Beschluss vom 23.02.2009 -
BVerwG 8 B 83.08ECLI:DE:BVerwG:2009:230209B8B83.08.0

Beschluss

BVerwG 8 B 83.08

  • VG Halle - 24.06.2008 - AZ: VG 1 A 179/06 HAL

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Februar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 24. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.

2 Die Divergenzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO greift nicht durch. Der Beschwerde ist es nicht gelungen darzulegen, mit welchem das angefochtene Urteil unmittelbar tragenden abstrakten Rechtssatz zu eben einem solchen Rechtssatz in den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Wenn die Beschwerde meint, das angegriffene Urteil sei mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 41.93 - (Buchholz 112 § 1 VermG Nr. 28 = NJW 1994, 3308) nicht vereinbar, so hat sie damit keine Divergenzrüge begründen können. Das Verwaltungsgericht hat keinen von dieser Entscheidung abweichenden entscheidungstragenden Rechtssatz aufgestellt.

3 Auch der von der Klägerin erhobenen Grundsatzrüge ist kein Erfolg beschieden. Soweit die Beschwerde die Frage aufwirft
„Ist es zutreffend, dass die Inanspruchnahme von Flächen für industrielle Investitionen sowie Flächenbevorratung des DDR-Staates nach den Vorschriften zum Aufbaugesetz der DDR (GBl DDR II, 641) unzulässig war?“,
wäre sie in einem Revisionsverfahren nicht zu klären. Sie betrifft die Auslegung von DDR-Recht, das nicht revisibel ist (§ 137 Abs. 1 VwGO).

4 Auch die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage
„Besteht ein Anscheinsbeweis für staatlichen Machtmissbrauch im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG, wenn eine mit dem Stiftungszweck nicht in Übereinstimmung stehende Vermögensveräußerung ohne gesetzliche Grundlage erfolgte?“
wird sich nicht stellen. Zum einen fehlt es ihr schon an der notwendigen Abstraktheit, wenn die Klägerin diese Fragestellung mit der Wendung einleitet: „Soweit die Vermögensentäußerung im Falle der kommunalen Stiftung durch Grundstücksverkauf bereits auf Seiten der Klägerin durch Personen erfolgte, die in ihrer Doppelfunktion als Vertreter sowohl der staatlichen Organe als auch der Klägerischen Stiftungsorgane tätig wurden“. Mit dieser Einschränkung wird letztlich der Einzelfallbezug einer solchen Fragestellung deutlich. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, grundsätzlich zu ihren Lasten geht. Dies gilt auch bei Anwendung des § 1 VermG. Zwar ist in bestimmten typischen Sachverhaltskonstellationen der Beweisnot der Geschädigten durch die Anerkennung eines Anscheinsbeweises Rechnung zu tragen mit der Folge, dass zugunsten der Geschädigten unter bestimmten Voraussetzungen eine unlautere Machenschaft und die Kausalität zwischen diesen und der Veräußerung widerlegbar vermutet wird. Über derartige, auf Erfahrungstatsachen beruhende und deshalb die „Beweiserleichterung“ rechtfertigende typische Sachverhalte hinaus, ist eine generelle Umkehr der materiellen Beweislast im Rahmen des § 1 Abs. 3 VermG aber nicht gerechtfertigt (Urteil vom 26. September 1996 - BVerwG 7 C 14.95 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 88). Einen derart typischen Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Die Beschwerde zielt mit der Einschränkung auf die Doppelfunktion des Vertreters gerade auf die Besonderheiten des Einzelfalles ab.

5 Die weitere Frage:
„Oder ist Machtmissbrauch im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG im Falle der kommunalen Stiftung innerhalb der DDR dadurch ausgeschlossen, dass die zu ihren Lasten handelnden staatlichen Organe zugleich in ihrer Doppeleigenschaft als vertretungsberechtigte Organe der Stiftung untätig im Sinne der am Stiftungszweck orientierten Vermögensbewahrungspflicht blieben?“
stellt keine abstrakte Rechtsfrage von fallübergreifendem Gewicht dar. Die Beschwerde hat schon nicht darlegen können, weshalb die Beantwortung dieser Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzen soll. Sie kann letztlich nur deshalb gestellt werden, weil sie auf der besonderen rechtlichen Ausformung im streitbefangenen Stiftungsstatut beruht. Im Übrigen hat sich die Beschwerde mit der umfangreichen Rechtsprechung zum Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG nicht mit der notwendigen Vertiefung auseinander gesetzt, sondern rügt im Wesentlichen nach der Art einer Berufungsbegründung die rechtliche Argumentation des Verwaltungsgerichts.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 GKG.