Beschluss vom 23.04.2008 -
BVerwG 6 PB 8.08ECLI:DE:BVerwG:2008:230408B6PB8.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.04.2008 - 6 PB 8.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:230408B6PB8.08.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 8.08

  • VGH Baden-Württemberg - 29.11.2007 - AZ: VGH PL 15 S 942/05

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge und Vormeier
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - Fachsenat für Personalvertretungssachen - vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 86 Abs. 2 BaWüPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

2 1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage, ob die Tätigkeitsveränderung von Beschäftigten im außertariflichen Bereich, die zur Zugehörigkeit zu einer höheren bzw. niedrigeren Hierarchieebene führt, die Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 BaWüPersVG auslöst, ist nicht entscheidungserheblich. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hing nicht von ihr ab.

3 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der aufgeworfenen Rechtsfrage nach der Reichweite der Mitbestimmung bei der hier gegebenen Fallgestaltung in den tragenden Gründen seiner Entscheidung nicht in der Sache Stellung genommen, sondern den dahin zielenden Hilfsantrag des Antragstellers als unzulässig abgewiesen, und zwar aus drei selbstständig tragenden Gründen: Wegen fehlender Bestimmtheit, wegen fehlender Herleitung des abstrakten Antrages aus dem konkreten Anlassfall und schließlich wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses. Darin liegt weder unmittelbar noch mittelbar die Aussage, dass in Fallgestaltungen, welche dem Anlassfall vergleichbar sind, die Mitbestimmung des Personalrats ausgeschlossen ist. Soweit der Verwaltungsgerichtshof Ausführungen zur Sache gemacht hat, geschah dies lediglich in einer „ergänzenden Bemerkung“; entscheidungstragend war das nicht.

4 Dass die Gründe, aus denen der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit des Hilfsantrages jeweils verneint hat (Bestimmtheit, Übergang zum abstrakten Antrag, Rechtsschutzbedürfnis), Fragen aufwerfen, die im Interesse der Rechtsfortbildung oder Rechtseinheit der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren bedürfen, hat der Antragsteller nicht dargelegt (§ 72a Abs. 3 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG). Dass er die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs als unzutreffend oder „nicht nachvollziehbar“ bewertet, reicht für die ordnungsgemäße Begründung einer Grundsatzrüge offensichtlich nicht aus.

5 2. Die Divergenzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG bleibt gleichfalls ohne Erfolg. Weder weicht der angefochtene Beschluss von der in der Beschwerdebegründung zitierten Senatsentscheidung ab, noch beruht er auf einer etwaigen Abweichung.

6 a) Nach dem Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1999 - BVerwG 6 P 3.98 - (BVerwGE 110, 151 <153 f.>, insoweit unter Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 100 nicht abgedruckt) schließt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren eine nach dem engen Wortlaut an sich anzunehmende Unbestimmtheit oder eine sonstige Unzulässigkeit des Feststellungsantrages dessen nachträgliche Präzisierung nicht aus. Die Möglichkeiten einer solchen Auslegung sind auszuschöpfen, soweit sich auf diese Weise eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage als der eigentliche Streitgegenstand ermitteln lässt. Allerdings muss sich die Auslegung darauf beschränken, den „richtigen“ Antragsinhalt anhand des Vorbringens der Beteiligten zu ermitteln, darf also den sich aus dem Wortlaut ergebenden Sinn, wenn er sich schon von daher als eindeutig darstellt, nicht in sein Gegenteil verkehren.

7 Einen von diesen Aussagen abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Er hat den von ihm für richtig gehaltenen, aus dem Anlassfall entwickelten abstrakten Antrag nicht mehr als von dem eigentlichen Begehren des Antragstellers gedeckt angesehen, welches nach dem formulierten Hilfsantrag auf eine viel weitergehende Feststellung gerichtet war. Diese Einordnung hält sich im Rahmen der Grundsätze, wie sie sich aus dem zitierten Senatsbeschluss ergeben.

8 b) Abgesehen davon beruht der angefochtene Beschluss nicht auf einer etwaigen Abweichung vom zitierten Senatsbeschluss. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seiner dritten selbstständig tragenden Begründung den Hilfsantrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen. Die dazugehörigen Ausführungen zur mangelnden Wiederholungsgefahr beziehen sich sowohl auf den vom Antragsteller formulierten Hilfsantrag als auch - mindestens sinngemäß - auf den vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner zweiten Begründung für richtig gehaltenen Antrag. Hätte daher der Verwaltungsgerichtshof diesen Antrag als von dem formulierten Hilfsantrag gedeckt angesehen, so hätte dies am Ergebnis - Abweisung des Hilfsantrages als unzulässig - nichts geändert.

9 3. Schließlich kommt der Antragsteller mit seiner Verfahrensrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nicht zum Zuge.

10 a) Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht dadurch den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt, dass er nicht spätestens im Anhörungstermin angeregt hat, den von ihm für richtig gehaltenen - anlassbezogenen - abstrakten Feststellungsantrag zu stellen. Dazu war er nicht gehalten, weil er auch diesen Antrag, wie seine Ausführungen im Rahmen seiner dritten selbstständig tragenden Begründung erweisen, letztlich wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig eingestuft hat. Aus der maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichtshofs gab es wegen der von ihm verneinten Wiederholungsgefahr keinen sachdienlichen Antrag, auf den zu stellen er hätte hinwirken können (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

11 b) Nach der Niederschrift des Verwaltungsgerichtshofs über seinen Anhörungstermin vom 29. November 2007 wurden die Beteiligten angehört und die Sach- und Rechtslage mit ihnen erörtert. Der Antragsteller behauptet in seiner Beschwerdebegründung nicht, dass die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofs gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrages im Anhörungstermin nicht zur Sprache gekommen sind. Es ist somit davon auszugehen, dass er dort Gelegenheit hatte, zu diesen Bedenken Stellung zu nehmen (§ 139 Abs. 3 ZPO). Damit ist rechtliches Gehör gewahrt. Dass auf die Bedenken nicht bereits in einem früheren Stadium des Verfahrens hingewiesen wurde (§ 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO), hat sich somit nicht als Verletzung rechtlichen Gehörs auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ausgewirkt.