Beschluss vom 23.01.2003 -
BVerwG 8 B 6.03ECLI:DE:BVerwG:2003:230103B8B6.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.01.2003 - 8 B 6.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:230103B8B6.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 6.03

  • VG Cottbus - 23.10.2002 - AZ: VG 1 K 2150/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a g e n k o p f und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
  4. Beschwerdeverfahren auf 96 063 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
1. Der Sache kommt entgegen der Auffassung der Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Die Beschwerde hält die Klärung der Frage für grundsätzlich bedeutsam,
ob Redlichkeit des Erwerbs im Sinne von § 4 VermG auch dann vorliegen kann, wenn ein Erwerber den Erwerb eines Hauses eines Westeigentümers (1987) abgelehnt, aber kurz vor der Wende (21. September 1989) bei sich abzeichnenden Änderungen der politischen Machtverhältnisse mit Hilfe staatlicher Stellen schnell kauft.
Diese Problemstellung weist jedoch keinen fallübergreifenden Gehalt auf. Zwar bestimmt das Vermögensgesetz die Redlichkeit des Erwerbs nicht näher, sondern führt in § 4 Abs. 3 VermG nur Beispiele auf, nach denen der Rechtserwerb in der Regel als unredlich anzusehen ist. Aber gemeinsames Merkmal dieser Beispiele ist die sittlich anstößige Manipulation des Erwerbsvorganges. Auf die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil hingewiesen. Wann eine sittlich anstößige Manipulation vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Dazu gehören auch Sachgestaltungen, wie die hier umstrittene, die sich einer verallgemeinernden Feststellung entzieht. Es kommt auf eine Gesamtwürdigung einschlägiger Begebenheiten an; die punktuelle Herausnahme einzelner Umstände, wie sie die Beschwerde durch ihre Fragestellung vornimmt, wird dem nicht gerecht.
Es besteht auch kein Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,
welche Anforderungen an das Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte für die Unredlichkeit zu stellen sind.
Der Senat hat im Urteil vom 28. Februar 2001 - BVerwG 8 C 10.00 - (BVerwGE 114, 75 = Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 14) die Gesichtspunkte verdeutlicht, nach denen von greifbaren Anhaltspunkten auszugehen ist. Mit dieser Entscheidung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Es bleibt daher unklar, worin ein weiter gehender Klärungsbedarf bestehen soll.
2. Die Divergenzrüge ist unzulässig. Der Zulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung unter anderem des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss daher die angeblich widersprüch-
lichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Diese Voraussetzungen erfüllt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
3. Die Gehörsrüge ist unbegründet. Es stellt keinen erheblichen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar, dass das Verwaltungsgericht auf den Vortrag des Klägers nicht näher eingegangen ist, nach der die Echtheit des Kaufantrages der Beigeladenen zu 1 vom 30. Dezember 1988 bestritten wird. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Argument in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (Beschluss vom 9. März 1988 - BVerwG 7 B 188.87 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 81). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch in seine Erwägung einbezogen hat (Beschluss vom 9. Juni 1981 - BVerwG 7 B 121.81 - Buchholz 312 Entlastungsgesetz Nr. 19), sodass nur bei Vorliegen deutlich gegenteiliger Anhaltspunkte ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör angenommen werden kann. Dafür spricht hier nichts.
Hinzu kommt, dass der Kläger seinen fraglichen Vortrag aus der Klagebegründung in seinem abschließenden Schriftsatz vom 18. Oktober 2002 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt und für seine Behauptung auch kein Beweisangebot unterbreitet hat. Die Beigeladene zu 1 hat eine Fälschung des Kaufantrages in ihrem Schriftsatz vom 20. September 2001 nachdrücklich bestritten, und da weiter gehende Hinweise nicht erkennbar sind, brauchte das Verwaltungsgericht der Behauptung weder nachzugehen noch sie besonders in seinem Urteil zu erwähnen.
Soweit die Beschwerde bemängelt, dass das Verwaltungsgericht die Nichtzulassung der Revision mit keiner Begründung versehen hat, beruht darauf das angefochtene Urteil nicht (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 13, 14 GKG.