Beschluss vom 21.05.2002 -
BVerwG 7 B 5.02ECLI:DE:BVerwG:2002:210502B7B5.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.05.2002 - 7 B 5.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:210502B7B5.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 5.02

  • Bayerischer VGH München - 07.05.2001 - AZ: VGH 22 B 94.3165

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Mai 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Dr. F r a n ß e n und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht G ö d e l und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 451 € (entspricht 40 000 DM) festgesetzt.

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, einen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für die Errichtung und den Betrieb einer Staustufe im Inn um Schutzauflagen zu seinen Gunsten zu ergänzen und eine Entschädigung für eingetretene Schäden festzusetzen, sowie die Feststellung, dass eine Schutzauflage zur Beseitigung einer Engstelle im Inn rechtswidrig unterblieben ist. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Er hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ausreichend dargelegt und liegen ansonsten in der Sache nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet der Kläger zum einen die Frage,
ob ein im Nachhinein erkannter Fehler im Planfeststellungsverfahren und/oder ein Versehen bei den nachteiligen Wirkungen einer Engstelle bei Fluss-Kilometer 208 nicht ohne förmliche, nachträgliche Entscheidung gemäß § 10 WHG behoben werden kann.
Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich und wäre deshalb in einem Revisionsverfahren nicht zu beantworten. Soweit es um die angesprochene Engstelle im Inn bei Fluss-Kilometer 208 geht, ist Gegenstand des Verfahrens nicht deren nachträgliche Beseitigung durch den Beklagten. Gegenstand des Verfahrens ist insoweit vielmehr allein das Begehren des Klägers, festzustellen, dass der Beklagte es rechtswidrig unterlassen hat, seinen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 10. Juli 1981 für die Errichtung und den Betrieb der Innstaustufe Nußdorf mit einer Schutzauflage zu versehen, durch welche die Beseitigung der Engstelle angeordnet wird. Auf das Unterbleiben einer solchen Schutzauflage stützt der Kläger ferner sein Begehren, den Beklagten zu verurteilen, zu seinen Gunsten eine Entschädigung für die Schäden an seinem Grundstück durch das Inn-Hochwasser vom 6./7. August 1985 festzusetzen. Für diese beiden Begehren ist es ohne jede rechtliche Bedeutung, ob die spätere Beseitigung der Engstelle (nach jenem Hochwasser) rechtmäßig war oder ob der Beklagte die Engstelle nur aufgrund eines (unterbliebenen) Planfeststellungsverfahrens oder eines Verfahrens nach § 10 Abs. 2 WHG hätte beseitigen dürfen.
b) Als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet der Kläger ferner die Frage,
ob bei einem ermessensgebundenen Planergänzungsverfahren gemäß § 10 Abs. 2 WHG i.V.m. § 9 WHG das Verwaltungsgericht auf jeden Fall seine Entscheidung durch Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO zurückstellen muss, solange nicht die zur Planergänzung berufene Wasserbehörde im noch anhängigen Widerspruchsverfahren ihre Verwaltungsentscheidung getroffen hat.
Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt. Danach liegt die Aussetzung eines Verfahrens nach § 94 VwGO auch dann im Ermessen des Gerichts, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen. Dieses Ermessen reduziert sich nur in Ausnahmefällen zu einer Verpflichtung zur Aussetzung, nämlich wenn anders eine Sachentscheidung nicht möglich ist (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1987 - BVerwG 3 C 22.86 - Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 5; Beschluss vom 17. Dezember 1992 - BVerwG 4 B 247.92 - Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 6). Ist bei zulässiger Untätigkeitsklage - wie hier - ein Verpflichtungsbegehren zugleich Gegenstand eines noch anhängigen Widerspruchsverfahrens, ist dem Gericht eine Sachentscheidung auch mit Blick auf die noch ausstehende Ermessensbetätigung der Widerspruchsbehörde jedenfalls dann möglich, wenn das Gericht - wie hier - die Tatbestandsvoraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nicht für gegeben hält. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob das noch anhängige Widerspruchsverfahren überhaupt im Sinne des § 94 VwGO vorgreiflich ist oder ob sich im Falle der zulässigen Untätigkeitsklage die Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens mit Blick auf ein noch anhängiges Widerspruchsverfahren ausschließlich nach § 75 Satz 3 VwGO richtet.
c) Der Kläger hält ferner den Begriff der "höheren Gewalt" für grundsätzlich klärungsbedürftig. Er zeigt aber nicht auf, inwieweit es für die Entscheidung auf die Klärung dieses Begriffs ankommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat § 10 Abs. 2 WHG und § 8 Abs. 3 WHG ausgelegt und angewandt. Diese Normen verwenden den Begriff der "höheren Gewalt" nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, wann im Sinne des § 8 Abs. 3 WHG nachteilige Einwirkungen "zu erwarten" sind. Er verlangt hierfür eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Als hinreichend wahrscheinlich sieht er nur die Gefahren an, die bei einem Hochwasser drohen, das statistisch im Laufe von 100 Jahren einmal eintritt. Nicht hinreichend wahrscheinlich seien hingegen nachteilige Wirkungen, die nur bei einem mehrhundertjährlichen Hochwasser einträten. In diesem Zusammenhang würdigt der Verwaltungsgerichtshof den konkreten Sachverhalt dahin, es habe sich um ein (nicht hinreichend wahrscheinliches) katastrophenartiges Unwetter gehandelt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof dabei von "höherer Gewalt" spricht, ist dies ersichtlich als ergänzende Beschreibung des Sachverhalts, nicht aber im Sinne eines klärungsfähigen Rechtsbegriffs gemeint.
2. Die Revision kann nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zugelassen werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Dass die Widerspruchsbehörde das Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt und keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat, stellt keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar. Nach § 75 Satz 1 VwGO bedarf es keines Vorverfahrens gemäß § 68 VwGO als Voraussetzung für eine gerichtliche Sachentscheidung, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Dies war hier der Fall. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 1991 war der Antrag des Klägers vom 23. August 1985 noch nicht beschieden. Der Bescheid ist erst am 22. Oktober 1992 nach Ablauf der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist erlassen worden. Das Verwaltungsgericht hatte das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag des Klägers, längstens bis zum 30. April 1992, ausgesetzt. Entgegen der Auffassung des Klägers sind Ermessensentscheidungen von der Anwendung des § 75 Satz 1 VwGO nach dessen Wortlaut und Zweck nicht ausgenommen. Die vom Kläger für seine Auffassung herangezogenen Entscheidungen befassen sich mit der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens aufgrund der Einlassungen der Behörde zur Sache im gerichtlichen Verfahren (Urteil vom 2. September 1983 - BVerwG 7 C 97.81 - Buchholz 442.03 § 9 GüKG Nr. 13; Beschluss vom 8. Juni 1988 - BVerwG 7 ER 205.88 -) und sind auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar.
b) Soweit der Kläger als Verstoß gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, die Akten des Landratsamtes Rosenheim beizuziehen, ist ein Verfahrensfehler nicht ordnungsgemäß dargelegt. Er behauptet zwar auf Seite 30 der Beschwerdeschrift, er habe die Beiziehung der Akten des Landratsamtes beantragt. Einen solchen Antrag hat er aber jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausweislich der hierüber gefertigten Niederschrift nicht gestellt. Er legt nicht dar, bei welcher anderen Gelegenheit er die Beiziehung der Akten des Landratsamtes beantragt hat. Es fehlen insbesondere Angaben dazu, um welche Akten es sich dabei handeln soll und zu welcher Frage sie hätten Aufschluss geben sollen. Solche Darlegungen waren erforderlich, weil dem Verwaltungsgerichtshof zwei Bände Verwaltungsakten des Landratsamtes vorlagen.
Konkret gibt der Kläger nur an, der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, die Akten des Landratsamtes beizuziehen, die das von der Gemeinde Oberaudorf in Gang gesetzte Verfahren nach § 10 Abs. 2 WHG betrafen. Inwieweit diese Akten zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätten beitragen können, legt er nicht dar. Er räumt vielmehr ein, dass der Verwaltungsgerichtshof ein in jenem Verfahren vorgelegtes Gutachten beigezogen und ausgewertet hat.
c) Soweit der Kläger als Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe die Akten des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim nicht beigezogen, ist ein Verfahrensfehler ebenfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Fachliche Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim sind sowohl in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten als auch in den Gerichtsakten enthalten. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er die Beiziehung von Akten des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim beantragt hat, um welche Akten es sich dabei handeln soll und zur Klärung welcher entscheidungserheblichen Frage diese Akten hätten beigezogen werden sollen.
d) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es die Akten der Beigeladenen zu 1 und zu 2 nicht beigezogen habe.
Der Sache nach geht es dem Kläger um Angaben der Beigeladenen, die der Sachverständige Prof. Dr. V. von den Beigeladenen für ein Gutachten erbeten hatte, das er im Verwaltungsverfahren für die Gemeinde Oberaudorf erstattet hat. Diese Angaben betrafen die Frage, ob und in welchem Umfang die Staustufe Nußdorf vor dem Hochwasser zu Auflandungen und damit zu einer Anhebung der Sohllage geführt hatte. Der Verwaltungsgerichtshof ist (zu Lasten der Beigeladenen) von solchen Auflandungen als Mitursache für die Überschwemmungen in der Gemeinde Oberaudorf ausgegangen. Er hat hierfür namentlich auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. zurückgegriffen, das dieser im erstinstanzlichen Verfahren für das Verwaltungsgericht erstattet hatte. Der Kläger legt nicht dar, dass dieses Gutachten aufgrund mangelnder Angaben der Beigeladenen zur Klärung der bezeichneten Frage ungeeignet war. Ausweislich des Gutachtens hatte der Sachverständige Prof. Dr. S. Unterlagen der Beigeladenen verwerten können, die gerade die Frage der Auflandungen betrafen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof ergänzend das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. V. herangezogen, der die Ergebnisse des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. im Kern bestätigt. Der Kläger macht selbst nicht geltend, das Gutachten von Prof. Dr. V. sei in diesem Punkt ungeeignet. Er stützt sich vielmehr selbst auch in jenem Punkt auf dieses Gutachten. Damit fehlt es insgesamt an einer Darlegung, warum das Verwaltungsgericht weitere Unterlagen der Beigeladenen hätte beiziehen müssen und wieso das Urteil auf der unterbliebenen Beiziehung dieser Unterlagen beruht.
Nichts anderes gilt für den weiteren Hinweis des Klägers, der Sachverständige Prof. Dr. K., den das Landratsamt Rosenheim im Verwaltungsverfahren mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hatte, habe dieses Gutachten auf ungeprüften Parametern der Rechtsvorgänger der Beigeladenen aufgebaut; zur Überprüfung dieser Parameter hätte das Berufungsgericht die Akten der Beigeladenen beiziehen müssen. Der Kläger ist im Berufungsverfahren selbst davon ausgegangen, dass dieses Gutachten durch die späteren Erkenntnisse überholt sei (S. 8 des Schriftsatzes vom 28. März 2001).
e) Unbegründet ist die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem er auf nicht bei den Akten befindliche Unterlagen zurückgegriffen habe. Die Rüge bezieht sich auf die Bescheide des Landratsamtes Rosenheim vom 1. September 1994 und vom 31. August 1987. Die Verwertung dieser Bescheide verletzt das rechtliche Gehör nicht.
Der Planfeststellungsbescheid des Landratsamtes Rosenheim vom 1. September 1994 betraf nach dem Urteil des Berufungsgerichts den hochwassersicheren Ausbau der Röthenbachmündung. Dass dieser Planfeststellungsbescheid ergangen war, hatten die Beigeladenen und der Beklagte vorgetragen. Der Kläger hatte hierzu Stellung genommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nur den (unstreitigen) Umstand verwertet, dass ein Planfeststellungsbescheid mit diesem Gegenstand erlassen worden war. Er hat sein Urteil damit nicht auf Umstände gestützt, zu denen sich die Beteiligten nicht hätten äußern können.
Der ferner vom Kläger angesprochene Bescheid des Landratsamtes Rosenheim vom 31. August 1987 betraf die Errichtung und den Betrieb einer weiteren Innstaustufe, der Staustufe Oberaudorf/
Ebbs. Dass dieser Bescheid ergangen und die Innstaustufe in Betrieb genommen worden ist, war zwischen den Beteiligten unstreitig. Sie haben sich hierzu äußern können. Der Verwaltungsgerichtshof hat nur in einer ebenfalls nicht entscheidungstragenden Bemerkung darauf hingewiesen, das Problem der Verlandungen im Bereich der hier in Rede stehenden Staustufe Nußdorf habe sich durch die Inbetriebnahme weiterer Staustufen, darunter Innstaustufe Oberaudorf/Ebbs weitgehend in den Stauraum dieser Stufen verlagert.
f) Soweit der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof Unterlassung der Auswertung vorhandener Gutachten und Kompetenzanmaßung vorwirft, fehlt es an der Darlegung konkreter Verfahrensmängel. Daran ändert sich nichts, wenn die zahlreichen angeblich aktenwidrigen Fehlannahmen mit einbezogen werden, die der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof in dem mit Sachverhalt überschriebenen Teil seiner Beschwerde nach Art einer Berufungsbegründung vorgehalten hat. Der Kläger will wohl geltend machen, jene Fehlannahmen beruhten auf einer Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und einer Verletzung der Grundsätze der Beweiswürdigung, wie er in späteren Schriftsätzen ausgeführt hat. Die Darlegungen zu den angeblichen Fehlannahmen ergeben solche Verfahrensmängel jedoch nicht.
Insbesondere hat der Kläger nicht näher ausgeführt, warum es aus der maßgeblichen materiellrechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichtshofs auf die vermisste weitere Aufklärung des Sachverhalts ankam. Der Kläger erhebt im Kern den Vorwurf, das Berufungsgericht sei ohne Aufklärung des Sachverhalts von der Annahme ausgegangen, die Engstelle bei Fluss-Kilometer 208 sei in der Planfeststellung berücksichtigt worden. Er sieht in dieser Engstelle die maßgebliche Ursache für die eingetretene Überschwemmung.
Das Berufungsurteil beruht indes nicht auf der Annahme, die Engstelle sei in der Planfeststellung berücksichtigt worden. Für den Verwaltungsgerichtshof kam es hierauf nicht an.
Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehrt, den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid nachträglich um weitere Schutzauflagen zu ergänzen, liegt auf der Hand, dass es auf die Engstelle und ihre nachteiligen Auswirkungen nicht mehr ankommen konnte, nachdem die Engstelle tatsächlich beseitigt war.
Soweit der Kläger die Festsetzung einer Entschädigung für die Schäden begehrt, die er infolge der Überschwemmung vom 6./7. August 1985 erlitten hat, kam es für den Verwaltungsgerichtshof nicht darauf an, ob die Engstelle in der Planfeststellung zu Unrecht nicht berücksichtigt worden war. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Anspruch aus Rechtsgründen abgelehnt, weil § 10 Abs. 2 Satz 2 WHG einen Anspruch auf eine Entschädigung nur als Surrogat für rechtlich oder tatsächlich nicht mögliche Schutzauflagen vorsehe, nicht aber für in der Vergangenheit verursachte nachteilige Wirkungen. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in Würdigung der vorliegenden Gutachten angenommen, dass ein möglicher ursächlicher Beitrag der Innstaustufe Nußdorf zu der Überschwemmung nur auf die längerfristigen Auflandungen seit der Errichtung dieser Staustufe zurückzuführen sei. Die wasserrechtliche Bewilligung habe aber bereits die Auflage enthalten, Auflandungen rechtzeitig und ausreichend zu entfernen. § 10 Abs. 2 WHG sehe keine Entschädigung für den Fall vor, dass nachteilige Wirkungen wegen der Nichteinhaltung von Auflagen entstanden seien.
Entsprechendes gilt, soweit der Kläger die Feststellung begehrt hat, dass die Unterlassung einer Schutzauflage zur Beseitigung der Engstelle bei Inn-Kilometer 208 rechtswidrig gewesen sei.
Im Übrigen beschränkt der Kläger sich weitgehend darauf, das Ergebnis der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts anzugreifen und ihr eine eigene, abweichende Würdigung entgegenzusetzen. Fehler bei der Beweiswürdigung sind nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können daher grundsätzlich nicht mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Mit einzelfallbezogenen Hinweisen, die darauf abzielen, die Beweiswürdigung der Vorinstanz als sachlich unrichtig anzugreifen, kann die Zulassung der Revision jedoch nicht erreicht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4).
g) Kein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schließlich dargelegt, soweit der Kläger rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, die Aktennotiz des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim vom 26. Februar 1986 auszuwerten (richtiges Datum: 27. Februar 1986). Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Aktenvermerk in seinem Urteil ausgewertet, jedoch nicht die weitergehenden Schlüsse aus dem Vermerk gezogen, die der Kläger gezogen wissen will. Er wendet sich auch damit lediglich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs, ohne insoweit einen Mangel der Beweiswürdigung aufzuzeigen, der als Verfahrensfehler zu einer Zulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1, § 73 Abs. 1 Satz 1 GKG.