Beschluss vom 21.12.2004 -
BVerwG 1 B 81.04ECLI:DE:BVerwG:2004:211204B1B81.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.12.2004 - 1 B 81.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:211204B1B81.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 81.04

  • Niedersächsisches OVG - 25.02.2004 - AZ: VGH 4 LB 27/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Dezember 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Februar 2004 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Beschwerde rügt zunächst einen Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO, weil das Berufungsgericht über den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag des Klägers auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht vorab durch zu begründenden Beschluss entschieden habe, sondern den Beweisantrag erst in der Urteilsbegründung abgelehnt habe. Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO ist mit dem Beschwerdevorbringen nicht schlüssig aufgezeigt, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beweisantrag nach den eigenen Angaben der Beschwerde und ausweislich des Verhandlungsprotokolls nicht unbedingt, sondern nur hilfsweise gestellt hat. Unter den Anwendungsbereich des § 86 Abs. 2 VwGO fallen aber nur unbedingt gestellte Beweisanträge (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 7. März 2003 - BVerwG 6 B 16.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 55 m.w.N.). Die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags erst im Berufungsurteil ist daher prozessrechtlich nicht zu beanstanden. Besondere Umstände, aufgrund derer das Berufungsgericht möglicherweise aus anderen Gründen ausnahmsweise verpflichtet gewesen wäre, den Kläger vorab auf seine Beurteilung des Beweisantrags hinzuweisen, legt die Beschwerde nicht dar.
Soweit die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe den Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt, wird ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Der sinngemäß von der Beschwerde erhobene Vorwurf einer Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wäre nur dann begründet, wenn sich dem Gericht im Hinblick auf die hilfsweise angeregte Beweiserhebung eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 10. Juni 1999 - BVerwG 9 B 81.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 302 m.w.N.). Dass dies hier der Fall war, lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Sie zeigt auch nicht auf, dass die Ablehnung des Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze findet.
Der Kläger hat hilfsweise beantragt, ein medizinisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass eine weitere sach- und fachgerechte Behandlung seiner Augenerkrankung in Algerien nicht möglich sei. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger an einem angeborenen Augenleiden, nämlich an hochgradiger Kurzsichtigkeit auf beiden Augen und damit verbundenen Schäden, leide und eine aktuelle Nachkontrolle einer Augenoperation vom November 2003 sowie eine stetig wiederkehrende Augendruckmessung erforderlich seien (UA S. 7). Es hat die begehrte weitere Beweiserhebung dazu, ob eine derartige Behandlung sach- und fachgerecht auch in Algerien möglich ist, mit der Begründung abgelehnt, dass es aufgrund der von ihm eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 28. Juli 2003 und aufgrund des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes über Algerien vom 6. September 2002 hinreichend sachkundig sei, diese Frage in bejahendem Sinne zu beantworten. Die Beschwerde hält diese Begründung für rechtsfehlerhaft, weil bei der vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 28. Juli 2003 das aktuelle Krankheitsbild des Klägers, das erst mit Schriftsatz vom 25. September 2003 geschildert und durch Feststellungen der nunmehr behandelnden Augenärztin Dr. Ahyé und der Ärzte für Augenheilkunde Dr. Witschel und Dr. Höing belegt worden sei, noch keine Berücksichtigung gefunden habe. Das Auswärtige Amt habe in seiner Stellungnahme lediglich ausgeführt, dass die notwendige Untersuchung des Augendrucks des Klägers in Algerien problemlos bei jedem Augenarzt oder in jeder Klinik durchgeführt werden könne, habe
aber zu weiterführenden Therapien mangels konkreter Angaben seinerzeit ausdrücklich nicht Stellung genommen. Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, die Ablehnung weiterer Beweiserhebungen durch das Berufungsgericht in Frage zu stellen, weil das mit Schriftsatz vom 25. September 2003 geltend gemachte Krankheitsbild durch die inzwischen durchgeführte Operation im November 2003 seinerseits überholt worden ist und deshalb auch für die Entscheidung des Berufungsgerichts im Februar 2004 nicht mehr maßgeblich war. Zutreffend hat das Berufungsgericht daher auf die aktuellen, vom Kläger nach der Operation vorgelegten Unterlagen abgestellt. Außerdem geht die Beschwerde nicht - wie erforderlich - darauf ein, dass das Berufungsgericht nicht nur die Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 28. Juli 2003, sondern darüber hinaus auch den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. September 2002 mit Angaben über die allgemeine medizinische Versorgung der Bevölkerung in Algerien herangezogen und vor diesem Hintergrund die Möglichkeit sowohl regelmäßiger Augendruckmessungen als auch einer erforderlichen Nachsorge bei Augenoperationen bejaht hat. Inwiefern diese tatrichterliche Beweiswürdigung prozessrechtlich fehlerhaft sein soll, lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Soweit der allgemein gehaltene Hilfsbeweisantrag sinngemäß auch darauf gerichtet gewesen sein sollte, weiter aufzuklären, welche medizinische Behandlung für die Augenerkrankung des Klägers im Einzelnen erforderlich ist, fehlt es schon an einer ausreichenden Substanziierung des Antrags. Der Kläger hat selbst trotz gerichtlicher Aufforderung zur Notwendigkeit einer speziellen Behandlung nach der Operation im November 2003 nichts Konkretes vorgetragen und nur die Bescheinigung seiner Augenärztin vom 5. Januar 2004 vorgelegt, nach der eine regelmäßige Operationsnachkontrolle durch einen kompetenten Augenarzt und die Anpassung von Kontaktlinsen für erforderlich gehalten werden. Inwiefern sich dem Berufungsgericht bei dieser Sachlage weitere Ermittlungen über die notwendige Behandlung der Erkrankung des Klägers hätten aufdrängen müssen, ist nicht ersichtlich. Auch die Beschwerde gibt nicht an, dass und welche weiteren ärztlichen Maßnahmen oder Therapien über diese auch vom Berufungsgericht als erforderlich zugrunde gelegte Behandlung hinaus zur Vermeidung einer wesentlichen Verschlimmerung der Krankheit notwendig wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG a.F. (= § 83 b AsylVfG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718) nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 Abs. 2 AsylVfG a.F. (vgl. § 60 RVG).