraussichtlich Erfolg gehabt hätte.

2 Der durch eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu sichernde Bewerbungsverfahrensanspruch dient dem Ziel, im Konkurrentenstreitverfahren die Besetzung der angestrebten Stelle durch Ernennung oder Beförderung des Konkurrenten zu verhindern, weil Ernennung oder Beförderung nur nach der eingeschränkten Maßgabe der Vorschriften des Beamtenrechts rückgängig gemacht werden können. Eine Ernennung oder Beförderung führt daher, auch wenn sie gegen den Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) verstößt, in der Regel zur Erledigung des Konkurrentenrechtsstreits; war die Auswahlentscheidung rechtswidrig, bleibt der übergangene Bewerber regelmäßig auf den Schadensersatzanspruch verwiesen.

3 Diese Folgen einer fehlerhaften Besetzungsentscheidung müssen allerdings dann nicht eintreten, wenn der ausgeschriebene Dienstposten - wie hier - nicht im Wege der Beförderung, sondern im Wege der Umsetzung besetzt werden soll. Zwar hat sich der Dienstherr durch die Ausschreibung auf ein Besetzungsverfahren festgelegt, in welchem der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG uneingeschränkt gilt. Wird die ausgeschriebene Stelle unter Verletzung dieses Grundsatzes aber nicht durch Beförderung, sondern durch Umsetzung besetzt, bleibt es dem Dienstherrn möglich, die Besetzungsentscheidung durch abermalige Umsetzung rückgängig zu machen. In diesem Falle führt die fehlerhafte Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens nicht zur Erledigung des Konkurrentenrechtsstreits.

4 Gleichwohl ist auch in einem solchen Falle ein Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes anzuerkennen. Denn wenn - wie hier - Bewerber sowohl im Wege der Beförderung als auch im Wege der Umsetzung um einen freien Dienstposten konkurrieren, kann die Art des Rechtsschutzes nicht davon abhängen, ob der jeweils ausgewählte Bewerber noch im Anschluss an ein Hauptverfahren von seinem Posten entfernt werden könnte oder ob die Entscheidung endgültig ist. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des übergangenen Bewerbers richtet sich weniger gegen den ausgewählten Konkurrenten als vielmehr darauf, den ausgeschriebenen Dienstposten frei zu halten. Dieses im Mittelpunkt des Konkurrentenstreits stehende Interesse ist auch dann noch gegeben, wenn der Dienstposten im Wege einer Umsetzung besetzt worden ist, die notfalls - wenn auch möglicherweise nicht immer oder nur unter Schwierigkeiten - rückgängig gemacht werden kann. Deshalb ist in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren die normalerweise dem Hauptverfahren vorbehaltene Frage der Rechtmäßigkeit der Stellenbesetzung regelmäßig bereits im Verfahren der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu klären. Hinzu kommt, dass der ausgewählte Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung gewinnt, der mit der Länge des Hauptverfahrens zunimmt und ihm auch dann verbleibt, wenn sich im späteren Hauptverfahren die zu seinen Gunsten getroffene Personalentscheidung als rechtswidrig erweisen sollte. Ohne diesen möglicherweise rechtswidrigen Erfahrungsvorsprung könnte der unterlegene Bewerber in einem späteren Verfahren rügen, der Mitbewerber habe bis zur Auswahlentscheidung keine Führungsposition besetzt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - ZBR 2008, 164). Da sich dienstliche Beurteilungen auf den tatsächlich wahrgenommenen Dienstposten unter Berücksichtigung der sich aus dem abstrakt-funktionellen Amt ergebenden Anforderungen beziehen müssen, können die auf dem Dienstposten gezeigten Leistungen in einer zutreffenden dienstlichen Beurteilung wohl nicht ausgeblendet werden (offengelassen im Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - ZBR 2008, 162 und im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2005 - 2 BvR 221/05 - ZBR 2006, 165 <166>). Denn die dienstliche Beurteilung muss den im Beurteilungszeitraum tatsächlich vorhandenen Leistungsstand des Beamten bewerten (vgl. Urteile vom 17. April 1986 - BVerwG 2 C 28.83 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 8 S. 15, vom 13. November 1997 - BVerwG 2 A 1.97 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 17 S. 4 und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 C 41.00 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 22).

5 Die Entscheidung über die Kosten des Beigeladenen beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 2 GKG.