Beschluss vom 21.11.2006 -
BVerwG 9 B 12.06ECLI:DE:BVerwG:2006:211106B9B12.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.11.2006 - 9 B 12.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:211106B9B12.06.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 12.06

  • OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 29.03.2006 - AZ: OVG 1 L 140/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. November 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und Domgörgen
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Endurteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 29. März 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22 078,53 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegen hinsichtlich keiner der drei Kostenpositionen vor, gegen die sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde allein noch wendet (Positionen 5, 7 und 8 der als Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 16. Februar 2006 vorgelegten korrigierten Kostenaufstellung).

2 1. Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe seiner Entscheidung unter Verstoß gegen die genannten Verfahrenspflichten die Tatsachenfeststellung zugrunde gelegt, dass die zwischen der Asphaltfahrbahn und dem Hochbord gelegene zweireihige Rinne (Kostenposition Nr. 5) erst aus Anlass der streitgegenständlichen Baumaßnahme hergestellt worden sei. Diese Annahme stehe im Widerspruch zu unstreitigem Vortrag der Beteiligten, wonach eine Rinne bereits vor der Baumaßnahme vorhanden gewesen sei, und zu eigenen Ausführungen des Berufungsgerichts betreffend das Vorhandensein eines Entwässerungssystems. Soweit sich das Berufungsgericht für seine Annahme auf den Erläuterungsbericht der B.GmbH (B.) vom 28. Oktober 1993 stütze, sei dieser nicht in das Verfahren eingeführt worden, der Beklagten nicht bekannt und habe sie nicht dazu Stellung nehmen können.

3 Entgegen der Ansicht der Beschwerde vermag dies einen Gehörsverstoß nicht zu begründen. Der vom Berufungsgericht herangezogene Erläuterungsbericht der B. vom 28. Oktober 1993, den diese zu der seinerzeitigen Baumaßnahme vorgelegt hat, ist Bestandteil der in diesem Verfahren bereits vom Verwaltungsgericht beigezogenen Behördenakten (Beiakte B, Fach 1). Diese sind ausweislich der Protokolle über die mündlichen Verhandlungen beim Verwaltungsgericht am 26. März 2003 (Niederschrift S. 2, ebenso im Tatbestand des Urteils vom selben Tage S. 6) und beim Oberverwaltungsgericht am 29. März 2006 (Niederschrift S. 2, Tatbestand des Urteils S. 8, ebenso Tatbestand des Grundurteils vom 4. November 2004 S. 6) jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Davon hat das Revisionsgericht aufgrund der Beweiskraft dieser Niederschriften bzw. Urteilstatbestände (§ 105 VwGO i.V.m. § 165 ZPO bzw. § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO) auszugehen (vgl. Urteil vom 16. Oktober 1984 - BVerwG 9 C 67.83 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 25 S. 14). Entsprechend wird im Tatbestand sämtlicher im Verlaufe dieses Rechtsstreits ergangenen Urteile erwähnt, dass der in Rede stehende Erläuterungsbericht unter dem 29. Oktober 1993 von der B. vorgelegt worden sei; dazu war die B. von der M.GmbH beauftragt worden, die wiederum im Auftrag der Beklagten selbst handelte. Die Rüge, die Beklagte habe diesen in ihrem Auftrag erstellten Erläuterungsbericht nicht gekannt und sie habe nicht zu ihm Stellung nehmen können, kann danach keinen Erfolg haben.

4 Dass die Beteiligten in ihrem Vortrag übereinstimmend davon ausgehen, dass bereits vor der Baumaßnahme ein Entwässerungssystem vorhanden war, und auch das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil in anderem Zusammenhang erwähnt, dass Straßenabläufe bereits vorhanden waren, begründet entgegen der Ansicht der Beschwerde ebenfalls weder einen Gehörsverstoß noch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht. Der Widerspruch, den die Beschwerde insoweit meint feststellen zu können, liegt nicht vor. Das Berufungsgericht unterscheidet offensichtlich zwischen der hier in Rede stehenden Herstellung einer im Anschluss an den Bordstein gesetzten, aus zwei Reihen (à je 14 cm) von Betonsteinpflastersteinen bestehenden Rinne (vgl. den Straßenquerschnitt gemäß Planunterlage 6 der B. vom 20. Oktober 1993) und der Existenz von Straßenabläufen, PVC-Rohren und Straßengräben, die in der Tat bereits vor der Baumaßnahme vorhanden waren (auch nach dem erwähnten Erläuterungsbericht der B., vgl. dort S. 3, 13, 14). Dass eine Rinne, wie sie im Zuge der hier in Rede stehenden Straßenaufweitung hergestellt wurde, i n d i e s e r F o r m vorher vorhanden war, war demnach keineswegs feststehender und unstreitiger Sachverhalt, von dem das Berufungsgericht nicht ohne Gewährung rechtlichen Gehörs hätte abweichen dürfen. Hiervon ausgehend ist auch nicht ersichtlich, dass für das Berufungsgericht Anlass zu weitergehender Sachverhaltsaufklärung bestanden hätte.

5 2. Soweit das Berufungsgericht sich hinsichtlich der Fahrbahnmarkierungen (Kostenposition Nr. 7) auf den von der B. erstellten Markierungs- und Beschilderungsplan vom 20. Oktober 1993 stützt, liegt ein Gehörsverstoß ebenfalls nicht vor. Dieser Plan war - wie der bereits erwähnte Erläuterungsbericht - ebenfalls Bestandteil der im Verfahren beigezogenen Behördenakten (Beiakte B, Fach 15.4.5; zusätzlich vorgelegt als Beiakte D). Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Erläuterungsbericht Bezug genommen werden. Die Beschwerde legt auch nicht in der erforderlichen Weise dar (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), inwieweit das Berufungsgericht Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung gehabt haben soll, und zwar ausgehend von seiner Rechtsauffassung, dass spätere Veränderungen an diesem Bereich der B 6 (Anbindung der Straßen „Am Horstberg“ und „Am Kastanienwäldchen“) unerheblich seien. Soweit die Beschwerde schließlich auf ein im Schriftsatz der Beklagten vom 29. April 2003 enthaltenes Beweisangebot einer richterlichen Inaugenscheinnahme abhebt, hat die Beklagte dieses später nicht mehr aufgegriffen, jedenfalls nicht zum Gegenstand eines förmlichen Beweisantrages gemacht, um das Berufungsgericht auf diese Weise zu weiterer Sachaufklärung anzuhalten (vgl. zu diesem Erfordernis Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Dass die erstmals mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Unterlagen aus Behördenakten nicht geeignet sind, einen Aufklärungsmangel des Berufungsgerichts aufzuzeigen, bedarf keiner weiteren Begründung.

6 3. Soweit die Beschwerde einen Gehörsverstoß darin sieht, dass sich das Berufungsgericht auch hinsichtlich der Verkehrsschilder (Kostenposition Nr. 8) auf den bereits erwähnten Markierungs- und Beschilderungsplan der B. vom 20. Oktober 1993 stützt, kann wiederum auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Ausgehend von dieser Planunterlage und den vorgelegten Lichtbildern, auf die sich das angefochtene Urteil ebenfalls stützt, legt die Beschwerde auch nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dar, dass und in welcher Hinsicht für das Berufungsgericht Anlass zu weiterer Sachaufklärung bestanden haben soll. Ein solcher ergab sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift in dem von ihr gegen die Bundesrepublik Deutschland geführten Verfahren VG Magdeburg 1 A 622/04 MD, die sie als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 27. September 2005 in den vorliegenden Rechtsstreit eingebracht hat, nur von drei abrechenbaren Verkehrsschildern ausgeht; dieses Vorbringen war durch späteren, neuen Sachvortrag der Klägerin, gestützt auf den aktuellen Verkehrsschilderstand und die korrigierte Kostenaufstellung, überholt (vgl. den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Februar 2006 und ihre Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, Protokoll vom 29. März 2006, S. 2).

7 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG und entspricht der Summe der Positionen der Unterhaltsmehraufwendungen, gegen die sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde allein noch wendet (Beschwerdebegründung vom 30. Mai 2006, S. 2).