Verfahrensinformation

In dem Verfahren geht es um die Verfassungskonformität einer landesgesetzlichen Regelung, wonach der Kanzler einer Universität nicht in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, sondern in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen wird.


In § 67 Abs. 2 Satz 3 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes (BbgHG) ist geregelt, dass der Kanzler der Universität - der nach § 67 Abs. 1 BbgHG die Verwaltung der Hochschule unter der Verantwortung des Präsidenten leitet - in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen wird, wenn er aus einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bestellt wird.


Der Kläger wurde im Jahre 2005 mit der Bestellung zum Kanzler der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus aus einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit für sechs Jahre in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Im Jahre 2011 ist er erneut für sechs Jahre zum Kanzler dieser Universität bestellt und in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen worden. Der Kläger begehrt die Umwandlung seines Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.


Das Oberverwaltungsgericht hat den Klageanspruch verneint, weil es nach der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Hochschulpräsident und -kanzler die Notwendigkeit eines engen Vertrauensverhältnisses zwischen diesen beiden Amtsinhabern angenommen und dies beim Hochschulkanzler als hinreichenden Sachgrund für eine Ausnahme vom beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzip angesehen hat.


Das Bundesverwaltungsgericht wird im Rahmen der bereits vom Berufungsgericht zugelassenen Revision zu prüfen haben, ob die gesetzliche Regelung in § 67 Abs. 2 Satz 3 BbgHG mit dem Lebenszeitprinzip als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist. Sollte es dies verneinen, müsste es diese Frage dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Entscheidung vorlegen.


Verfahrensinformation

Der Kläger ist Beamter des Landes Brandenburg und war Kanzler einer Hochschule in Brandenburg. Er beansprucht, als Hochschulkanzler in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen zu werden.


Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 23. Juni 2016 (BVerwG 2 C 1.15) gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 67 Abs. 2 Satz 3 HS. 1 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes (BbgHG) - wonach für den Hochschulkanzler ein Beamtenverhältnis auf Zeit vorgesehen ist - gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstößt.


Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom  24. April 2018 (2 BvL 10/16) diese Norm für mit Art. 33 Abs. 5 GG - wonach das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist - unvereinbar und nichtig erklärt.


Seitdem gibt es Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung. Falls diese Bemühungen erfolglos bleiben, wird das Bundesverwaltungsgericht darüber zu befinden haben, ob der Kläger einen Anspruch darauf hat, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als Kanzler der beigeladenen Universität berufen zu werden, oder ob er zumindest einen Anspruch auf die Feststellung hat, dass die seinerzeitige Nichternennung zum Beamten auf Lebenszeit rechtswidrig war.


Pressemitteilung Nr. 59/2016 vom 23.06.2016

Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Zulässigkeit des Beamtenverhältnisses auf Zeit für Hochschulkanzler in Brandenburg

Die Regelung im Brandenburgischen Hochschulgesetz, wonach der Kanzler einer Hochschule (der Leiter der Verwaltung der Hochschule) in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen wird, wenn er aus einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bestellt wird, verstößt gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Lebenszeitprinzip. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute angenommen und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.


Der Kläger wurde erstmals im Jahre 2005 und erneut im Jahre 2011 mit der Bestellung zum Kanzler einer Hochschule für sechs Jahre in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Er begehrt die Umwandlung seines Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.


Das Oberverwaltungsgericht hat den Klageanspruch verneint, weil es nach der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Hochschulpräsident und -kanzler die Notwendigkeit eines engen Vertrauensverhältnisses zwischen diesen beiden Amtsinhabern angenommen und dies als besondere Sachgesetzlichkeit für eine Ausnahme vom beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzip beim Hochschulkanzler angesehen hat.


Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht eine besondere Sachgesetzlichkeit für eine Ausnahme vom Lebenszeitprinzip verneint. Es ist dabei - im Nachgang zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 2008 (2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 - Führungsämter auf Zeit) - von folgenden verfassungsrechtlichen Maßstäben ausgegangen: Das Lebenszeitprinzip gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums i.S.d. Art. 33 Abs. 5 GG. Es garantiert nicht nur die Anstellung auf Lebenszeit, sondern auch das Prinzip der lebenszeitigen Übertragung aller (Status-) Ämter. Ausnahmen hiervon sind nur in engen Grenzen durch besondere Funktionen der betreffenden Ämter gerechtfertigt. Anerkannte Ausnahmen sind der kommunale Wahlbeamte als Beamter auf Zeit und der politische Beamte. Weitere Ausnahmen vom Lebenszeitprinzip sind nur unter zwei Voraussetzungen zulässig: Es muss sich um einen Bereich handeln, in dem - wie in den historisch hergebrachten Fällen - eine verfassungsrechtlich verankerte Sachgesetzlichkeit und die Natur der wahrgenommenen Aufgaben es erfordern, ein Beamtenverhältnis lediglich auf Zeit zu begründen. Außerdem muss die Regelung geeignet und erforderlich sein, um dieser besonderen Sachgesetzlichkeit Rechnung zu tragen.


Nach der Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts wird die Regelung im Brandenburgischen Hochschulgesetz diesen Anforderungen nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer die Ausnahme vom Lebenszeitprinzip rechtfertigenden besonderen Sachgesetzlichkeit. Der nach Brandenburgischem Landesrecht vom Hochschulpräsidenten bestellte Hochschulkanzler ist Leiter der Verwaltung und deshalb primär zum Gesetzesvollzug berufen, was an seiner ebenfalls gesetzlich übertragenen Aufgabe als Haushaltsbeauftragter besonders deutlich wird. Seine Aufgabe ist nicht die Hochschulpolitik, sondern die Hochschulverwaltung. Seine Rechtsstellung ist deshalb weder mit der kommunaler Wahlbeamter noch mit der politischer Beamter vergleichbar. Vom kommunalen Wahlbeamten unterscheidet ihn das Fehlen der politischen Funktion und des Berufungsaktes durch eine Wahl als Akt demokratischer Willensbildung, der nur befristet wirkt. Im Unterschied zu politischen Beamten fehlt es bei ihm an der Funktion, politische Ziele der Regierung in Verwaltungshandeln umzuwandeln.


Weil das Bundesverwaltungsgericht als Fachgericht nicht befugt ist, die Verfassungswidrigkeit eines Parlamentsgesetzes selbst festzustellen, hat es das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.


Fußnote:

§ 67 Brandenburgisches Hochschulgesetz


Kanzlerin oder Kanzler


(1) Die Kanzlerin oder der Kanzler leitet die Verwaltung der Hochschule unter der Verantwortung der Präsidentin oder des Präsidenten. Sie oder er ist Beauftragte oder Beauftragter für den Haushalt.


(2) Die Kanzlerin oder der Kanzler wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten bestellt. Wird die Kanzlerin oder der Kanzler aus einem Angestelltenverhältnis bestellt, übt sie oder er das Amt im Angestelltenverhältnis aus. Wird sie oder er aus einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bestellt, so erfolgt die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit; die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften über die Laufbahnen finden keine Anwendung. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre, erneute Bestellungen sind möglich.


(3) - (5) …


BVerwG 2 C 1.15 - Beschluss vom 23. Juni 2016

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 4 B 31.11 - Urteil vom 13. November 2014 -

VG Cottbus, 5 K 582/10 - Urteil vom 21. April 2011 -


Beschluss vom 22.09.2011 -
BVerwG 4 B 31.11ECLI:DE:BVerwG:2011:220911B4B31.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.09.2011 - 4 B 31.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:220911B4B31.11.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 31.11

  • OVG Berlin-Brandenburg - 21.06.2011 - AZ: OVG 12 A 51.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. September 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 150 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin als unzulässig abgewiesen und ergänzend dargelegt, dass sie bei unterstellter Zulässigkeit unbegründet wäre. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer luftrechtlichen Änderungsgenehmigung.

3 Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Das gilt auch bei Hilfsbegründungen im Verhältnis von Zulässigkeit und Begründetheit (Beschluss vom 19. September 1991 - BVerwG 2 B 108.91 - juris Rn. 4). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

4 Die Klägerin greift beide Teile der Begründung mit einem Grund für die Zulassung der Revision an. Da jedenfalls in Bezug auf den zweiten Teil der Begründung, in der sich das Oberverwaltungsgericht zur Unbegründetheit der Klage verhalten hat, der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt, muss die Nichtzulassungsbeschwerde scheitern.

5 Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>; stRspr). Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Planaussage Z 1 in Teil III des Landesentwicklungsplans Flughafenstandortentwicklung - LEP FS -, wonach zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfs der Länder Berlin und Brandenburg der Flughafen Berlin-Schönefeld weiter zu entwickeln ist und mit der Inbetriebnahme der Kapazitätserweiterung am Standort Schönefeld die Flugplätze Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof zu schließen sind, die Zulassung weiterer Verkehrsflughäfen der Art, wie die Klägerin ihn zu betreiben beabsichtigt, im Planungsraum Berlin-Brandenburg ausschließt. Die Frage führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision, weil sie kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) betrifft. Der Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung ist Bestandteil des Landesrechts, dessen Auslegung und Anwendung durch die Vorinstanz nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO der revisionsgerichtlichen Kontrolle entzogen ist. Dass sich das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 Rn. 85 ff.) zur inhaltlichen Tragweite des Ziels Z 1 geäußert hat, steht dem nicht entgegen. Denn im Verfahren BVerwG 4 A 1075.04 ist das Bundesverwaltungsgericht nicht als Revisionsgericht, sondern als erstinstanzliches Tatsachengericht tätig geworden.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.