Urteil vom 22.10.2002 -
BVerwG 1 D 4.02ECLI:DE:BVerwG:2002:221002U1D4.02.0

Urteil

BVerwG 1 D 4.02

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, 1. Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 22. Oktober 2002,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
M a y e r ,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n ,
Oberamtsrat ... und
Technischer Fernmeldebetriebsinspektor
...
als ehrenamtliche Richter
sowie
Regierungsdirektor ...
für den Bundesdisziplinaranwalt,
und
Justizangestellte ... ,
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Ersten Polizeikommissars im BGS ... wird das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer VI - ... -, vom 5. Dezember 2001 dahin gehend geändert, dass die jeweiligen Dienstbezüge um ein Zehntel auf die Dauer von zehn Monaten gekürzt werden.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.

1. Der Bundesdisziplinaranwalt hat den Beamten am 12. April 2001 angeschuldigt,
dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er dienstlich nachgeordnete Mitarbeiterinnen durch verbale und körperliche Anzüglichkeiten
1. am 2. Juli 1998 im Rahmen einer außerdienstlichen Jubiläumsfeier sowie
2. an einem Tage im Zeitraum zwischen dem 2. und 4. November 1998 während der Dienstzeit in der Bundesgrenzschutzinspektion ...
belästigt hat.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat durch Urteil vom 5. Dezember 2001 die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten auf die Dauer von 18 Monaten um ein Zehntel gekürzt. Es hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
a) Am 2. Juli 1998 fand anlässlich des 25-jährigen Dienstjubiläums eines Beamten der Bundesgrenzschutzinspektion ... im Unterkunftswohnheim des Bundesgrenzschutzpräsidiums ... in der ... eine außerdienstliche Feier statt, bei der neben Angehörigen der Bundesgrenzschutzinspektion ... auch Angehörige des Bundesgrenzschutzamtes ... sowie Privatpersonen teilnahmen. Mehrere Stunden nach Beginn der Veranstaltung kam die Polizeikommissarin B., zum damaligen Zeitpunkt stellvertretende Dienstgruppenleiterin der Bundesgrenzschutzinspektion ..., mit dem Beamten, zu diesem Zeitpunkt stellvertretender Inspektionsleiter dieser Bundesgrenzschutzinspektion und damit Vorgesetzter der Zeugin, ins Gespräch, und zwar zunächst über dienstliche Dinge. Dann wechselte der Beamte jedoch das Thema und fragte die Zeugin nach der Beziehung zu ihrem Freund. Die Zeugin antwortete, dass sie seit mehreren Jahren in einer gut funktionierenden Beziehung lebe. Daraufhin fragte der Beamte sie, ob er nicht eine Alternative für ihren Freund sei. Zugleich legte der Beamte seine Arme von vorne auf die Schultern der Zeugin. Diese verneinte die Frage, weil sie mit ihrer eigenen Beziehung ganz zufrieden sei, und nahm seine Arme von ihren Schultern.
Anstatt nun die Ablehnung seines Annäherungsversuches zu akzeptieren, legte der Beamte erneut seine Arme auf die Schultern der Kollegin und wiederholte die Frage, ob er nicht doch eine Alternative zu ihrem Freund darstelle. Wiederum nahm die Zeugin die Arme des Beamten von ihren Schultern und gab ihm ihre Ablehnung zu verstehen.
Der Beamte gab sich damit immer noch nicht zufrieden, sondern legte zum dritten Mal seine Arme auf ihre Schultern, und die Zeugin musste sie zum dritten Mal herunternehmen und sein "Angebot" zurückweisen.
Erst jetzt ließ der Beamte ohne ein weiteres Wort von ihr ab und entfernte sich. Die Zeugin fühlte sich durch das für sie völlig überraschende Verhalten des Beamten durcheinandergebracht und rief ihren Freund an, der sie etwa 30 Minuten später abholte. Anderenfalls wäre die Beamtin noch etwas länger bei der Feier geblieben. Der Beamte hatte bei dem Vorfall auf die Zeugin einen "leicht angeheiterten" Eindruck gemacht und nach ihrer Beobachtung leichte sprachliche Ausfallerscheinungen gezeigt.
b) Zwischen dem 2. und 4. November 1998 belästigte der Beamte auch die ihm unmittelbar untergebene Polizeivollzugsbeamtin V. in deren Dienstzimmer. Wie die Zeugin im Wesentlichen übereinstimmend gegenüber der Frauenbeauftragten am 9. Dezember 1998, in ihrer Dienstaufsichtsbeschwerde vom 18. Dezember 1998, in einer dienstlichen Befragung am 7. Januar 1999, als Zeugin in den Vorermittlungen und in der durchgeführten Untersuchung sowie in der gerichtlichen Hauptverhandlung bekundete, näherte sich der Beamte ihr beim Überreichen der Dienstpost und der Erläuterung eines Vorgangs immer weiter und legte schließlich seinen Arm um ihren Kopf und ihre Schultern, während sie am Schreibtisch saß. Dann fragte er sie leise, ob sie sich nicht nach dem Dienst mit ihm treffen wolle. Als sie dies unter Hinweis auf ihren festen Freund energisch verneinte und mit dem Bürostuhl zurückrollte, um sich aus der Umarmung des Beamten zu befreien, erklärte dieser, sie könne ihn ja mal "ausprobieren". Die Zeugin lehnte erneut ab, rollte gleichzeitig mit ihrem Stuhl bis in die Ecke des Dienstzimmers und stand dann auf, um ihm in die Augen blicken und "Paroli bieten" zu können. Nachdem sie den Beamten zweimal unmissverständlich aufgefordert hatte, das Zimmer zu verlassen, sei dieser mit den Worten "Dann eben nicht" gegangen. Dabei habe der Beamte nach Alkohol gerochen.
3. Das Bundesdisziplinargericht hat das Verhalten des Beamten als vorsätzliche Verletzung seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 54 Satz 3 BBG und als Verstoß gegen das Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (Beschäftigtenschutzgesetz) bewertet. Damit habe er in beiden Anschuldigungspunkten ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, das erhebliches Gewicht habe und mit der verhängten Gehaltskürzung zu ahnden sei.
Im ersten Fall habe es sich entgegen der Ansicht des Beamten bei dem geschilderten Vorfall nicht um einen harmlosen Flirt unter Kollegen gehandelt, der disziplinarrechtlich irrelevant gewesen wäre. Der Beamte hätte sich nach seinem ersten schon nicht gerade unaufdringlichen verbalen und körperlichen Annäherungsversuch unbedingt zurücknehmen und die gebotene Distanz zu Kollegen, erst recht zu untergeordneten, wieder finden müssen. Dass er nach der ersten unmissverständlichen Ablehnung seine verbale und körperliche "Anmache" noch zweimal wiederholt und die Zeugin dazu gezwungen habe, ihre Privatsphäre zu schützen und den Vorgesetzten zurückzuweisen, sei mit seiner Pflicht, sich im Dienst achtungswürdig zu verhalten, nicht vereinbar gewesen. Zwar habe es sich nicht um eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gehandelt, wie sie das Beschäftigtenschutzgesetz in § 2 als Dienstvergehen definiere, weil die Belästigung nicht am Arbeitsplatz, sondern bei einer außerdienstlichen Feier stattfand. Das mache die Angelegenheit jedoch nicht zu einer außerdienstlichen Pflichtverletzung im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG, wovon die Anschuldigungsschrift ausgehe. Der Vorfall habe sich zwar außerhalb der Dienstzeit, aber in einem Wohnheim des Bundesgrenzschutzes abgespielt. Es wurde das dienstliche Jubiläum eines Bundesgrenzschutzbeamten gefeiert. Die Teilnehmer setzten sich im Wesentlichen aus dem Kollegenkreis zusammen. Vor allem aber folge die Pflicht des Beamten, sich gegenüber der Zeugin korrekt und zurückhaltend zu benehmen, aus der Notwendigkeit, den innerdienstlichen Betrieb von unzulässiger "Anmache" und sexueller Belästigung freizuhalten und schon gar nicht das Verhältnis von Vorgesetzten und Untergebenen damit zu belasten. Die Folgen solcher Pflichtwidrigkeiten wirkten sich nicht außerdienstlich sondern innerdienstlich aus und beeinflussten damit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Allerdings habe es sich hier um ein Fehlverhalten an der unteren Grenze des Pflichtwidrigen gehandelt. Die angenehme Atmosphäre, es sei gefeiert und getanzt worden, und der vorangegangene Alkoholgenuss hätten das Überschreiten der gebotenen Distanz zwischen dem Beamten und der Zeugin sicher erleichtert.
Vor allem im zweiten Fall habe der Beamte mit seinem Verhalten gegenüber der Zeugin V. eine ihm nachgeordnete Mitarbeiterin sexuell belästigt und sie dadurch nicht nur in ihrer Würde und Ehre verletzt, sondern auch den Dienstfrieden nachhaltig beeinträchtigt. Er habe seine Stellung als Vorgesetzter ausgenutzt, um sich an die junge Mitarbeiterin "heranzumachen", und sie dadurch erheblich unter Druck gesetzt. Auch wenn die Ablehnung seines Annäherungsversuches keine unmittelbaren dienstlichen nachteiligen Folgen für die Kollegin gehabt habe, so sei doch danach, zumal der Beamte sich nicht einmal entschuldigt habe, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen beiden nicht mehr möglich gewesen und die Zeugin hätte zu einer entfernter eingesetzten Dienstgruppe und schließlich zum Flughafen T. umgesetzt werden müssen, um sie anzüglichen Bemerkungen und dem kumpelhaften Verhalten seiner männlichen Kollegen zu entziehen.
4. Der Beamte hat gegen das erstinstanzliche Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt und sinngemäß beantragt, die Kürzung der Bezüge auf zehn Monate zu beschränken.
Zur Begründung führt er aus, das Bundesdisziplinargericht habe nicht alle zu seinen Gunsten sprechenden Gesichtspunkte berücksichtigt. So lägen die ihm zur Last gelegten Vorfälle mehr als dreieinhalb Jahre zurück. Diese enorme Zeitspanne sei vor allem deshalb von Bedeutung, weil er sich seither nicht mehr entsprechend auffällig verhalten habe. Er habe sich auch wieder gefestigt. Mitte bis Ende 1998 habe er eine gewisse persönliche Krise durchlebt, die er jedoch inzwischen überwunden habe. Er sei inzwischen wieder (glücklich) verheiratet. Das Bundesdisziplinargericht habe unbeachtet gelassen, dass er gegenüber der Zeugin B. mit deutlichen Worten eine Entschuldigung ausgesprochen habe, die er hiermit wiederhole. Auch im Rahmen des Untersuchungsverfahrens habe er sich bereits entschuldigt und Reue gezeigt. Ihm müsse bezüglich des Vorfalls "B." zugute gehalten werden, dass der offizielle Teil der Feierlichkeiten bereits beendet gewesen sei. Es sei relativ viel Alkohol getrunken worden; auch weitere und ranghöhere Beamte hätten mitgefeiert. Der "Flirt" könne auch nicht so auffällig gewesen sein, da keiner der befragten Zeugen ihn gesehen oder bestätigt habe.
Bezüglich des Vorfalls "V." sei zu berücksichtigen, dass er sich in einer schwierigen Beweissituation befinde. Belaste ihn die Zeugin V., so habe er praktisch keine Gelegenheit mehr, diesen Beweis zu erschüttern. Gleichwohl habe er in Ansehung dieser schwierigen Situation eine Selbstanzeige gefertigt. Das Gericht hätte auch stärker das schlechte dienstliche Verhältnis zwischen dieser Zeugin und ihm in seiner Gesamtabwägung gewichten müssen. So mache er keinen Hehl daraus, dass er mit den dienstlichen Leistungen der Zeugin nicht zufrieden gewesen und es deshalb auch von ihm zu Beanstandungen gekommen sei.
Der Bundesdisziplinaranwalt verteidigt das angefochtene Urteil.

II


Das Berufungsverfahren ist nach dem 1. Januar 2002, dem In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes (vgl. Art. 27 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001, BGBl I S. 1510) und dem gleichzeitigen Außerkrafttreten der Bundesdisziplinarordnung (vgl. Art. 27 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts, a.a.O) nach bisherigem Recht, also nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen, vgl. § 85 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BDG.
Die Berufung des Beamten ist begründet und führt zu einer Verkürzung der vom Bundesdisziplinargericht ausgesprochenen Laufzeit der Kürzung der Dienstbezüge.
1. Das Rechtsmittel ist ausdrücklich auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt. Der Senat ist daher an die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen und die Bewertung als Dienstvergehen gebunden. Dies gilt im ersten Anschuldigungspunkt auch für die Einstufung als innerdienstliches Dienstvergehen. Der Senat hat lediglich über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
2. Durch sein Verhalten hat der Beamte im Juli 1998 und im November 1998 zwei Kolleginnen sexuell belästigt und damit seine Pflichten nach § 54 Satz 3 BBG vorsätzlich verletzt.
Ein Beamter, der innerhalb des Dienstes oder bei Zusammenkünften mit Kollegen nach Dienstende Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sexuell belästigt, verletzt in schwerwiegender Weise Würde und Ehre der Betroffenen und stört den Dienstfrieden (Urteile vom 12. Juni 2001 - BVerwG 1 D 39.00 - und vom 12. November 1997 - BVerwG 1 D 90.95 - <BVerwGE 113, 151>).
Die Pflichtenstellung nach § 54 Satz 3 BBG deckt sich weitgehend, jedoch nicht vollständig mit der nach § 2 Abs. 2 des Beschäftigtenschutzgesetzes vom 24. Juni 1994 (BeschSchG - BGBl I S. 1412). Nach § 2 Abs. 3 BeschSchG ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ein Dienstvergehen. Als eine solche sexuelle Belästigung wird jedes vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten definiert, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BeschSchG). Das entspricht im Kern der Rechtsprechung des Senats zu § 54 Satz 3 BBG. § 2 Abs. 2 Satz 2 BeschSchG beschreibt zwei Gruppen sexueller Belästigungen, die unter die Definition des Gesetzes fallen, nämlich strafrechtlich relevante Handlungen und sonstige sexuelle Belästigungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden. Die Pflichtenstellung nach § 54 Satz 3 BBG geht insofern über diejenige nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BeschSchG hinaus, als das Verbot sonstiger sexueller Belästigungen mit innerdienstlichen Auswirkungen nicht an das Merkmal der "Erkennbarkeit" der Ablehnung anknüpft.
Für Dienstvergehen, die sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz zum Gegenstand haben, besteht keine Regelrechtsprechung. Die Handlungsbreite, in der sexuelle Zudringlichkeiten im Dienst denkbar sind, ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegt. Die besonderen Umstände des Einzelfalls sind stets maßgebend.
Die jüngere Rechtsprechung des Senats zum Disziplinarmaß bei vergleichbaren Fällen verbaler Belästigungen hat zu einer Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von sechs Monaten (Urteil vom 4. April 2001 - BVerwG 1 D 15.00 - <Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 27>) oder von 24 Monaten (Urteil vom 14. Mai 2002 - BVerwG 1 D 30.01 -) geführt. Im ersten Fall war die Belästigung von einem Beamten begangen worden, der selbst Opfer massiver Angriffe auf seine eigene sexuelle Würde war; die Belästigung betraf einen relativ kurzen Zeitraum (ein bis eineinhalb Wochen), war ausschließlich verbaler Natur und geschah auch nicht unter Ausnutzung einer Vorgesetztenstellung. Im zweiten Fall hatte der Beamte eine Kollegin in einer Gemeinschaftsunterkunft, die der betroffenen Kollegin keine Rückzugsmöglichkeit ins Private gab, handgreiflich wie eine käufliche Prostituierte behandelt und ihr vorgetäuscht, sie notfalls mit Gewalt zu nehmen. Ein derartiges Verhalten wiegt schwerer als eine sexuelle Belästigung von rein verbalem Charakter. Erschwerend in jenem Fall kam die fehlende Einsicht des dort angeschuldigten Beamten in sein Fehlverhalten hinzu.
Ein Vergleich dieser Fälle mit dem Vorliegenden ergibt, dass es sich bei den zweimaligen innerdienstlichen Verfehlungen des Beamten um ein Dienstvergehen handelt, das noch mit einer Gehaltskürzung im unteren Bereich zu ahnden ist. Die sexuellen Belästigungen des Beamten lassen sich trotz des Umfassens der Schultern der betroffenen Kolleginnen im Wesentlichen als verbale sexuelle Belästigung kennzeichnen. Er hat seine Opfer auch nicht in einer über die abgelehnte Zudringlichkeit hinausgehenden Weise herabgewürdigt. Im Verfahrensgang hat er sich gegenüber der Zeugin B. entschuldigt und - wie er vor dem Senat glaubhaft darlegte - zu ihr wieder normale dienstliche und zwischenmenschliche Beziehungen. Im Verhältnis zur Zeugin V. liegen die Dinge insoweit zwar etwas anders. Hier mag jedoch auch mitgespielt haben, dass aufgrund ihrer anderweitigen Beschäftigung keine dienstlichen Kontakte mehr bestehen. Zugunsten des Beamten hat der Senat schließlich auch berücksichtigt, dass der Beamte seinerzeit wegen der laufenden Scheidung eine negative Lebensphase durchlebt hatte, die er inzwischen überwunden hat. Andererseits hielt es der Senat jedoch - auch im Vergleich zum Verfahren BVerwG 1 D 15.00 - für geboten, mit einer Laufzeit von zehn Monaten den erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, das der Beamte als Vorgesetzter versagt hat. Insbesondere von einem Vorgesetzten muss erwartet werden, dass er sich gegenüber den ihm unterstellten Bediensteten jeglicher sexuellen "Anmache" enthält. Alkoholgenuss und eine lockere Atmosphäre in den dienstlichen Unterkünften nehmen einem solchen Verhalten nicht die disziplinare Relevanz. Das Versagen als Vorgesetzter fällt in besonderem Maße dann ins Gewicht, wenn es - wie hier im zweiten Fall - in den Dienstbetrieb fällt. Das Bedrängen einer Kollegin in deren Dienstzimmer ist unter keinen Umständen hinnehmbar. Dieser Umstand war für die Bemessung der über sechs Monate hinausgehenden Laufzeit von wesentlicher Bedeutung.
Der Kürzungsbruchteil von einem Zehntel entspricht bei Beamten des höheren Dienstes dem Regelfall (stRspr seit dem Urteil vom 21. März 2001 - BVerwG 1 D 29.00 - <BVerwGE 114, 88 = Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 1 = ZBR 2001, 362>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 2 BDO.