Beschluss vom 22.09.2004 -
BVerwG 8 B 74.04ECLI:DE:BVerwG:2004:220904B8B74.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.09.2004 - 8 B 74.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:220904B8B74.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 74.04

  • VG Potsdam - 18.05.2004 - AZ: VG 11 K 862/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 282,49 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Es liegt weder die geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) vor, noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu.
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde zitiert aus dem angefochtenen Urteil eine Passage, in der das Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die nach Auffassung der Beschwerde divergierende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nimmt. Das Verwaltungsgericht weicht auch nicht von dieser Rechtsprechung ab, sondern kommt unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit nicht um einen Regelfall im Sinne der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 1998 (- BVerwG 7 C 60.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 136) und vom 16. Juli 1998 (- BVerwG 7 C 24.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 157) handelt. Vielmehr legt es unter ausführlicher Würdigung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere des Alters der Miterbin Frau Frieda W. und ihre Absicht der Erbauseinandersetzung sowie der damaligen Rechtslage in der DDR dar, warum für die Pflegerbestellung der Klägerin ein Fürsorgebedürfnis bestand und es sich nicht um eine unlautere Machenschaft handelte. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt nur für den Regelfall darauf ab, dass eine unlautere Machenschaft vorliegt, wenn ein Abwesenheitspfleger allein zu dem Zweck bestellt wird, ein Grundstück an einen privaten Dritten zu einem privaten Nutzungszweck zu verkaufen. Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass im Einzelfall eine Ausnahmesituation und nicht der Regelfall vorliegt, stellt keine divergierende Rechtsprechung dar.
2. Der Sache kommt auch nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
ob von einer machtmissbräuchlichen Pflegerbestellung im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG auch dann auszugehen ist, wenn die Pflegerbestellung zur Veräußerung des Grundstücks an einen privaten Dritten erfolgte, sie aber zugleich durch den Wunsch eines Miterben nach Auseinandersetzung des Erbes motiviert worden ist.
Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Nach den oben genannten Entscheidungen vom 29. Januar 1998 und 16. Juli 1998 stellt die Bestellung eines Abwesenheitspflegers nach § 105 Abs. 1 Familiengesetzbuch der DDR (FGB) durch das Staatliche Notariat allein zum Verkauf eines Grundstücks an einen privaten Dritten zu einem privaten Nutzungszweck in der Regel eine unlautere Machenschaft im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG dar. Gleichzeitig hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass in Einzelfällen Ausnahmesituationen denkbar sind, in denen die Pflegerbestellung einem - wohlverstandenen - Eigeninteresse des Pfleglings entspricht (Urteil vom 16. Juli 1998, a.a.O., S. 485). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das hier ein Ausnahmefall vorliegt, weil die Pflegerbestellung nicht ausschließlich der Befriedigung eines privaten Erwerbsinteresses, sondern
überwiegend der Erbauseinandersetzung gedient habe, weil die Klägerin und ihre Miterben sich nicht um die in der DDR gelegene Erbschaft gekümmert haben, stellt eine nicht zu beanstandende Anwendung dieser Rechtsprechung dar. Sie wirft keine zusätzlichen Rechtsfragen auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 GKG.