Beschluss vom 20.12.2006 -
BVerwG 8 B 18.06ECLI:DE:BVerwG:2006:201206B8B18.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.12.2006 - 8 B 18.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:201206B8B18.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 18.06

  • VG Halle - 26.10.2005 - AZ: VG 1 A 132/03 HAL

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 26. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 70 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu, noch liegen die gerügten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) vor.

2 1. Die Klägerin will in einem Revisionsverfahren als grundsätzlich bedeutsam die Frage geklärt wissen,
ob ein Restitutionsbescheid über ein Grundstück Bindungswirkung im anschließenden Verfahren über das Eigentum an dem dort aufstehenden Gebäude entfaltet.

3 Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es keiner Zulassung der Revision. Bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung kann eine Bindungswirkung nur dem Dritten gegenüber eintreten, der durch den Verwaltungsakt beschwert und folglich anfechtungsbelastet ist. Das ist in der vorliegenden Konstellation nicht der Gebäudeeigentümer.

4 Die bloße Restitution eines volkseigenen Grundstücks mit aufstehendem Gebäude, für das selbständiges Gebäudeeigentum besteht, ohne gleichzeitige Aufhebung des dinglichen Nutzungsrechts (vgl. § 16 Abs. 3 Satz 1 VermG) beschwert allein den Verfügungsberechtigten über das Grundstück (vorliegend die Stadt H.). Dieser verliert seine Rechte am Grundstück. Das Gebäudeeigentum bleibt vom Wechsel des Grundstückseigentümers unberührt. Die rechtliche Situation ähnelt der beim Erbbaurecht. Für den Gebäudeeigentümer wird nur der Grundstückseigentümer ausgetauscht, seine Rechte am Gebäude und sein dingliches Nutzungsrecht bleiben weiterhin bestehen. Seiner Anfechtungsklage gegen diesen Restitutionsbescheid würde es schon an der Klagebefugnis fehlen. Ist er aber nicht klagebefugt, kann ihn auch die Bindungswirkung des Restitutionsbescheides nicht treffen; denn diese kann nur gegenüber demjenigen eintreten, der sich gegen ihren Eintritt rechtlich hat wehren können. Folglich stehen dem Gebäudeeigentümer in dem zweiten Verfahren, das nunmehr die Restitution seines Gebäudeeigentums zum Gegenstand hat, alle Abwehrrechte zur Verfügung.

5 2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe die Grundsätze der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung verletzt, weil es entscheidungserheblich auf die eidesstattlichen Erklärungen der Herren E., H. und Z. abgestellt habe. Diese Erklärungen seien nicht für das Verfahren abgegeben worden. Es handele sich auch nicht um eidesstattliche Versicherungen im formalen Sinn. Das Verwaltungsgericht habe diesen Erklärungen einen Wert beigemessen, der ihnen nicht zukomme, insbesondere seien sie keine Beweismittel.

6 Die Beschwerde rügt damit einen Verstoß des Gerichts gegen die Pflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Beschwerde darlegt, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts, auf die es allein ankommt, ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen.

7 Die Beschwerde zeigt zwar auf, dass das Verwaltungsgericht zu der behaupteten Grundwasserabsenkung und dem konkreten Aufwand in finanzieller, zeitlicher oder sonstiger Hinsicht diejenigen Personen als Zeugen hätte vernehmen können, die bereits schriftliche Erklärungen abgegeben haben. Die Beschwerde erklärt sich jedoch nicht dazu, weshalb vor dem Tatsachengericht die Nichterhebung der Beweise nicht rechtzeitig gerügt worden ist. Die Beigeladenen haben mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 vor dem Verwaltungsgericht vorgetragen, dass das Gebäude infolge der Grundwasserprobleme unbewohnbar und abbruchreif gewesen sei. Die erforderliche Grundwasserabsenkung hätten die Beigeladenen aus eigenen Mitteln bewerkstelligt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weder eine Beweisaufnahme angeregt noch entsprechende Beweisanträge gestellt. Dem Verwaltungsgericht hätte sich auch die Beweisaufnahme nicht aufdrängen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen die Anforderungen an den dem Erwerber obliegenden Nachweis der Vornahme geeigneter Investitionen im wesentlichen Umfang nicht überspannt werden, ohne dass zugleich die Widerlegungsmöglichkeiten der anderen Verfahrensbeteiligten unzulässig beschnitten werden dürfen. In jedem Fall bleibt der Erwerber verpflichtet, die getätigten Aufwendungen substanziiert und schlüssig darzulegen (Urteil vom 16. Oktober 1997 - BVerwG 7 C 7.97 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 50 S. 110 <116>). Die Beigeladenen haben im Klageverfahren unter Hinweis auf die möglichen Zeugen Z., H., E. und Dr. S. schlüssig vorgetragen, dass das Gebäude wegen der Grundwasserprobleme unbewohnbar und abrissreif gewesen sei. Die in dem Verfahren A 1 K 1189/97 (VG Halle) eingereichte Fotodokumentation habe den völlig desolaten Zustand des Hauses bewiesen. Dieser Vortrag war für das Verwaltungsgericht aufgrund der vorliegenden Akten nachvollziehbar. In den Akten befindet sich eine Fotodokumentation, die geeignet ist, über den Zustand des Gebäudes Aufschluss zu geben. Ferner befinden sich in den Akten schriftliche Stellungnahmen der Herren H., E., Z. und Dr. S. Auf diesen Akteninhalt hat das Verwaltungsgericht zutreffend entscheidungserheblich abgestellt.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.